Bis dein Zorn sich legt
Großen Brachvogels. Sie ist nicht die Einzige, die sich nach Liebe sehnt.
Es ist 21.05 Uhr. SMS von Rebecka Martinsson an Måns Wenngren.
»Hallo, Herz. Lese Mordermittlungen. Würde lieber mit dir ins Bett kriechen. Bitte nicht böse sein.«
Sie legt das Telefon auf die Toilette und dreht die Dusche auf. Spült die mit Shampoo eingeriebene Vera ab.
»Und dann hörst du auf, dich dauernd im Dreck zu wälzen«, mahnt sie. »Ist das abgemacht?«
Vera leckt ihr dankbar die Hände. Es ist also abgemacht.
Es ist 23.16 Uhr. »You have reached Måns Wenngren at Meijer & Ditzinger. I can’t take your call right now. Please leave a message after the beep.«
Rebecka legt auf, ohne eine Mitteilung zu hinterlassen. Sie gibt Vera Futter.
»Ich habe keine Strafe verdient«, sagt sie.
Vera kommt auf sie zu und wischt sich an Rebeckas Hosenbein die Schnauze ab.
Es ist 04.36 Uhr. Rebecka Martinsson erwacht und streckt die Hand nach dem Telefon aus. Keine Mitteilung von Måns. Kein verpasster Anruf. Sie hat die Mordermittlungsakte um sich herum im Bett verteilt. Vera liegt schnarchend am Fußende.
»Ist schon gut«, sagt sie sich und macht im Dunkeln Pst. »Jetzt schlaf endlich.«
Mittwoch, 29. April
UM FÜNF NACH sechs Uhr morgens rief Rebecka Martinsson bei Anna-Maria Mella an. Anna-Maria meldete sich mit leiser Stimme, um Robert nicht zu wecken. Robert kuschelte sich an ihren Rücken und schlief mit einem warmen Hauch gegen ihren Nacken wieder ein.
»Ich habe deine Notizen zu deinem Gespräch mit Johannes Svarvare gelesen«, sagte Rebecka jetzt.
»Mmm.«
»Du schreibst, dass du das Gefühl hattest, dass er etwas sagen wollte, aber dass er das Gespräch plötzlich abbrach, indem er sich auf die Bank legte und die Augen zumachte.«
»Ja, aber zuerst hat er noch das Gebiss herausgenommen und in ein Glas fallen lassen.«
Rebecka Martinsson lachte.
»Ist es dir recht, wenn ich ihn bitte, sich die Zähne in den Mund zu stecken und mit mir zu reden?«
Anna-Maria schwankte zwischen allerlei Gefühlen. Natürlich mussten sie Johannes Svarvare noch einmal vernehmen. Sie ärgerte sich darüber, dass sie nicht selbst auf diese Idee gekommen war, und noch mehr darüber, dass Rebecka diese Vernehmung wiederholen wollte. Auch wenn Rebecka im Recht war. Zugleich war ihr klar, dass Rebecka angerufen hatte, um ihr die Friedenspfeife anzubieten. Das war nett von ihr. Rebecka war in Ordnung. Anna-Maria beschloss, nicht zu schmollen.
»Absolut«, sagte sie. »Als ich mit ihm gesprochen habe, haben wir ja nur in einem Todesfall ermittelt, der aussah wie ein Unfall mit einigen Unklarheiten.«
»Du hast geschrieben, er hat gesagt, dass er und Wilma miteinander gesprochen hatten und dass er zu viel gesagt hatte.«
»Ja.«
Anna-Maria wurde von einem Gefühl der Unlust überwältigt. Diese Vernehmung hatte sie wirklich mies geführt.
»Aber hat er nichts darüber gesagt, worüber sie gesprochen haben?«
»Nein, und ich hätte ihn wohl bedrängen müssen, oder ich weiß nicht, aber wie gesagt, es war ja noch keine Mordermittlung.«
Sie verstummte.
Hör hier auf, dich zu verteidigen, mahnte sie sich.
»Du«, sagte Rebecka. »Das ist verdammt gut. Du hast doch alles aufgeschrieben. Dass du das Gefühl hattest, dass er nicht alles gesagt hat. Ja, da weiß man doch, wen man noch einmal in die Mangel nehmen muss, wenn man ein wenig mehr in der Hand hat.«
»Danke«, sagte Anna-Maria.
»Selber danke.«
»Weshalb denn?«
»Weil du mir zutraust, mit ihm zu reden.«
»Ich kann ja immer noch die dritte Runde übernehmen, wenn das sein muss. Wann willst du mit ihm sprechen?«
»Jetzt.«
»Jetzt? Es ist doch erst …«
»Ja, aber du weißt, wie alte Leute sind. Wenn sie endlich so viel schlafen könnten, wie sie sich das ihr Leben lang gewünscht haben, dann werden sie um vier Uhr früh wach. Er ist auf.«
»Hoffentlich hast du recht.«
»Aber ja. Ich sitze im Auto vor seinem Haus. Jetzt schaut er mich zum dritten Mal von hinter dem Küchenvorhang her an.«
»Die spinnt doch«, sagte Anna-Maria, als sie das Gespräch beendet hatten.
»Wer?«, murmelte Robert und tastete mit der Hand über ihre Brust.
»Rebecka Martinsson. Sie hat die Leitung der Voruntersuchung übernommen. Und verdammt, ich mag sie gern und überhaupt, ich meine, ich habe ihr damals in Jiekajärvi ja sogar das Leben gerettet, da bleibt man doch nicht unbeeinflusst. Und es tut gut, mit ihr zu reden, wenn sie mal nicht so angespannt ist. Auch wenn wir so
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