Bismarck 04
entsprechen würde, doch der anderen Angabe »weniger als 15 000« widerspricht und wohl auf Ungenauigkeit beruht. Denn ein Teil, sei es auch ein kleiner, der 1. L. W. D. (Verl. etwa 1250), 10. (etwa 1600), 11. (nur 350 erkennbar), 3. R. D. (2., 9. R. 885, 34., 49. auch 760) muß doch für Scholtz abgerechnet werden, außerdem rechneten wir 1200 für 14 Ers. Batl. mit, von denen möglichenfalls ein Teil bei Mlawa oder Prasnitz focht. Rechnen wir dagegen 3650 Saarbrücker inkl. Märzlisten (1570 der 31. D.), so werden wir nach obigen Abzügen auch nur 6200 Eichhorn 7800 Below erhalten. Auch ist nicht mal sicher, ob der G. St. nicht Scholtz mitzählt, denn das Telegramm des Kaisers hob 147. hervor. Man wird also gestehen, daß nächst Tannenberg, wo allerdings die deutsche Minderzahl viel ausgesprochener war, noch nie ein so riesiger Erfolg mit so geringem Verlust erfochten wurde.
Daß unser Heer das erste der Welt sei, galt früher unseren Alldeutschen schon für ausgemacht ohne stichhaltige Gründe, da manches im deutsch-französischen Feldzug falsch oder einseitig ausgelegt wurde. Im Weltkrieg aber ward für alle Zeit festgelegt, daß deutsche Wehrmacht wirklich die erste und oberste auf Erden sei, nicht wegen mustergültiger Führung, sondern wegen unübertrefflicher Mannschaft. Nun könnte Ludendorff für sich anführen, daß er eben dies in Rechnung zog. Wie, für die L. W. und die Miliz der Reservekorps? Dann müßten die Militaristen ihre Kasernensprüchel ja selbst verleugnen, denn wenn 21. K. hier den Leistungsrekord schlug, so erzwangen die bewährten alten Truppen der 3., 4., 5. Brig. bei Lyk rein nichts und es wäre übel ergangen, wenn nicht L. W. und Eichhorns junge Reservetruppen so große Erfolge errangen. Kann man aktenmäßig belegen, daß Hindenburg ursprünglich etwas anderes beabsichtigte als Überrumpelung der russischen Winterquartiere und Wiedergewinn der Linie Lyk–Stallupönen und, wenn möglich, Augustow–Suwalki? Der Appetit kommt beim Essen, die Einkesselungsidee mag in schwachem Umriß vorgeschwebt haben, ergab sich aber erst allmählich durch Eichhorns erstaunliche Märsche. Hier gilt wohl wörtlich: »der Erfolg übertraf jede Erwartung .« Gelegentliche Äußerungen Napoleons, daß er nie einen bestimmten Plan habe, was Moltke für sich aufgriff, sind mißverstanden worden, es widerspricht ja auch Napoleons anderem Satz: »Mein Plan bleibt immer derselbe«. Selbstredend ziert es den Feldherrn, wenn er aus unberechenbaren Vorfällen und Umständen blitzschnell Nutzen zieht und seine Pläne entsprechend erweitert. Nun zeigte sich aber der große Urwald den Deutschen weder bei früherem Vorgehen noch beim November-Rückzug als Hindernis. Allerdings preßte man elf Div. mit allen Trainkolonnen dort zusammen, so bot dies das für Einkesselung Ausschlaggebende: lokale Behinderung des Rückzugs. Doch der andere Faktor entsprechender Übermacht fiel weg und konnte ihn bloße Qualität ersetzen? Nein, das völlige strategische Versagen des rechten Flügels bewies die Unmöglichkeit einer Einschließung bei normalem Verlauf. Das Festkleben vom 9.–14. vor Lyk machte einen dicken Strich durch Ludendorffs Rechnung, wie immer sie gelautet haben mag. Aber wenn die Rechte unter jeder Erwartung blieb, so schnellte die Linke ebenso unerwartet vor. Flugs griff Ludendorff zu, hier könnte man ihn »Hazardeur« nennen, er vertraute auf sein Soldatenglück und russische Unbehilflichkeit und langte nach dem höchsten Preis. Dafür soll man ihn warm loben. Hätte er nur in entscheidender Schlußphase des Weltkriegs den gleichen festen Willen gezeigt! Doch so ist der Krieg. Dort ungeahnter Fehlschlag, hier unberechenbares Glück. Wer je diese Winterschlacht nachahmen wollte, würde sich in die Nesseln und in die Tinte setzen, womit der gewöhnliche Schreiber immer nur den äußeren Mißerfolg begießt. Wir unsererseits kennen nicht Erfolg und Mißerfolg bei Beurteilung von Kriegshandlungen: Wir finden die »gescheiterte« Oktoberoffensive großartig genial, desgleichen die strategische Anlage der Lodzoperation, obschon ihr taktischer Erfolg doch wesentlich ausblieb. Aber für den gewaltigen Sieg der Winterschlacht schwärmen wir nicht, denn theoretisch war er unmöglich und gehört eigentlich mehr der kecken 31. D. als sonstigem Geschehen. Das ist eben Glück. Für künftige Kriegführung wird diese Abnormität viel Schaden stiften, indem die Herrn Einkesseler hier ein neues Sedan finden
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