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Biss sagt mehr als tausend Worte

Biss sagt mehr als tausend Worte

Titel: Biss sagt mehr als tausend Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Moore
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verneigte sich und ging hinaus.
    Die Ironie des Schicksals wollte es, dass der einzige Schlachter, der ihm Blut verkaufen konnte, Mexikaner war und Okatas Einkaufsliste ins Spanische übersetzen lassen musste. Selbstverständlich hatte er Blut. Welcher mexikanische Schlachter, der etwas auf sich hielt, sparte nicht Blut für die gute spanische Wurst auf? Okata verstand kein Wort. Er wusste nur, dass er mit Jeans, Sportschuhen und einer rosa Einkaufstüte mit Unterwäsche durch die halbe Stadt gewandert war und endlich frisches Blut für sein verbranntes Gaijin-Mädchen aufgetrieben hatte. Als er die Schlachterei verließ, ging der Schlachter zum Telefon und wählte die Nummer auf der Karte, die ihm der Polizist dagelassen hatte.
    Entgegen seiner Gewohnheit nahm Okata die Linie F, anstatt zu laufen. Er fuhr mit der antiken Straßenbahn die ganze Market Street hinunter, vorbei am Ferry Building und ein paar Blocks am Embarcadero entlang, wo er ausstieg und sich einen Moment Zeit nahm, das seltsame schwarze Segelschiff
zu betrachten, das an Pier 9 lag, bevor er seine Gallone Schweineblut nach Hause schleppte.
    Breit grinsend saß er mit einer Tasse Blut neben dem Futon, als sie aufwachte.
    »Hallo«, sagte er.
    »Hallo«, sagte das verbrannte Mädchen und zeigte beim Lächeln die Zähne. Ihre Haare waren gewachsen und reichten ihr nun bis zur Brust, aber sie waren trocken und brüchig.
    Okata reichte ihr die Tasse und stützte ihre Hand, während sie trank. Als sie fertig war, gab er ihr eine Papierserviette und schenkte nach, dann setzte er sich und nippte an seinem Tee, während sie das Blut trank. Er sah, wie die Farbe über ihre Haut wanderte wie ein rosiger Lichtschein, und nach und nach formte sie sich aus, das Fleisch wuchs an ihren Knochen, als würde sie aufgepumpt.
    »Haben Sie gegessen?«, fragte sie. Sie machte eine Geste, als schaufelte sie Reis mit Stäbchen, und deutete auf ihn. Nein, er hatte nichts gegessen. Das hatte er ganz vergessen.
    »Nein«, sagte er. »Verzeihung.«
    »Sie müssen essen. Essen.« Sie wiederholte die Geste, und er nickte.
    Während sie ihre dritte Tasse Blut trank, holte er eine Reiskugel aus dem Kühlschrank und nagte daran herum. Sie lächelte und stieß mit ihrer Tasse Blut an seine Tasse Tee.
    »Na, also. Masel tov!«
    »Masel tov!«, sagte Okata.
    Sie stießen an. Er aß, und sie trank Blut, und er sah, wie ihr Lächeln immer strahlender wurde und ihre Augen leuchteten. Er zeigte ihr, was er für sie bei Levi’s und Nike gefunden hatte, und auch bei Victoria’s Secret, wobei er sich
abwandte und versuchte, sein infantiles Grinsen zu verbergen, als er ihr den roten Samt-BH mit dem Höschen zeigte. Sie lobte ihn und hielt die Sachen vor ihren Körper, dann wieder lachte sie, wenn etwas zu groß wirkte, und nahm einen Riesenschluck Blut, sodass es ihr aus den Mundwinkeln und auf den Kimono lief.
    Und sie sah auch seine neuen Schuhe und deutete darauf und zwinkerte. »Sexy«, sagte sie. Er merkte, dass er errötete, dann grinste er und machte einen kleinen Tanzschritt, einen universellen Snoopy-Freudentanz, um zu zeigen, wie bequem die Schuhe waren. Sie lachte und strich mit der Hand darüber, wobei sie verzückt die Augen verdrehte.
    Nachdem er eine ganze Kanne Tee und sie fast vier Liter Blut getrunken hatte, setzte sie sich am Rand des Futons auf und warf das volle rote Haar über ihre Schultern. Sie war kein verkohltes Skelett mehr, kein versengtes Gespenst, keine vertrocknete Moorleiche, sondern eine wohlgeformte junge Frau, weiß wie Schnee, kühl wie das Zimmer, doch lebhafter und lebendiger als manch anderer, dem er in seinem Leben bisher begegnet war.
    Ihr Kimono öffnete sich, als sie sich streckte, und er sah woandershin.
    »Okata«, sagte sie. Er betrachtete ihre Füße. »Das macht doch nichts.« Sie schloss den Kimono, dann strich sie mit der Hand über seine Wange. Ihre Hand war kühl und weich, und er schmiegte sich daran.
    »Ich muss unter die Dusche«, sagte sie. »Dusche?« Sie mimte Waschen und Regen.
    »Ja«, sagte er. Er brachte ihr ein Handtuch und ein Stück Seife, dann zeigte er ihr die offene Dusche neben dem altmodischen
Waschbecken. Die Toilette befand sich auf der anderen Seite in einem kleinen Schrank.
    »Danke«, sagte sie. Sie stand auf und ließ den Kimono von ihren Schultern gleiten, legte ihn sorgsam auf den Futon, dann nahm sie Handtuch und Seife, ging zur Dusche hinüber und lächelte ihn über die Schulter hinweg an, als sie in die

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