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Bitteres Geheimnis

Bitteres Geheimnis

Titel: Bitteres Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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was nicht normal ist. Glaubst du, daß das sein kann?«
    Lucille schüttelte hastig den Kopf. »Aber nein, ganz bestimmt nicht. Paß mal auf, sie wird sicher ein niedliches kleines Mädchen.«
    »Obwohl sie zu früh kommt?«
    »Aber ja. Mach dir jetzt keine Sorgen, Schatz. Hör zu, ich geh jetzt mal in die Küche und setze Wasser auf. Ich weiß nicht, wozu, aber das tun sie in Büchern und in Filmen immer.«
    Als Lucille aufstand, schloß Mary die Augen. Sie fühlte sich sehr leicht, fast wie berauscht, und ließ sich in diese euphorische Welt hineinsinken.
    Als einige Minuten später ihre Mutter zurückkam und sich wieder zu ihr aufs Bett setzte, sagte sie mit träger Stimme: »Mutter, ich hatte eben eine Erinnerung - oder war es ein Traum? Ich weiß nicht.« Sie hielt die Augen geschlossen. »Ich bin in einem Kinderbett, und es ist dunkel im Zimmer. Von nebenan höre ich Stimmen. Ich höre eine Frau weinen. Sie schreit: >ich will nicht sterben.< Und dann spricht ein Mann, aber ich kann nicht verstehen, was er sagt. Mutter - warst du das?«
    »Du warst damals vier«, sagte Lucille leise. »Und wir wohnten noch im anderen Haus.«
    »Was war denn da los?«
    Lucille sah ihre Tochter an, während sie sprach. »Ich hätte nie Kinder bekommen sollen, Mary Ann. Das sagten mir die Ärzte schon, als ich dich erwartete. Du warst eine sehr schwere Geburt. Ich lag achtundvierzig Stunden lang in den Wehen, und dann mußten sie doch einen Kaiserschnitt machen. Danach hatte ich Angst. Dein Vater und ich hielten nichts von Verhütung. Wir waren dagegen. Als ich dann wieder schwanger wurde, hatte ich schreckliche Angst.«
    »Und was passierte?«
    »Gott hat meine Gebete erhört. Nach Amys Geburt wurde meine Gebärmutter entfernt. Das war meine Rettung.« Lucille sah ihrer Tochter in die klaren blauen Augen und wurde innerlich ruhig, während sie sprach. »Weißt du, Mary Ann, ich konnte den Geschlechtsakt nie genießen. Ich nehme an, es lag an meiner strengen Erziehung. Die Kirche hat mich gelehrt, daß es sündig ist, im Zusammensein mit einem Mann Lust zu empfinden, auch wenn man verheiratet ist, und meine Mutter sagte immer, die Schwangerschaft sei Gottes Strafe für die Lust. Für mich bedeutete Enthaltsamkeit Freiheit von Leiden. Ach, ich weiß selbst nicht recht. lch hatte Angst vor der Sexualität. lch liebte deinen Vater, Mary Ann, und ich glaube, ich begehrte ihn auch, aber ...«
    Lucille senkte den Kopf. »Als ich die Totaloperation hatte, war ich froh. Ich war unglaublich erleichtert. Nicht nur daß ich nun keine Kinder mehr bekommen konnte, sondern ich fühlte mich auch von der Pflicht des Geschlechtsverkehrs befreit. Pater Crispin erklärte uns nach meiner Operation, daß wir, dein Vater und ich, von nun an wie Bruder und Schwester zusammenleben müßten, und ich war froh darüber. lch brauchte keine richtige Ehefrau mehr zu sein. Aber ich hatte auch Schuldgefühle, Mary Ann. Ich liebte ja deinen Vater. lch liebte ihn sehr. Aber ich wollte nicht mit ihm schlafen. Ich denke, das ist der Grund, weshalb er sich von mir abgewandt hat. Männer haben nun einmal diese Bedürfnisse ...«
    Sie schnüffelte und wischte sich mit der Hand die Augen. »Ich glaube, ich sehe jetzt lieber mal nach, ob das Wasser schon kocht.«
    Das Haus strahlte im warmen Glanz der Weihnachtskerzen, und der würzige Duft von Lebkuchen zog durch die Räume. Den Erker schmückte ein hoher, wunderschöner bunt behängter Christbaum, aber auf dem Kaminsims stand auch eine alte Messingmenora zur Feier des Chanukka-Festes im Haus der Familie Schwartz bereit.
    Die beiden Männer saßen im Wohnzimmer und tranken Punsch, während Esther Schwartz in der Küche ein Blech mit Plätzchen nach dem anderen in den Herd schob.
    »Nun mach doch nicht so ein Gesicht«, sagte Bernie aufmunternd. »Seid fröhlich, und freuet euch ...«
    »Tut mir leid, Bernie. Mich bedrückt das.«
    »Natürlich, das verstehe ich. Aber es wird schon wieder werden. Sie macht bestimmt nur eine Phase durch.«
    Jason starrte auf den Watteschnee rund um den Christbaumständer. Gestern abend hatte Cortney angerufen und ihnen mitgeteilt, daß sie Weihnachten nicht nach Hause kommen würde. Sie wollte nach San Francisco ziehen, zu Freunden, die in Haight-Ashbury lebten. Sie wolle endlich das Leben kennenlernen, hatte sie erklärt. Penny hatte gewütet und getobt. Jonas war erst wie betäubt gewesen, dann hatte ihn eine tiefe Niedergeschlagenheit erfaßt. Er wußte, daß es ihm nicht gelingen

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