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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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zum Mobilisieren!« brummte Moltke.
    »Sie fassen eben alles rein militärisch auf. Eure Majestät aber haben als Herrscher politische Gesichtspunkte den militärischen voranzustellen, sobald dies nötig ist.«
    »Nun ja, gewiß.« Diese Auffassung war dem König, den man fälschlich für nursoldatisch hielt, niemals fremd. »Doch hier ist das Militärische zugleich politisch. Moltke hält Belfort für die nötige Flankenbastion.«
    »Da wir die Vogesenpässe haben, würde uns ein bißchen Einbruch nach Mühlhausen nie besonders schaden. Aber glaubt denn Graf Moltke, ich würde nicht auch so viel nehmen als ich kriegen kann? Doch ich lese in Thiers' Seele. Redet ein kluger Franzose von Ehrenpunkt, so hat er Hintergedanken, die Leute sind nur leidenschaftlich mit dem Maul, innerlich viel kälter als wir, nur kommt es ihnen nicht logisch zum Bewußtsein, gerade wie bei Frauen, die nach A gleich F sagen, weil sie mit rascherer Intuition die Mittelglieder überspringen. Thiers kann Belfort nicht geben, sonst ist seine Regierung futsch, nur deshalb will er nicht um keinen Preis. Graf Moltke irrt aber kolossal, daß uns das nichts angehe. Endlich, endlich haben wir eine stabile Regierung, mit der man abschließen kann. Thiers' Sturz wäre eine Schraube ohne Ende für fortdauernden Krieg.«
    »Mag er kommen!« fiel Moltke freudig ein. »Die Armee ist nicht kriegsmüde, sie brennt darauf, wieder loszugehen. Glaubt Graf Bismarck das nicht, so begebe er sich zu den Truppen.«
    Otto lächelte mit schwermütiger Überlegenheit. »Ein siegreiches Heer und gar nach solchen Triumphen hat den Krieg niemals satt, sondern fürchtet sich vor dem Frieden, wo man in langweilige bürgerliche Arbeit und geregelte Verhältnisse sich wieder einleben muß. Das ist menschlich begreiflich, und ich bin Soldat genug, um mich in diesem Gefühlsgang zurechtzufinden. Allein, der Staatsmann denkt anders und erst recht der Herrscher wie Eure Majestät. Der Krieg ist ein Ausnahmezustand, der nicht lange währen darf, ohne den ganzen Organismus zu gefährden. Er ist ein Rausch hochgesteigerter Kraft, doch darauf folgt immer eine Reaktion, wenn nicht eine Erschlaffung. Der Bürger und vor allem der Bauer, der doch am meisten unsere Schlachten schlägt, hat seine Geschäfte und seinen edeln Friedensberuf nicht vergessen. Dauert der Scherz zu lange, bekommt er Katzenjammer. Noch wünscht auch der gemeine Mann im Heer, im schönen Frankreich weiter den Herrn zu spielen, doch fragen Sie ihn einmal in einem Vierteljahr, da wird er schon anders denken.«
    »Ich glaube, da hat Bismarck recht.« Dem König lagen solche landesväterlichen Erwägungen am nächsten, sein erstaunlich klarer gesunder Verstand siegte leicht über die Dünste militärischer Suggestion. »Und was er über Thiers' Stellung zur Belfortfrage sagt, leuchtet mir ein.«
    »Das wird einen großen Sturm daheim hervorrufen, wenn wir nicht Belfort bekommen.« Moltke verschmähte nicht dies demokratische Argument.
    »Unsinn! Pardon, aber daheim weiß man gar nichts von Belfort, man schreit nur nach Metz, das wir ja bekommen werden. Nun, ich schlage etwas vor, was vielleicht Graf Moltkes Bedenken beruhigt. Thiers verweigert ja auch Einmarsch in Paris. Gut, wir wollen ihm den Tausch bieten: Einmarsch oder Belfort.«
    »Etwas Praktisches ist mir lieber als bloße Befriedigung des Prestige«, lehnte Moltke unwillig ab.
    »Mir auch. Wenn ich aber das Praktische, den Spatzen, nicht in die Hand bekomme, so finde ich die Taube auf dem Dach verlockend. Prestige ist nicht zu verachten. Es wird unser Ansehen in Europa heben, wenn wir in Paris einrücken. Es braucht ja nur der Eingang zu sein, etwa am Arc de Triomphe. Das genügt uns. Eure Majestät werden sich dem bedeutenden Eindruck auf Europa nicht verschließen.«
    »Sehr richtig.« Der König faßte seinen Entschluß. »Da wir beides nicht bekommen können, so bestimme ich, daß dieser Vorschlag zur Güte durchgeht. Natürlich nur, wenn Thiers hier Farbe bekennt und nachgibt.«
    »Ich mache noch darauf aufmerksam, daß die Pariser Blätter mit Orsinibomben drohen und andern Nichtsnutzigkeiten ihrer Phantasie weit vom Schuß. Gerade deshalb dürfen wir nicht aufkommen lassen, daß wir uns fürchten, es ist unglaublich, wie das dumme Ausland auf jede Pariser Blague hereinfällt.«
    »Fürchten?! Was?!« Der königliche Greis reckte sich auf. »Ich werde in Paris einreiten und wenn es Kröten hagelte!« Und wenn ein Teufel auf jedem Dache säße! sagte

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