Bis hierher und nicht weiter
Orleans.
So angespannt wie jetzt war er nicht mehr gewesen seit dem Börsengang von „Dexter Eesort” in seinem zweiten Jahr als Leiter des Unternehmens. Die Arbeiten am „White Willow House”
gingen planmäßig voran, aber sein Privatleben geriet immer mehr außer Kontrolle. Alles, was er jemals für selbstverständlich gehalten hatte, kam ihm jetzt verändert vor. Zum ersten Mal verspürte er den Wunsch, mit jemandem darüber zu reden, aber er wusste nicht, an wen er sich wenden sollte.
Erst jetzt wurde ihm in aller Deutlichkeit bewusst, wie sehr er sich von allen anderen Menschen isoliert hatte und dass er mit den Leuten um sich herum keine echten Gespräche führte, sondern nur Small Talk machte. Um ihn herum herrschte eine Stille, die ihm vorher nie aufgefallen war. New Orleans pulsierte dagegen mit einer ganz eigenen Lebenskraft. Doch heute Abend ging er nicht aus, um das Nachtleben zu genießen und die Frauen, die es einem Mann in seiner Position zu bieten hatte.
Leise knarrend wurde die Bürotür geöffnet.
„Du bist ja noch hier”, stellte Lüy fest, „obwohl es so spät ist.”
Er betrachtete ihr Spiegelbild im Fenster. Sie sah blass und in sich gekehrt aus. Fast hätte er ihr ein Dutzend Rosen und eine Entschuldigung für seine Worte gestern geschickt. Aber wenn er sich entschuldigt hätte, hätte sie gewusst, wie viel sie ihm inzwischen bedeutete. Und das durfte er nicht zulassen. Er wollte sich von niemandem abhängig machen.
Allerdings war er auch nie in die Versuchung geraten. Nicht seit seine Welt unwiederbringlich aus den Fugen geraten war.
Gerade mal acht Jahre war er damals gewesen. Es war ihm stets gelungen, auf Distanz zu den meisten Menschen zu bleiben. Wie war es dann dieser Frau gelungen, an ihn heranzukommen?
„Du siehst so einsam aus heute Abend, Pres”, bemerkte Lüy.
Er hörte ihre Schritte und beobachtete sie im Fenster, als sie zu ihm kam. Das Licht im Raum schien durch ihr dünnes Baumwollkleid und enthüllte ihre weiblichen Rundungen.
Preston hatte keine Ahnung, ob es sein Gefühle waren, mit denen er zu kämpfen hatte, oder ob es sein Gewissen war. Denn er begehrte Lily heftig, obwohl sie eine Jungfrau war. Er wollte die Barrieren, die sie zwischen sich und der Welt errichtet hatte, beseitigen und dahinter die wahre Lily entdecken.
„Preston?” Sie strich mit der Hand über seinen Ärmel und ließ sie auf seiner Handfläche ruhen. Ihre schmalen, kühlen Finger streichelten ihn zärtlich.
„Ja?” Eine brennende Sehnsucht nach ihrem Mund auf seinem, ihrer warmen Haut an seiner, hatte ihn erfasst.
„Tut mir Leid, dass ich es neulich habe zu weit kommen lassen”, sagte sie. Er wusste, dass er etwas sagen sollte, aber er konnte sich nicht konzentrieren. Ihr wundervoller Duft machte ihn benommen. Sie duftete nach Blumen und zugleich auf eine ganz charakteristische Weise nach Lily. Es war ein Duft, den man nicht in Flaschen kaufen konnte und der seine Hormone verrückt spielen ließ.
Es durchzuckte ihn heiß. Am liebsten hätte er Lily zum Schreibtisch getragen, ihr das dünne Kleid bis zur Taille hochgeschoben und ihr den Slip ausgezogen. Und dann würde er tief in sie eindringen. Er musste in ihr sein und sie ganz spüren, während er sich in einem wilden Rhythmus bewegte, bis sie beide zum Höhepunkt gelangten.
„Preston, ich habe über etwas nachgedacht.”
Er hatte keine Ahnung, wovon sie sprach. Er wusste nur, dass er von ihr fortmusste, und zwar dringend, denn sonst würde er seinen Instinkten nachgeben. Dennoch rührte er sich nicht vom Fleck.
„Preston, stimmt etwas nicht mit dir?” Sie umfasste sein Gesicht mit beiden Händen.
„Fass mich nicht an!” stieß er rau hervor. Es war schon zu lange her, seit er zuletzt mit einer Frau zusammen gewesen war.
Zu lange her, seit er eine andere Frau als Lily begehrt hatte. Und er wollte keine weitere Nacht mehr warten. Aber für ihre Einweihung in die Kunst der Liebe verdiente sie etwas Besseres als ihn. Sie verdiente einen Mann, der mit ihr vor den Altar treten würde.
„Tut mir Leid.” Sie wich einen halben Schritt zurück. Ihre Blicke trafen sich im Fenster, und sie fuhr zusammen.
Verräterische Tränen schimmerten in ihren Augen.
Er tat ihr schon wieder weh. Wieso passierte das ständig?
Dabei versuchte er so sehr, sie vor der animalischen Wildheit zu beschützen, die sich unter seiner Kultiviertheit verbarg. Wieso kam sie immer wieder zu ihm und war so freundlich zu ihm?
„Lily, das muss
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