Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition)
Verbindung stehen oder nicht, klar? Denn wenn, also wenn Sie mit ihm in irgendeiner Weise zusammenarbeiten … tja, dann wär das ein echtes Problem.«
Ich wusste genau, was sie meinte, und sie hatte recht – Mick Bishop war seit mehr als dreißig Jahren ein korrupter Cop, also war es höchst unwahrscheinlich, dass er nichts von den Drogenschmuggel-Geschäften im Südosten Englands wusste … ehrlich gesagt war es höchst unwahrscheinlich, dass er nicht selber mit drinhing. Eines allerdings konnte Linda nicht wissen: dass in den letzten Wochen der wesentliche, vielleicht sogar einzige Antrieb hinter Bishops Korruptheit aus dem Weg geräumt worden war.
Das wussten nur Bishop und ich.
Doch auch wenn er keinen Grund mehr hatte, weiter korrupt zu sein, war es für ihn sicher unmöglich, seinen Kurs mal eben zu ändern. Dreißig Jahre schmutziger Geschäfte kann man nicht einfach abstreifen. Also dachte ich lang und breit über Mick Bishop nach. Ich kehrte noch mal zu dem Gespräch zurück, das wir vor einer Woche geführt hatten – als er mir vorschlug, für eine Weile die Stadt zu verlassen. Ich versuchte mich zu erinnern, ob er mir die Idee mit Hale Island nahegelegt haben konnte … doch mir fiel nichts ein. Überhaupt nichts. Hale Island war meine Idee gewesen. Sie war mir gekommen und niemand anderem.
Und das sagte ich Linda Ransom auch.
»Das heißt«, fasste sie am Ende meiner Ausführungen zusammen, »Sie arbeiten also im Moment eigentlich für niemanden?«
»Ja, wie ich erzählt habe – «
»Sie versuchen nur, alles hinter sich zu lassen.«
»Genau.«
»Und warten, dass Gras drüber wächst.«
»Ja.«
»Und, klappt es?«
»Was?«
»Wächst Gras drüber?«
Ich zuckte die Schultern. »Scheint so …«
Sie nickte. »Und die Sache mit dem amerikanischen Mädchen – «
»Chelsey«, sagte ich. »Sie heißt Chelsey Swalenski.«
»Okay … was ist mit ihr passiert?«
Ich sah Linda an und überlegte, wie viel sie wohl wusste – über Chelsey, die Swalenskis und so weiter –, und fragte mich wieder, wie viel ich ihr erzählen sollte. Ich zündete eine Zigarette an, rauchte eine Weile nachdenklich und beschloss dann, ihr alles zu sagen … bis zu einem gewissen Punkt.
Und genau das tat ich.
»Und deshalb haben Sie hier rumgeschnüffelt?«, fragte sie, als ich den Punkt erreichte. »Deshalb haben Sie keine Ruhe gegeben und alle möglichen Fragen gestellt … weil Sie glauben, im Bunker die Leiche des Mädchens gesehen zu haben?«
»Ich glaube nicht, sie gesehen zu haben«, korrigierte ich sie. »Ich weiß , dass sie da war. Und zum letzten Mal, dieses Mädchen hat, verdammt noch mal, einen Namen. Sie heißt Chelsey Swalenski.«
»Ja, okay, tut mir leid … aber schauen Sie, John – «
»Ist sie Ihnen denn völlig egal?«
»Natürlich nicht … aber ohne einen Beweis, dass Chelsey oder ihren Eltern irgendwas zugestoßen ist, kann ich nicht viel unternehmen.« Sie sah mich an. »Haben Sie einen Beweis?«
Ich dachte an die Fotos in Chelseys verschwundener Kamera,das geänderte Abreisedatum im Hotelcomputer … und begriff, dass Linda recht hatte. Außer einem Bauch voller mieser Gefühle und einem Kopf voller Dinge, die vielleicht, vielleicht auch nicht passiert waren, hatte ich nichts. Kein Indiz. Keinen Beweis. Nichts, das irgendwie standhielt.
Ich sah Linda an. »Wenn ich Ihnen jetzt, hier auf der Stelle, beweisen könnte, dass Chelsey tot ist, dass sie umgebracht wurde, und zwar von den Leuten, gegen die Sie ermitteln … was würden Sie dann tun?«
»Können Sie es beweisen?«
Ich lächelte sie an. »Beantworten Sie meine Frage, dann beantworte ich Ihre.«
Sie erwiderte mein Lächeln nicht, sondern saß nur so ernst wie immer da, überlegte und sagte nach einer Weile: »Warum sollte ich Ihnen das erzählen?«
»Warum nicht?«
»Weil alles, was ich Ihnen sage, unsere Fahndung gefährden könnte, deshalb.«
Ich nickte. »Gut, aber was, wenn ich Dinge weiß, die Ihrer Fahndung helfen könnten?«
»Wissen Sie etwas?«
»Kann sein … aber wenn Sie mir nicht helfen – «
»Ich mache keinen Deal mit Ihnen.«
»Ich verlange auch keinen. Ich will nur wissen, was Sie tun würden, wenn ich Ihnen einen Beweis liefere, dass Chelsey Swalenski umgebracht wurde. Beantworten Sie mir die Frage, dann erzähle ich Ihnen, was ich noch weiß.«
Sie schüttelte den Kopf und wirkte ganz und gar nicht glücklich. Ich fürchtete schon, sie würde mich jeden Moment auf die Konsequenzen hinweisen,
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