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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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nicht mit daran arbeiten möchten, den allgemeinen Geist der Versöhnung, die wir alle anstreben, auch in russischen Kreisen zu propagieren. Preußen und Österreich und unser gemeinsames deutsches Vaterland werden ja doch immer zusammenstehen.« Sein lauernder Blick erheiterte Otto nicht wenig. »Ich werde in nächster Zeit öfters Gelegenheit haben, Euer Exzellenz aufzusuchen. Meine Vertrauensstellung beim hohen Staatsministerium in Berlin ermächtigt mich dazu. Ich werde die Ehre haben, manchmal Aufträge an Ihre Adresse zu leiten, mit denen mich der Herr Premierminister privatim betraute.«
    Otto erhob sich zum Zeichen der Verabschiedung. »Herr v. Manteuffel ist mein Vorgesetzter und ich werde pflichtschuldigst alles gern entgegennehmen, was Sie mir zutragen.«
    »Ich danke Euer Hochwohlgeboren für die gütige Zusage.« Der kurzangebundene Ton, an den er nicht gewöhnt war, verletzte den geschmeidigen Herrn. Noch in der Tür erhielt er einen Abschiedspfeil gutmütigen Spottes:
    »Wenn ich nur eins wüßte, Herr Levinstein, ich werde daraus nicht klug.«
    »Und das wäre?« frug der Schlaue gespannt.
    »Ob Sie ein preußischer oder österreichischer Unterhändler sind. Nichts für ungut.«
    »Ich unterhalte mit beiden Höfen loyale und korrekte Beziehungen.« Levinstein verneigte sich steif und gekränkt. »Guten Morgen, Exzellenz.«
    Otto hielt sich den fragwürdigen Schlaumeier möglichst vom Leibe, der ihm gleichwohl mehrmals das Haus einrannte. Seine Menschenkenntnis lehrte ihn, daß man am besten fährt, sich mit solchen Subjekten nicht einzulassen. Denn auf irgendwelche Weise fällt man da immer herein, und da ihre Rachsucht stets mit ihrem Eigennutz balanciert, so läuft man nicht mehr Gefahr dabei, ihnen den Laufpaß zu geben, als ihnen die schmierige Hand zu drücken.
    *
    »Das kann ich unmöglich dulden,« beschwerte sich Otto aufgeregt bei Sir Malet, »das Kabinett von St. James hat eine Eigentumsfrage dem Bundespräsidenten allein vorgelegt.«
    »Ja, es handelt sich um einen Anspruch des Earl of Bentinck auf Güter in Oldenburg.«
    »Dieser Formfehler beruht auf der Fiktion, als ob das diplomatische Korps nur mit dem Präsidenten zu verkehren hätte. Das ist flagrante Verletzung der Bundesrechte, und ich werde sofort an Lord Clarendon schreiben. Vorerst lege ich mein Veto ein.« Trotzdem ein anderer englischer Lord sich beklagte, der preußische Gesandte habe sich feindselig gegen England benommen, schrieb der britische Minister einen höflichen Dankbrief für die Aufklärung.
    »Wie sollte ich wohl Feindseligkeit gegen England empfinden, da ich die Bentincks kenne und Sie, Sir Alex, mein Freund sind und ich außerdem lebhafter mit England sympathisiere als mit jeder anderen Nation!« Das war im Januar 1858, und im Februar zog die Prinzeß Royal als Kronprinzessin in Berlin ein. In welcher Weise man damals vorsichtig sein mußte, lehrte Ottos telegraphische Bitte an Manteuffel, seinen Bericht über die englische Quängelei nicht per Post an den preußischen Geschäftsträger in Karlsruhe, Graf Flemming, zu schicken und so natürlich zu Rechbergs Kenntnis zu bringen. »Das käme ungelegen,« erläuterte er dem Rat Kilchner, »ein persönlicher Handel mit Rechberg wäre dann unausbleiblich. Der steckt nämlich wieder dahinter.«
    »Aber er kann sich doch nicht auf seine eigene Verletzung des Briefgeheimnisses berufen. Fremde Briefe postalisch öffnen, ist doch schimpflich.«
    »Haben Sie 'ne Ahnung! Das wird ihn von Vorzeigung meiner Äußerungen nicht abhalten. Er wäre zynisch genug zu behaupten, man habe das Aktenstück nur deshalb per Post geschickt, damit er meine abfälligen Äußerungen erfahre. Das Schwarze Kabinett der Brieferbrechung ist eine k. k. Institution, mit der sich jeder abfinden soll.« Da mit Otto persönlich anzubinden eine kitzliche Sache schien, so verlief sie im Sande.
    Im allgemeinen gestalteten sich die Beziehungen zu Rechberg freundlicher als zu Prokesch. Es trat eine gewisse Windstille und Waffenruhe ein. Als Otto zu Fastnacht seiner Dienerschaft ein Fest veranstaltete, ganz als pommersch-märkischer Gutsherrpatriarch, meinte Rechberg anerkennend: »Da schauen's, wie man über nordische Steifheit schwätzet! Das wär' bei uns kaum denkbar, und doch redt' man immer von unsere leutselige Urbanität gegen das niedere Volk. Der Bismarck versteht sich populär zu machen, alle Achtung. Die preuß'schen Soldaten hier nennen ihn Seine Exzellenz der Herr Leutnant, dieweil er bei

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