Bisswunden
gefesselt und den Wagen vom Damm heruntergefahren.«
»Gütiger Himmel …«
»Nach einer Weile ist einer von ihnen nach unten getaucht und hat das Seil von Dr. Kirklands Händen abgenommen.« Pearlie beobachtet mich genau, während sie auf meine Reaktion wartet. »Du hast gesagt, dass du es wissen willst, Baby.«
»Hast du Großvater während dieser Sache irgendwann gesehen?«
»Nein. Ich weiß nur, was Jesse mir erzählt hat.«
Eine einzige Frage beherrscht meine Gedanken. »Hat er am Ende um sein Leben gebettelt?«
»Nein, Baby. Er hat die Männer beschimpft und verflucht, bis er mit dem Kopf unter Wasser war. Es war nichts Freundliches mehr in diesem alten Mann. Er verflucht wahrscheinlich den Teufel selbst, wenn er in der Hölle gelandet ist.«
Ich fühle mich plötzlich erschöpft.
»Was wirst du jetzt tun?«, fragt Pearlie.
»Ich weiß es nicht. Zuerst einmal abwarten, bis dieSchusswunde verheilt ist, schätze ich. Die andere könnte den Rest meines Lebens benötigen, um abzuheilen.«
»Ich meine wegen dem Haus. Malmaison.«
»Wie meinst du das?«
Pearlie zuckt die Schultern. »Na ja, es gehört doch jetzt dir.«
»Wie bitte?«
»Ich dachte, du wüsstest es. Dr. Kirkland hat immer gesagt, dass Miss Gwen nicht mal auf sich selbst Acht geben könnte, geschweige denn auf den Reichtum, in den sie geboren wurde. Das ist der Grund, aus dem Billy Neal dich so sehr gehasst hat. Du erbst alles. Das ganze Vermögen.«
Es dauert eine Weile, bis ich ihre Worte verarbeitet habe. Ich habe keine Ahnung, was alles zum Besitz meines Großvaters gehört, doch er muss riesig sein.
»Und? Was wirst du jetzt tun?«
»Alles verkaufen«, sage ich.
Pearlie gibt ein undeutliches Geräusch von sich. »Auch die Insel?«
»Warum nicht? Ich will sie nie wieder sehen.«
»Wenn du diese Insel verkaufst, Mädchen, dann haben die Leute, die dort unten wohnen, nichts mehr, wo sie hingehen könnten. Es gehört alles dir. Die Häuser, einfach alles. Sie sind nur Mieter.«
Einige Minuten lang huschen Bilder von der Insel durch meinen Kopf. Doch ich kann den Schmerz, der damit verbunden ist, einfach nicht ertragen. »Sie können sie haben, Pearlie. Die ganze verdammte Insel. Sie gehört sowieso ihnen.«
»Meinst du das im Ernst? Die Insel ist ein Vermögen wert.«
»Es ist mir vollkommen egal. Ich werde gleich die Anwälte beauftragen, die entsprechenden Papiere vorzubereiten. Du und Jesse, ihr könnt alles fair unter den anderen aufteilen. Mit Ausnahme von Louise Butler.«
Pearlie versteift sich. »Was ist mit Louise?«
»Louise bekommt die Lodge.«
Pearlie ächzt. »Das große Haus? Das ist nicht dein Ernst! Die anderen Frauen auf der Insel hassen Louise!«
»Es gehört ihr, Pearlie. Von diesem Augenblick an.«
Die alte Frau gibt eine Reihe von Geräuschen von sich, die ich nicht verstehe. Schließlich sagt sie: »Ich schätze, du weißt, was du tust.«
»Zum ersten Mal im Leben glaube ich es zu wissen, ja. Kannst du Michael irgendwo sehen? Ich möchte weg von hier.«
»Wir brauchen keinen Michael. Ich kann diesen Stuhl genauso gut schieben wie jeder Mann.«
Sie tritt hinter mich und packt die Griffe mit ihren kräftigen Händen. Während sie mich herumdreht, erhasche ich einen letzten flüchtigen Blick auf den Fluss, der breit und majestätisch im Regen liegt. Das Wasser dort draußen wird schon bald an DeSalle Island vorbeifließen, dann an Baton Rouge und schließlich an New Orleans, bevor es in den Golf von Mexiko strömt. Wo ich dann sein werde, weiß ich jetzt noch nicht. Doch die Kette von Elend und Unglück, durch die Generationen meiner Familie hindurch geschmiedet, ist endlich zerrissen.
Ich habe sie zerrissen.
Das ist so ungefähr der beste Neuanfang, den ich mir nur denken kann.
Pearlie schiebt mich zum Weg zurück, wo Michaels Wagen wartet. Als wir uns nähern, steigt Michael aus und winkt. Ich lege eine Hand auf meinen Unterleib und schließe die Augen. Es ist nicht die Wunde, die ich betaste, sondern eine Stelle tiefer unten. Ich brauche jetzt keinen Drink mehr. Ich brauche überhaupt nichts. Und zum ersten Mal im Leben habe ich das Gefühl, dass ich selbst entscheide, was ich will.
»Für dich wird alles anders werden«, flüstere ich leise und streichle behutsam über meinen Bauch. »Deine Mama weiß, was Liebe ist.«
Danksagungen
Z uerst möchte ich den Frauen und Männern danken, die offen über private Dinge mit mir gesprochen haben. Aus nahe liegenden Gründen werde ich ihre Namen an
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