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Das Böse kommt auf leisen Sohlen

Das Böse kommt auf leisen Sohlen

Titel: Das Böse kommt auf leisen Sohlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
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Erstes Kapitel
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    Der Blitzableiterverkäufer kam kurz vor dem Gewitter. Am Spätnachmittag dieses wolkenverhangenen  Oktobertages ging er die Hauptstraße von Green Town  entlang und warf immer wieder verstohlene Blicke über die Schulter. Irgendwo da hinten, gar nicht weit entfernt, erbebte die Erde unter gewaltigen Blitzen. Irgendwo spürte er das Gewitter, dieses riesige Ungeheuer mit den schrecklichen Zähnen.
    So ging der Vertreter von Tür zu Tür, klapperte mit seiner überdimensionalen Ledertasche voller seltsamer eiserner Puzzles und sagte immer wieder sein Sprüchlein auf, bis er an den Rasen kam. Hier stimmte etwas nicht . Er war ganz falsch gemäht.
    Nein. Es war nicht der Rasen. Der Vertreter hob den Blick. Es waren die beiden Jungen, die oben auf einem kleinen Hügel im Gras lagen. Die beiden Jungen waren ungefähr gleich groß und gleich kräftig. Sie saßen da, schnitzten Weidenpfeifen und redeten über Vergangenes und Künftiges. Den ganzen vergangenen Sommer über war in Green Town nichts vor ihnen sicher gewesen, was nicht niet- und nagelfest war; jeder Weg und Pfad, jeder Quadratfuß Boden zwischen hier und dem See trug ihre Fußspuren, seit die Schule wieder begonnen hatte.
    "Hallo, Jungs!" rief der Mann im sturmfarbenen Mantel. "Jemand zu Hause?" 
    Die Jungen schüttelten die Köpfe.
    "Habt ihr etwas Geld?" 
    Die Jungen schüttelten die Köpfe.
    "Hm..." Der Vertreter kam noch zwei oder drei Schritte näher, dann blieb er stehen und zog die Schultern ein.
    Plötzlich schienen ihn die Fenster eines Hauses anzustarren, oder vielleicht war es auch der kalte Blick eines Wolkenauges, den er im Nacken spürte. Er drehte sich langsam um und hob die Nase in den Wind. Der rüttelte an den kahlen Bäumen. Durch ein Wolkenloch brach ein feiner Sonnenstrahl und malte die letzten Eichenblätter an den Zweigen golden an. Aber dann verschwand die Sonne, der Schimmer verblich, alles verfloß grau in grau. Der Vertreter löste sich von dem Bann.
    Langsam ging er durch das Gras den Hügel hinauf.
    "Wie heißt du denn, mein Junge?" 
    Der erste Junge, weißblond wie eine Distel, kniff ein Auge zu und blinzelte den Vertreter an. Sein offenes Auge schimmerte groß, hell und klar wie ein Tropfen Sommerregen.
    "Will", antwortete er. "Will Halloway." 
    Der gewittergraue Herr wandte sich an den zweiten.
    "Und du?" 
    Der zweite Junge regte sich nicht. Er lag bäuchlings im Herbstgras und überlegte, ob er nicht lieber einen Namen erfinden sollte. Sein wirrer, dichter Haarschopf glänzte wie eine polierte Kastanie. Seine smaragdgrün schimmernden Augen blickten starr auf einen fernen Punkt – irgendwo tief in seinem Innern. Schließlich schob er sich lässig einen Grashalm zwischen die Lippen.
    "Jim Nightshade", murmelte er.
    Der Gewittermann nickte, als hätte er das gleich gewußt.
    "Nightshade. Nachtschatten. Was für ein Name!" 
    "Sehr treffend", sagte Will Halloway. "Ich bin eine Minute vor Mitternacht zur Welt gekommen, am 30. Oktober, er eine Minute nach Mitternacht. Also am 31. Oktober." 
    Ihren Stimmen war anzumerken, daß sie ihr ganzes Leben lang diese Geschichte immer wieder erzählt hatten, stolz auf ihre Mütter, die Tür an Tür wohnten, zur gleichen Zeit ins Krankenhaus gebracht wurden und im Abstand von wenigen Sekunden ihre Söhne zur Welt brachten. Einer hell, einer dunkel. Sie feierten immer zusammen. Jahr für Jahr durfte Will die Kerzen auf dem gemeinsamen Geburtstagskuchen eine Minute vor Mitternacht anzünden. Eine Minute nach Mitternacht, wenn der letzte Tag des Monats angebrochen war, blies Jim sie wieder aus.
    Das erzählte Will begeistert, und Jim nickte schweigend. Der Vertreter las die Geschichte von ihren Gesichtern ab. Er war vor dem Gewitter hergelaufen, aber hier zögerte er.
    "Halloway. Nightshade. Kein Geld in der Tasche, wie?" 
    Der Mann seufzte über seine eigene Gewissenhaftigkeit, öffnete die gewaltige Ledertasche und holte ein Ding aus Eisen heraus.
    "Ich schenk's euch. Warum? Weil der Blitz in eins von diesen Häusern einschlagen wird. Kein Blitzableiter – peng! Feuer und Asche, verkohltes Fleisch und glimmendes Holz. Da, nimm schon!" 
    Der Mann ließ den Blitzableiter los. Jim rührte sich nicht. Aber Will griff nach dem Eisenstück und schnappte nach Luft.
    "Junge, ist das schwer! So einen komischen Blitzableiter hab ich noch nie gesehen. Schau mal, Jim!" 
    Jim rekelte sich schließlich wie eine

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