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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Johannas ewig Lebewohl. Die gute Jungfrau von Orleans hatte nicht solche Lämmer mit heimlichen Wolfszähnen, sonst wäre ihr das Scheiden auch leichter geworden!« Und nach dem Ball, als der Kammerdiener Engel verlegen zugab, es sei nur noch eine allerletzte Flasche Sekt da, rief der Gastgeber: »Her damit, sie muß alle werden auf das Wohl unseres scheidenden Kameraden!« Und er brachte dessen Gesundheit aus als ein Leutnant v. Bismarck, der einen im Rang Gleichstehenden freundschaftlich hochleben läßt.
    Nicht die schmelzenden Melodien der Violinen, nicht die blendenden Busen und rauschenden Schleppen, nicht der Schaumwein des Jugendgenusses lebten in Erinnerung des Jünglings fort, als er sich empfahl und in der Morgenfrühe dem Bahnhof zuschritt, sondern das verehrte Gesicht des angestaunten Mannes mit dem unheimlichen Blauauge und dem unabänderlichen düstern Ernst der Stirn, ob der Mund noch so gütig lächelte.
    Seinen Diener Hildebrand, der so viel mit ihm erlebte, verlor er auch. »Ik will mir verändern, Exzellenz. Was mein Bruder is, schreibt aus so 'ner amerikanischen Stadt, Chikago heißt sie, daß es ihm dort so gut geht.«
    »Na, denn man tau! Aber vergiß die deutsche Heimat nicht!«
    »Det sull'n Wort sein, gnädiger Herr. Mein Bruder hat auch alle Leut' immer von sei'm Herrn Leitnant vertellt, und wir beide wer'n immer drüben von uns' gnä'gen Herrn ein Licht aufstecken. Was die Jankiehs sind, so nennt sich die Bande, haben auch schon von Exzellenz gehört, und sie wer'n uns noch für Geld zeigen: Das sein die Hildebrands, die bei Herrn v. Bismarck waren.«
    »Schon gut. Daß ihr mir auf Deutschland nichts kommen laßt!«
    »Deutschland kenn' ich nich, aber Preußen, und wer was drüben gegen Preußen sagt, dem schlagen wir den Schädel ein.«
    »Bravo!« Es ging ihm doch nahe, den Getreuen nicht mehr um sich zu haben. Aber so geht's im Leben. Tout passe. Oft vergißt der Große den Kleinen schwerer als der Kleine den Großen. Denn nur starkes Erinnerungsvermögen schafft Treue, aber nur ein starkes Hirn erinnert sich unaufhörlich und hält so alle Eindrücke beisammen. –
    Otto fand heraus, daß Johann Bernhard Rechberg sich von Thun und gar von Prokesch erheblich unterschied, da er mit all seinen Schlichen nicht ohne Gutmütigkeit und sein Jähzorn nicht bloß erkünstelte Komödie war. In einer Sitzung ging es besonders scharf her. Rechberg würgte an seinem Grimm und blieb nach dem Exodus der übrigen Gesandten allein zurück, um mit seinem preußischen Widersacher ein ernstes Wörtchen unter vier Augen zu reden.
    »Das wird ein schlimmes Ende nehmen, wenn Sie fortwährend Händel suchen. Eine solche Unverträglichkeit fand ich nie. Sie legen es darauf an, mich totzuärgern.«
    »Das wäre zu viel. Aber krank geärgert hab' ich mich genug über Ihre präsidialen Diktaturstreiche.«
    »Diese Antwort ist Ihrer würdig. Sie wollen mich wohl frozzeln, das lasse ich mir von Ihnen nicht bieten. Streiche machen dumme Jungen, nicht ich, aber schlechte Streiche machen böse Menschen, die überall Streit und Mißgunst säen.«
    »Hören Sie, mein lieber Graf,« Otto maß ihn mit kaltem Blick von Kopf bis zu Füßen, »ob Ihr Groll bloß Diplomatie oder ernst gemeint ist, vermag ich nicht zu beurteilen, jedenfalls nimmt er recht persönliche Formen an.«
    »Wie kann man Ihnen gegenüber anders als persönlich werden! Sie ergehen sich in Beleidigungen gegen meine Person.«
    »Bitte, halt! Sollen wir etwa im Bockenheimer Wäldchen den Dualismus unserer Staaten auf Pistolen ausfechten?«
    »Diese Erledigung wäre mir höchst angenehm«, schnarrte Rechberg mit erhöhter Stimme, schnaubend vor Wut. »Auf der Stelle! Fahren wir hinaus!«
    Mit kühler Ruhe kam die Antwort: »Warum fahren? Der Garten des Bundespalais ist geräumig, vis-a-vis wohnen preußische Offiziere, österreichische sind leicht aufzutreiben. Da wir das Terrain der Diplomatie verlassen, so werden wir zehn Schritt von hier das »Terrain« zu einem Renkontre finden. Nur möchte ich, wenn Sie gestatten, die Ursache des Ehrenhandels niederschreiben. Ich darf meinen Souverän nicht als ein Miles Gloriosus erscheinen, der seine Staatsvertretung auf die Mensur spazierenführt. Sie werden, wenn ich bitten darf, meine Erklärung kontrasignieren.« Er setzte sich gelassen und schrieb. Rechberg rannte mit großen Schritten hinter ihm auf und ab. »Ich werde Herrn v. Oertzen, unsern Kollegen, als Zeugen beauftragen, das Nähere zu

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