Bis hierher und nicht weiter
selbst einzugestehen, dass es diesen Ort überhaupt gab. Und schon gar nicht würde er zulassen, dass Lily einen Weg dorthinein fand. Nein, nicht einmal vor Lily würde er seine Schwächen ausbreiten. „Versuchst du, dorthin zu gelangen?”
Sie wandte den Blick ab und errötete. Eine neue Welle der Erregung überlief ihn. Verdammt, er war zu alt, um sich von seinen Hormonen beherrschen zu lassen.
„Ich bin mit allem zufrieden, was ich von dir bekomme”, erwiderte sie.
„Und wenn ich dir nur Leidenschaft anbiete?” Es war töricht gewesen zu glauben, dass Sex mit Lily ihm die Antworten auf die Fragen geben würde, die ihn plagten. Zwar wusste er jetzt, wie unglaublich gut sie zusammenpassten, aber er hatte noch immer keine Ahnung, wie er sich ihr gegenüber verhalten sollte.
Sie biss sich auf die Lippe. „Ich würde sie nehmen. Aber ich will mehr.”
„Mehr kann ich dir nicht geben.”
„Ich weiß nicht, wo wir jetzt stehen.”
Er wusste es auch nicht. Aber er war der Erfahrene, und zum ersten Mal glaubte er, bei Lily die Oberhand zu haben. „Wir haben eine Affäre.”
„Für wie lange?”
„So lange, wie es dauert.”
„Und wenn uns das nicht genügt?”
„Keine Angst, es wird uns genügen”, versicherte er ihr.
Sie stieg aus dem Bett, hob sein Hemd vom Boden auf und zog es über. Sie wirkte verloren und allein. Sofort bedauerte Preston seine Ehrlichkeit. Aber er würde die Worte nicht zurücknehmen.
Irgendwann würde sie seiner überdrüssig werden. In ihm gab es eine große Leere, die nicht gefüllt werden konnte, und auch wenn er mit dieser Leere leben konnte, hatte ihn die Erfahrung gelehrt, dass Frauen dazu nicht imstande waren.
Er schaute Lily nach, wie sie ins Badezimmer ging, und hörte, wie die Dusche angedreht wurde. Entschlossen stand er auf und folgte ihr.
Sein ganzes Leben lang war er allein gewesen und würde es wieder sein. Für ein paar Wochen oder Monate, solange Lily bei ihm blieb, wollte er die Sonne genießen, die sie in sein Leben gebracht hatte. Also ging er zu ihr, um mit ihr zu duschen.
Erschrocken drehte sie sich um, und einen Moment lang befürchtete er schon, sie würde nicht in seine Arme kommen. Doch als er sie weit ausbreitete, zögerte Lily keine Sekunde. Verzweifelt drückte er sie an sich und hoffte, dass sie ihm nicht anmerkte, wie aufgewühlt er war. Dann liebte er sie, als wäre sie die einzige Frau auf diesem Planeten.
Lily versuchte, sich mit dem Reinigen eines Kronleuchters aus dem achtzehnten Jahrhundert zu beeilen. Aber gute Arbeit brauchte nun einmal seine Zeit. Sie hätte den Kronleuchter schon vor zwei Wochen putzen und herrichten sollen, aber sie hatte jede freie Minute mit Preston verbracht. Auch wenn sein Terminplan sehr viel enger war als ihrer, konnte sie nicht weiterhin bedingungslos geben.
Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass Feierabendzeit war. Es war der erste November, Allerheiligen, und sie hatte heute Morgen die Grabstätte ihrer Eltern besucht, um sie mit Blumen zu bepflanzen. Für heute Abend hatte sie Preston dazu gebracht, mit ihr zu einer der Nachtwachen im Kerzenschein zu gehen, die auf einem der älteren Friedhöfe der Stadt abgehalten wurden.
Es wurde bereits dunkel, und die Geräuschkulisse des French Quarter lockte. Sie schnappte sich eine von Dashs Jacken und ging hinaus, um auf Preston zu warten. Die kühle Novemberluft weckte in ihr die Sehnsucht nach der Schwüle im September.
Gestern Abend zu Halloween hatte sie Preston gebeten, sich als Vampir zu verkleiden und ihr zu helfen, in der Schule Süßigkeiten an die Kinder zu verteilen, wohlwissend, dass dies ein erstes Mal für ihn sein würde. Er hatte, ohne zu zögern, zugestimmt und für jedes der siebenhundert Kinder elektronisches Spielzeug gespendet. Nachdem sie wieder zu Hause waren, hatte er Lily dazu überredet, für ihn ganz allein Lady Godiva zu spielen, jene Sagengestalt, die Coventry gerettet hatte, indem sie splitternackt, nur von ihrem prächtigen Haar umweht, auf einem Pferd geritten war. Bei der Erinnerung an seine Leidenschaft musste Lily lächeln.
Hinter der arroganten Fassade, die Preston der Welt präsentierte, verbarg sich viel mehr. Allmählich ließ er Lily immer näher an sich heran, und je besser sie ihn kannte, desto mehr liebte sie ihn. Und was ihre Herausforderung betraf, ihm die Existenz der Liebe zu beweisen, hatte sie das Gefühl, langsam einem Durchbruch näher zu kommen. Inzwischen schien er nicht mehr so distanziert und drängte
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