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Bis einer stirbt

Bis einer stirbt

Titel: Bis einer stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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plötzlich gerät alles zeitgleich wieder in Bewegung: Kügler rappelt sich vom Boden hoch, der Mann neben ihm greift in die Kasse, fischt das Geld heraus und stopft es in die Taschen seiner Lederjacke. Auch der Täter, der niedergeschlagen wurde, kommt hoch, während der Dritte, mit einigem Abstand kleinste von allen, auf den Kunden zustürmt, kurz ausholt und ihm mit voller Wucht den Baseballschläger an den Kopf schmettert. Fassungslos starrt der Kunde ihn an und greift sich an die getroffene Stelle, als habe ihn dort höchstens eine Wespe gestochen. Sein Hut fällt zu Boden, er blickt ihm nach, als wolle er dieses Bild nie mehr vergessen. Dann plötzlich sackt er in sich zusammen. Sein Kopf liegt nur wenige Zentimeter neben dem Hut. Eine kleine Blutlache breitet sich dazwischen aus, wird größer, verbindet schließlich Kopf und Hut.
    »Bist du jetzt total durchgeknallt?«, sagt der, der die Kasse geleert hat. Seine Stimme ist unnatürlich ruhig. Alle starren auf den am Boden liegenden Mann.
    »Ist der etwa tot?«, fragt der, den der Faustschlag des Kunden getroffen hat.
    »Quatsch.«
    »Lass uns abhauen!«, schaltet sich jetzt der vierte Täter ein, der bisher unbeteiligt in der hinteren Ecke des Raumes gestanden hat. Seine Stimme klingt fast wie die eines Mädchens, aber ganz sicher ist Kügler sich nicht. Dann steht er urplötzlich wieder allein im Raum. Die vier Eindringlinge sind so schnell verschwunden, wie sie gekommen sind.
    Nur der Mann liegt noch immer auf dem kalten Boden. Kügler traut sich kaum, zu ihm zu gehen. Seine Füße sind schwer wie Blei. Er sieht, dass die Blutlache zwischen Kopf und Hut größer geworden ist. Zitternd beugt er sich über den leblosen Körper. Der Mann ist tot.

1
    »Du hörst mit der verdammten Schule auf und gehst arbeiten!«
    Die Stimme meines Vaters kam aus dem Wohnzimmer. Ich war gerade hereingekommen und stand noch in Jacke und Schal auf dem Flur. Ich hörte, dass er getrunken hatte. Dabei war erst Mittag. Grußlos drückte ich mich an der halb geöffneten Tür vorbei.
    »Klara!«, schrie er. »Ich hab mit dir gesprochen!«
    Widerwillig machte ich kehrt, schob die Tür mit dem Fuß auf und lehnte mich in die Zarge. Im Unterhemd saß er auf dem Sofa, der Fernseher lief. Seit er seine Arbeit in der Kartonfabrik verloren hatte, war das kein seltener Anblick. Er ließ sich gehen. Aber dass er schon mittags trank, war neu.
    »Was gibt’s zu essen?«
    Er ignorierte meine Frage. »Gerade haben sie’s sogar im Fernsehen gebracht!«, rief er stattdessen mit schwerer Zunge. Er strengte sich mächtig an, mir jegliche Achtung vor ihm auszutreiben.
    »Was haben sie im Fernsehen gebracht?«, fragte ich so ruhig wie möglich. »Unser Mittagessen?«
    Ärgerlich verzog er das Gesicht. »Auch Studieren bringt heutzutage nichts mehr.« Seine Augen waren glasig.
    »Quatsch!«, gab ich gereizt zurück.
    »Du hast ja keine Ahnung. Die sind doch alle arbeitslos, ob die nun studiert haben oder nicht.«
    Ich merkte schnell, dass es sinnlos war, mit ihm zu diskutieren, und wollte mich in mein Zimmer verdrücken. Aber er folgte mir auf den Flur.
    »Wofür soll ich denn den ganzen Mist da noch bezahlen?«, fragte er plötzlich ganz ruhig. »Schule, Studium? Wenn du am Ende doch auf der Straße sitzt wie alle anderen?«
    Er hatte tiefe Ringe unter den Augen, sein Gesicht war aschfahl. Plötzlich hätte ich losheulen können.
    »Ich hab grade mit Herbert telefoniert«, sagte er leise, ohne mich anzusehen. »Du fängst im Frühjahr eine Ausbildung bei ihm an.« Kurz wartete er meine Reaktion ab. Als keine kam, fuhr er fort: »Ich dulde keine Widerrede. Bürokauffrau ist eine anständige Arbeit.«
    »Das mach ich auf keinen Fall!«, rief ich endlich.
    Herbert war der Bruder meiner Mutter. Er hatte eine Tankstelle in der Innenstadt. Dass ich ihn nicht ausstehen konnte, wusste keiner so genau wie mein Vater, weil er Herbert ebenfalls nicht ausstehen konnte, auch wenn es bei ihm vielleicht daran lag, dass er neidisch auf ihn war. Das behauptete jedenfalls meine Mutter. Ich pfefferte meine Schultasche aufs Bett. »Mit der Schule ist Schluss! Basta!«, beharrte er. »Die mittlere Reife reicht vollkommen. Und die hast du.«
    Ich roch seine Fahne. Wütend rannte ich zur Wohnungstür. »Auch wenn du mich rausschmeißt«, schrie ich, »ich hör nicht mit der Schule auf!«
    »Dann hau doch ab, verdammt!«, brüllte er zurück.
    Seine Worte trafen mich schlimmer als ein Dutzend Ohrfeigen. Ich zischte aus der

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