Biokrieg - Bacigalupi, P: Biokrieg - The Windup Girl
dreizehn
Spielarten des Lächelns kennen. Anderson fragt sich, mit welchem er es jetzt gerade zu tun hat. »Sie müssen unbedingt mal wieder duschen«, sagt Akkarat.
Anderson will antworten, doch er wird von einem erneuten Hustenkrampf erfasst. Er ringt nach Luft und versucht, seine Lunge unter Kontrolle zu bekommen, doch das Husten will einfach nicht aufhören. Die Handschellen schneiden ihm bei jedem neuerlichen Krampf in die Handgelenke. Seine Rippen sind inzwischen nur noch ein einziger Schmerz. Carlyle sagt kein Wort. Seine Stirn ist blutüberströmt. Anderson weiß nicht, ob er sich gegen die Soldaten gewehrt hat oder ob er gefoltert wurde.
»Gebt ihm ein Glas Wasser«, sagt Akkarat.
Andersons Bewacher schubsen ihn gegen die Wand und bedrängen ihn, bis er auf dem Boden sitzt. Er kann nur knapp verhindern, dass der gebrochene Finger in Mitleidenschaft gezogen wird. Das Wasser wird gebracht.
Einer der Wächter hält Anderson das Glas an die Lippen. Kaltes Wasser. Mit geradezu absurder Dankbarkeit beginnt Anderson zu trinken. Das Husten lässt nach. Er hebt den Blick, um Akkarat anzusehen. »Danke.«
»Ja. Nun. Es sieht so aus, als hätten wir ein Problem«, beginnt Akkarat. »Ihre Aussage hat sich bestätigt. Allem Anschein nach ist dieses Aufziehmädchen schlicht aus der Art geschlagen, eine bösartige Einzelgängerin.«
Er hockt sich neben Anderson. »Wir alle haben einfach furchtbares Pech gehabt. Beim Militär sagt man, ein guter Schlachtplan hat auf dem Kampffeld höchstens fünf Minuten Bestand. Danach hängt alles davon ab, ob das Schicksal und die Geister dem Befehlshaber wohlgesinnt sind. Das alles war eine äußerst unglückliche Fügung. Damit müssen wir uns abfinden. Und nun stellen sich für mich natürlich noch ganz neue Probleme, die gelöst werden wollen.« Er deutet
mit dem Kopf auf Carlyle. »Sie beide sind verständlicherweise verärgert über die Behandlung, die Sie erfahren haben.« Er verzieht das Gesicht. »Ich könnte mich dafür entschuldigen, aber ich befürchte, das würde nicht ausreichen.«
Anderson blickt ihm in die Augen und verzieht dabei keine Miene. »Wenn Sie uns etwas antun, wird es Sie teuer zu stehen kommen.«
»AgriGen wird uns eine Strafe auferlegen.« Akkarat nickt. »Ja, das ist ein Problem. Andererseits ist AgriGen sowieso ständig verärgert wegen uns.«
»Machen Sie mich los, und wir vergessen die ganze Sache. «
»Ich soll Ihnen vertrauen? Ich fürchte, das wäre keine besonders kluge Entscheidung.«
»Revolutionen sind ein hartes Geschäft. Ich trage Ihnen nichts nach.« Anderson gelingt ein wildes Grinsen – er muss Akkarat unbedingt überzeugen. »Wo kein Kläger, da kein Richter. Wir beide haben immer noch dasselbe Ziel. Es ist nichts vorgefallen, was sich nicht wiedergutmachen ließe.«
Nachdenklich legt Akkarat den Kopf schräg. Anderson fragt sich, ob ihm gleich jemand ein Messer zwischen die Rippen stoßen wird.
Unvermittelt erscheint ein Lächeln auf Akkarats Gesicht. »Sie sind ein zäher Bursche.«
Anderson unterdrückt einen Anflug von Hoffnung. »Reiner Pragmatismus. Unsere Interessen decken sich nach wie vor. Von unserem Tod hat niemand etwas. Hier handelt es sich doch nur um ein kleines Missverständnis, das wir ausräumen können.«
Akkarat denkt darüber nach. Dann bittet er einen ihrer Bewacher um ein Messer. Anderson hält den Atem an, als die Klinge sich ihm nähert, doch sie fährt nur zwischen seine Handgelenke, um ihn von den Fesseln zu befreien. Das Blut
schießt ihm wieder in die Arme, die sofort zu kribbeln beginnen. Langsam versucht er, sie zu bewegen. Sie scheinen sich in Holzklötze verwandelt zu haben. Tausend Nadelstiche fahren ihm in die Finger. »Herrgott nochmal.«
»Es wird ein wenig dauern, bis sich der Kreislauf wieder erholt hat. Seien Sie froh, dass wir so sanft mit Ihnen umgesprungen sind.« Akkarat bemerkt, mit welcher Vorsicht Anderson die verletzte Hand hält. Er lächelt beschämt und entschuldigend. Ruft einen Arzt und geht dann zu Carlyle hinüber.
»Wo sind wir hier?«, fragt Anderson.
»In einer behelfsmäßigen Kommandozentrale. Als wir zu dem Schluss kamen, dass die Weißhemden in der Sache mit drinhingen, habe ich unsere Operationsbasis aus Sicherheitsgründen hierher verlegt.« Akkarat deutet mit dem Kopf auf die Spannfedertrommeln. »Unten im Erdgeschoss haben wir Megodonten-Teams, die Strom zu uns hochschicken. Und niemand hat eine Ahnung, dass wir hier eine Zentrale eingerichtet
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