Birnbaeume bluehen weiß

Dampfwolke, es ist kalt draußen. Immer noch ist Sonntag sein fester Autowaschtag. Danach haben wir Pfannkuchen gegessen, die sind mit auf den Sonntag umgezogen. Nach dem Essen haben wir uns zu dritt aufs Sofa gesetzt. Das machen wir jetzt auch öfter. Wir lesen nicht, wir machen keine Musik an, und der Fernseher bleibt auch aus. Wir sitzen dort und schauen aus dem Fenster. Wir dachten an Italien, vielleicht, weil der Himmel so schön blau war. Wir wussten nicht, woran Gerard dachte, darüber wurde kein Wort gesagt. Nach einer Weile räusperte er sich. »Wir suchen Marian«, sagte er. Also hatte auch er an Italien gedacht.
    Es wäre übertrieben, zu sagen, dass wir einen Moment darüber nachdenken mussten, wer Marian ist, natürlich wissen wir, wer Marian ist, aber trotzdem. Gerard hat ihren Namen nicht mehr genannt, seit sie weggegangen ist. Wenn er mit uns über sie sprach, nannte er sie immer »eure Mutter«. Ihr Name ist hier im Haus jahrelang nicht gefallen. Einen Moment später korrigierte er sich selbst: »Wir müssen Marian suchen.« Natürlich müssen wir das. Über das niederländische Konsulat. Über Aufrufe in Zeitungen. Notfalls werden wir uns in so einem Fernsehprogramm lächerlich machen, wie Vermisst .
    Daan, der in einem der tiefen Sessel ein wenig unruhig schlief, spitzte die Ohren und bellte einmal kurz. Vielleicht hat er den Klang ihres Namens erkannt. Danach rollte er sich zufrieden seufzend wieder zusammen, die Nase zwischen den Hinterpfoten.

»Birnbäume blühen weiß, nicht rosa«, behauptet Gerson. Sein Vater widerspricht, die älteren Brüder, die Zwillinge Klaas und Kees, flachsen, die Stimmung im Auto ist gut. Bis ane der nächsten Kreuzung der Unfall passiert. Als Gerson aus dem Koma aufwacht, spielen Farben für ihn keine Rolle mehr. Er hat sein Augenlicht verloren, und nichts ist mehr, wie es war.
    Gerbrand Bakker erzählt in Birnbäume blühen weiß die ungewöhnliche und berührende Familiengeschichte dreier Brüder – »eine literarische Entdeckung« ( Süddeutsche Zeitung ).
    Gerbrand Bakker, 1962 in Wieringerwaard geboren, studierte niederländische Sprach- und Literaturwissenschaft in Amsterdam, arbeitete als Übersetzer von Untertiteln und ist Diplomgärtner. Zuletzt erschienen die Romane Juni (2010) und Oben ist es still (2008). Letzterer ist mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet worden.