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Bios

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Titel: Bios Kostenlos Bücher Online Lesen
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geschlossene Wolkendecke verbarg die Sonne und ließ den nahen Wald schattig und bedrohlich erscheinen. Zoe trat an Hayes in seiner massigen Rüstung vorbei auf die Rodung hinaus; sie wirkte unglaublich verwundbar. Sie sah in der Tat fast nackt aus. Der neuartige Anzug verlieh ihren Zügen ein rötliches Glühen, verbarg aber so gut wie nichts.
    Arme und Schultern waren frei beweglich. Ihr Oberkörper wirkte geschmeidig, kleine, stramme Muskeln, die sich unter makelloser Haut bewegten, kompakte, feste Brüste. Anfangs bewegte sie sich noch tapsig, Stiefel und Beckenfutteral beschränkten die Schrittweite, doch sie bewegte sich mit der naiven Freude eines Fohlens.
    »Langsam, Zoe«, warnte Hayes. »Das ist eine telemetrische Erprobung, kein Picknick.«
    Sie kam zum Stehen, Hände vor, Kinn nach oben. »Tam, spüren Sie es?«
    »Was soll ich spüren?«
    Sie war regelrecht aus dem Häuschen. »Regen!«
    Hayes hatte den feinen Sprühnebel nicht bemerkt, der aus dem Westen heranwehte. Regentropfen benetzten die trockene Rodung und rüttelten am Laub der Bäume. Tröpfchen begannen auf Zoes zweiter Haut zu perlen. Tautropfen. Wie Juwelen. Toxisch.
    Hayes war noch nie auf der Erde gewesen. Die biotische Barriere war einfach zu hoch; er hätte unzählige Impfungen und Tests seiner Abwehrreaktionen über sich ergehen lassen müssen, ganz zu schweigen von der aufreibenden Ganzkörperdekontamination, bevor er in den Kuiper-Gürtel zurückgedurft hätte. Aber er war ein Mensch und eine Jahrmilliarde planetarer Evolution hatte sich in seinem Körper verewigt. Er verstand Zoes Freude. Warmer Regen auf menschlicher Haut: Wie fühlte sich das an? Nach ihrem hilflosen Grinsen zu urteilen, sicher nicht wie beim Duschen in der Nasszelle.
    Sie drehte sich um und marschierte jählings auf den Waldrand zu, die Arme hängen lassend. Weinbäume schlangen lorbeergrüne Girlanden über ihrem Kopf. Im nassen Halbdunkel war sie kaum auszumachen. Hayes sah mit Bestürzung, wie sie sich bückte und einen signalorangenen Bovisten vom moosgepolsterten Waldboden pflückte. Der Pilz zog einen feinen Schleier aus Sporen hinter sich her.
    Die Gefahr schrie zum Himmel. Eine einzige dieser Sporen reichte, um einen Menschen in wenigen Stunden zu töten. Rings um Zoes Kopf ein sich kräuselnder Sporenschleier und unter dem Atemgerät ein vergnügtes Kinderlachen.
    So rasch, wie seine gepanzerte Montur es zuließ, holte er sie ein. »Zoe! Genug damit. Sie überlasten die Dekontaminierungskammer.«
    »Es lebt«, staunte sie. »Das alles lebt! Ich kann es fühlen! Es ist so lebendig wie wir!«
    »Worauf ich gesteigerten Wert lege, Zoe.«
    Sie grinste und an ihren Füßen sammelte sich eine silbrige Regenpfütze.
     
    *
     
    Nachdem sie eine halbe Stunde an der Peripherie spazieren gegangen waren, konnte er Zoe schließlich zur Rückkehr überreden. Wieder drinnen, war Zoe bereits mit Duschen fertig, als Hayes sich noch aus seiner Montur kämpfte. Er sperrte sich mit ihr in die Quarantänezelle. Die Dekontaminierung war quälend gründlich und nichts deutete darauf hin, dass ihre Ausrüstungen nicht absolut perfekt funktioniert hatten, doch die Vorschriften in Yambuku sahen einen Tag Isolation vor, derweil Nanobakterien nach etwaigen Infektionen fahndeten.
    Zwei Schlafstellen, ein Wandmonitor und ein Spender für Nahrung und Wasser: Quarantäne eben. Zoe streckte sich auf ein Feldbett – so ruhmreich sie im Freien gewesen war, war sie es zwischen diesen kahlen Wänden nicht mehr. Hayes verfasste einen kurzen schriftlichen Bericht für das IOS-Archiv, dann orderte er einen Kaffee.
    Zoe blätterte in dem Halbjahresplan, dem Dokument, das Elam ihm schon gezeigt hatte. Hayes versuchte sich Zoe so vorzustellen, wie Elam sie beschrieben hatte, als Retortenbaby von D&P, das man für zwei Jahre in irgendeine barbarische Findelanstalt abgeschoben hatte, zusammen mit ihren Klongeschwistern, die alle nicht überlebt hatten.
    Was er durchgemacht hatte, war nicht ganz so dramatisch gewesen, aber er wusste sehr wohl, was Exil und Einsamkeit bedeuteten. Hayes war ein Kind des Red Thorn-Clans, allesamt eingefleischte Republikaner des Kuiper-Gürtels. Red Thorn brachte eine Menge Wissenschaftler hervor, doch er, Hayes, war der Einzige, der am Isis-Projekt beteiligt war – einer von den ganz wenigen Red Thorns, die überhaupt an einem vom Kartell gesponserten Unterfangen teilnahmen. Viele Red Thorns waren in der Sukzession umgekommen und die Meinung des Clans über das

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