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Bis zum bitteren Ende - Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte

Bis zum bitteren Ende - Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte

Titel: Bis zum bitteren Ende - Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Toten Hosen
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an, der mich in der Klinik besuchen kam. Der gute Mann hat es wirklich nicht leicht gehabt. Immer wieder hat er mich gedrängt, »parallel zur Musik« ein Studium zu starten, für »die Zukunft« vorzubauen. Es gab harte Gefechte zwischen uns, als er über die Häufigkeit meckerte, mit der ich dann tatsächlich zur Uni ging - als Teil unserer »Rahmenabmachung«. Aber kurz vor dem Ärgsten kam immer wieder ein Ereignis in meinem Leben, wie in Hannover, wo mein alter Herr plötzlich vorbehaltlos da war - auch wenn er nicht immer viel ausrichten konnte.
    Auch wir Bürgerkinder brachten den Punk in die guten deutschen Stuben, wir Söhne und Töchter von Lehrern, Ärzten, Beamten oder Oberverwaltungsgerichtsräten (das war nun mal die Berufsbezeichnung meines Alten) - und nicht nur die »Arbeiterkinder«, wie die Feuilletonisten damals zu schreiben begannen. Das hätte zwar supergut gepaßt: Die Kinder der Kurzarbeiter und der Geknechteten produzieren einen Kulturschock, um gegen die sozialen Verhältnisse anzugehen und so weiter. Aber es war einfach nicht so. Die Nachfahren der sogenannten kleinen Leute hatten in der Regel gar nicht die Zeit, sich um die neuesten Bewegungen im Londoner »Untergrund« zu kümmern. Die gingen arbeiten, und wenn sie am Abend oder am Wochenende ihre Man-tas, Capris und Asconas tiefer legten, hörten sie dabei Status
    Quo »Down, down, deeper and down«, oder Mal Sandocks »Diskothek im WDR«. Und das geht, was uns betrifft, auch in Ordnung so.
    Hier und da gab es in England ein paar Bands, in denen Leute mit nachgewiesen proletarischem Stammbaum mitmischten. Dazu gehörten etwa die Lurkers mit Arturo Bassick, dem genialen Proll am Bass, oder ein paar von den Pistols und den Damned. Aber die Clash, Stranglers, Ultravox und wie sie alle hießen, die große Mehrheit also, rekrutierte sich aus Studis und Künstlern. Und ähnlich war es mit den ersten Deutschen, die sich während der Ferien in diesen kleinen Londoner Jugendhotels nördlich des Hyde Parks einquartierten, drei Wochen zu vierundzwanzig durch zwei Pfund pro Nacht im Doppelzimmer. Drei Wochen jeweils im Zentrum von Punk, dann zurück auf die Ratinger Straße und da gekonnt abhängen und auf die »richtigen Leute« warten -da muß einer schon Zeit haben und entsprechend vormagnetisiert sein.
    Die ersten Punk-Cliquen im »Ratinger Hof« bestanden aus Kids, die nicht viel anders waren als ich - höchstens älter. Man traf sich jeden Nachmittag auf der Ratinger Straße, hing gemeinsam ein paar Stunden ab, wühlte in den Plattenregalen vom »Rock On«... Wir waren wohl irgendwie befreundet, aber nicht auf die Art der Beatniks oder Freaks. Wir waren es nämlich meist nur hier, in der Altstadt, selten zuhause. Jeder ist hinterher wieder allein nach Hause gegangen, wenn er das Gefühl hatte, für heute genug gelabert, gesoffen und gepöbelt zu haben. In welchem Umfeld der andere sonst so lebt, wußten wir in der Regel nicht. Das nur von wegen »If the Kids are united«.
    Als Punker warst du mit Unterbrechungen allein, und du warst Teil einer kleinen Minderheit. Aber es war ein selbstgewähltes Schicksal. Wenn du ausgestoßen bist, weil du schwarz bist oder Türke, kannst du es nicht vermeiden. Wenn du dir aber deine Haare grün oder rot färbst und zu einem Iro verarbeitest, oder wenn du ein vernietetes Lederhalsband trägst, ist das deine bewußte Entscheidung. Und das ist ein nicht zu unterschätzender Qualitätsunterschied. Du weißt im Grunde schon, daß dir dein örtlicher Mann von der Hamburg-Mannheimer unter diesen Umständen keine Lehrstelle bei seiner Versicherungsagentur anbietet - wenn du überhaupt eine haben willst. Du weißt, daß die Bullen und die Grenzbeamten dein Auto und deine Papiere bei allen Kontrollen genauestens untersuchen, und du weißt, daß du alleine sehr schnell die Zielscheibe bist.
    Von jedem hast du deinen Spruch bekommen und manchmal noch ein bißchen mehr. Wenn ich am Samstagmittag zur selben Zeit wie die Fortuna-Fans aus Mettmann in die Stadt fuhr, wurde ich langgemacht, mit Schere und Verfolgungsjagd. Außenseiter! Viele haben damals überhaupt nicht kapiert, worum genau es bei Punk eigentlich geht, und deshalb haben sie uns gejagt. Ganz besonders heftig war es fast immer in der Provinz. In Grevenbroich kam es einmal zu einer kolossalen Massenschlägerei mit zwei lokalen Rockergangs, als wir vom »Ratinger Hof« aus mit mehreren Bands und etwa fünfzig Fans im »Alten Schloß« aufkreuzten.
    Wenn ich dann

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