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Bis die Daemmerung uns scheidet

Bis die Daemmerung uns scheidet

Titel: Bis die Daemmerung uns scheidet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Caine
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stand auf und nahm sein Handy. Das Gespräch dauerte nicht lang, aber danach wählte er sofort eine andere Nummer. Diesmal dauerte es länger. Oliver, wie Claire aufgrund von Michaels Körpersprache und Tonfall vermutete. Nur wenn er mit Oliver sprach, wurde er so angespannt.
    Nachdem Michael den Anruf beendet hatte, trat er wieder heran und sah auf sie herunter. »Wirst du klarkommen?«, fragte er.
    »Meinst du jetzt oder generell?«
    Das brachte ihn ein wenig zum Lächeln. »Jetzt.«
    »Es geht schon«, sagte Claire. »Generell wird das schon ein wenig schwieriger. Ich bin nicht in Morganville geboren und gewöhne mich gerade noch an dieses …«
    »Chaos«, sagte Eve, die ausnahmsweise mal nicht lachte oder scherzte. »Blut, Tod. Ja, traurigerweise gewöhnt man sich tatsächlich daran. Aber das hier hat mich jetzt auch kalt erwischt. Ich rufe Shane an, okay?«
    »Nein, nein, nicht. Er wird sich freinehmen. Und mir geht es gut. Es geht schon.« Das war eindeutig gelogen. Sie fror und zitterte und wünschte sich mehr als alles andere, dass Shane jetzt da wäre. Oder ihre Eltern. Noch nie hatte sie ihre Mom und ihren Dad so sehr vermisst wie in diesem Moment, was dumm war, denn was hätten sie schon tun können?
    Sie umarmen. Ihr das Gefühl von Sicherheit geben – nur für eine kleine Weile. Eve hatte dieses Privileg tröstender Eltern nie gehabt, weil es bei ihr zu Hause ziemlich mies gewesen war. Und Shane auch nicht, weil er den schlimmsten Dad der Welt hatte.
    Während sie darauf warteten, dass die Sirenen ertönten, zog Claire ihr Telefon heraus und wählte die Handynummer ihres Dads. Beim dritten Klingeln ging er ran.
    »Hallo, Liebes«, sagte er. Er klang besser als beim letzten Mal, fast wie immer. Stark. In Anbetracht der Tatsache, dass er Morganville in einem Krankenwagen verlassen hatte und fast gestorben wäre – nicht wegen der Vampire, sondern wegen seines schwachen Herzens –, tat es gut, das zu hören. Die Verbindung knackte und rauschte. »Tut mir leid wegen der Nebengeräusche. Ich gehe gerade spazieren und es wird windig.«
    »Hier auch. Sieht aus, als würde es bald regnen.«
    »Bei uns hat es heute Morgen geregnet. Es ist ein bisschen kälter geworden. Wie geht es dir, Claire?«
    »Gut«, sagte Claire und schluckte. »Ich … ich wollte nur hören, wie es dir so geht, Dad.«
    »Mir geht es großartig. Sie lassen mich viel spazieren gehen, damit meine Herzkranzgefäße wieder zu ihrer alten Form auflaufen. Ich muss sagen, ich bin froh, dass ich diese Operation dann doch noch habe durchführen lassen. Ich habe gar nicht gemerkt, wie schlecht es mir davor ging.« Er schwieg und dann schaltete sich dieser Dad-Radar ein, den sie gleichzeitig liebte und fürchtete: »Du hast nicht nur angerufen, um Hallo zu sagen, Kleines. Was ist passiert?«
    »Nichts.« Die Sorge in seiner Stimme machte sie wieder ganz zittrig, am liebsten hätte sie geweint, aber das konnte sie nicht. »Hier ist alles so ziemlich beim Alten. Du weißt ja, wie es ist. Wie geht es Mom?«
    »Sie ist so einer Art Albumclub beigetreten. Ich hatte ja keine Ahnung, wie viel Zeit und Geld man darauf verwenden kann, Fotos in Alben zu kleben, aber so ist sie eben, deine Mom. Wenn sie erst mal Feuer gefangen hat …«
    Ich weiß, dass sie verrückt ist , führte Claire den Gedanken zu Ende. Sie lächelte ein wenig. Sie stellte sich vor, wie ihre Mutter mit Tüten voll Kram nach Hause kam, mit dem sie die Erinnerungen in Form bringen wollte. »Wie ist das neue Haus?«
    »Peinlich groß. Mit Vorgarten. Wahrscheinlich muss ich jetzt lernen, wie man gärtnert und Dinge anpflanzt.«
    »Pflanz etwas für mich. Iris. Die gefallen mir.«
    »Lilafarbene, richtig?«
    »Ja, lila ist gut.«
    »Liebes? Sicher, dass alles in Ordnung ist? Du klingst seltsam.«
    »Nur … Heuschnupfen«, sagte sie und wischte sich über ihre nassen Augen. »Pass auf dich auf, Daddy. Wir sehen uns bald, okay?«
    »Okay«, sagte er zweifelnd. »Ruf mich morgen wieder an. Deine Mutter wird böse auf mich sein, wenn wir sie übergehen.«
    »Das mache ich. Tschüss.«
    Eve hatte zugehört, auch wenn sie sich abgewandt hatte und das Wohnheim im Auge behielt. Als Claire fertig war mit Telefonieren, sagte sie: »Besser?«
    »Ja«, sagte Claire. Und das stimmte. Sie war noch immer zittrig, fühlte sich innerlich aber stabiler, und das allein zählte.
    »Ich wünschte, ich könnte das auch«, sagte Eve. »Meine Mom anrufen. Aber sie würde nur jammern und nörgeln und die ganze

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