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Bitte Einzelzimmer mit Bad

Bitte Einzelzimmer mit Bad

Titel: Bitte Einzelzimmer mit Bad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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über diesen nostalgischen Spaziergang gewundert. So etwas taten doch sonst nur alte Leute, wenn sie nach Jahrzehnten mal wieder in ihren Geburtsort zurückkehrten oder an die Stätte ihrer ersten Liebe, und in der Vergangenheit das suchten, was ihnen die Gegenwart vorenthielt. Plötzlich hatte sie lauthals lachen müssen und sich ausgemalt, wie sie als würdige Greisin in das Brombeergestrüpp kriechen würde, hinter dem sie damals ihren ersten Kuß bekommen hatte. Vierzehn war sie gewesen und Peter fünfzehn, ein Junge aus der Nachbarschaft, dessen Vater zwei Bäckerläden besaß und von Antonie Pabst schon aus diesem Grund wohlwollend betrachtet worden war. Sogar zu Tinchens fünfzehntem Geburtstag hatte sie ihn eingeladen, wo er sich zwischen den ganzen Mädchen etwas unbehaglich gefühlt hatte. Heute war er Tanzlehrer und absolut keine gute Partie, obwohl Frau Antonie noch eine Zeitlang darauf hingewiesen hatte, daß ihm dermaleinst ein respektables Erbe zufallen würde. Schließlich sei nicht jeder zum Bäcker geboren, schon allein das frühe Aufstehen sei äußerst lästig, und gut eingeführte Geschäfte könne man ja auch gewinnbringend verpachten. Tinchen hätten allenfalls die Torten interessiert, nicht aber der potentielle Erbe.
    »Hast du etwas Bestimmtes vor, oder weshalb sonst schleppst du mich ausgerechnet durch die Straßen, die ich schon alle kenne?« hatte sie gefragt, und Brandt hatte erwidert, daß es ihn erstaune, wenn sie nicht ähnliche Gedanken habe wie er. »Hier haben wir uns näher kennengelernt, und schon hier habe ich gemerkt, daß du ein liebenswerter, entzückender Kerl bist, den man nicht mehr von seiner Seite lassen sollte.«
    Der entzückende Kerl war feuerrot geworden. »Aber warum hast du dann damals den ganzen Tag so unverschämt mit Lilo geflirtet?«
    »Weil ich wissen wollte, ob du eifersüchtig wirst«, hatte er lächelnd geantwortet. »Das bist du ja auch prompt geworden.«
    Lauthals hatte sie protestiert: »Blödsinn! Ich war überhaupt nicht eifersüchtig. Ich fand es bloß unfair, daß du mit zwei Frauen herumziehst und dich nur um eine kümmerst.«
    »Also doch eifersüchtig?«
    »Nicht im geringsten! Damals habe ich dich für einen eingebildeten Affen gehalten und für einen Gigolo.«
    »Und heute?«
    »Nehme ich den Gigolo zurück!« hatte sie lachend gesagt. Der nostalgische Trip war weitergegangen. Kurz vor Portofino hatte Brandt wieder an derselben Stelle angehalten, von der aus sie an jenem Tag auf den Ort geblickt und sich vorgenommen hatten, irgendwann einmal wiederzukommen. Nur war es diesmal gar nicht romantisch gewesen. Der kleine Parkplatz war fast aus den Nähten geplatzt, hupende Autos hatten sich gegenseitig den Weg versperrt, und Tinchen hatte belustigt festgestellt: »Jeder will zurück zur Natur, aber keiner zu Fuß.«
    Nun hockten sie hierin diesem trübseligen kleinen Café und wußten nicht, was sie sagen sollten. Tinchen litt schon ein bißchen unter Abschiedsschmerz, und Brandt sah auch nicht gerade aus, als ob er sonderlich glücklich sei. Dabei hatte er sich fest vorgenommen, heute endlich die Entscheidung herbeizuführen. Nur – wie sollte er am besten anfangen?
    »Weißt du schon, was du in Zukunft machen wirst, Tina?«
    Das hatte sie sich auch schon überlegt. »Keine Ahnung. Zunächst mal ein bißchen ausspannen. Ich muß mich ja erst wieder akklimatisieren. Meine Mutter hat geschrieben, daß beim letzten Herbststurm die halbe Regenrinne heruntergekommen ist. In Düsseldorf heizen sie schon fleißig, und ich renne hier im Sommerfähnchen herum.« Sie schmunzelte. »Kein Wunder, daß am Mittwoch noch einmal ein beachtlicher Schwung Gäste eingetrudelt ist. Die glauben sicher, daß sich Herbstlaub bei dreiundzwanzig Grad im Schatten hübscher verfärbt als zu Hause im Garten.«
    »Willst du wieder in deine Zeitungsredaktion zurückgehen?«
    »Ich glaube kaum, daß die dort auf mich warten. Irgendwie habe ich auch keine rechte Lust mehr. Acht Stunden täglich eingesperrt zu sein, stumpfsinnige Briefe zu schreiben und literweise Kaffee zu kochen … das kann ich mir einfach nicht mehr vorstellen. Vielleicht komme ich doch auf Dennhardts Angebot zurück und lasse mich für die kommende Saison anheuern. Die dauert nur vier Monate, und im Winter bin ich sowieso noch nie verreist.«
    Brandt richtete sich auf. Mit einem beinahe hypnotischen Blick, der Tinchen ein bißchen an die Kuhaugen von Rumpelstilz erinnerte, zwang er sie, ihn anzusehen.

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