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Bitteres Rot

Bitteres Rot

Titel: Bitteres Rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruno Morchio
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einen Scheck über vierzigtausend Euro plus Spesen.«
    »Sicher, das war Ihr Pfand. Haben Sie sich also entschieden, ihn anzunehmen?«
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte ich. Und so war es auch.
    In diesem Augenblick öffnete sich die Tür. Der Chefarzt und ein Assistent traten heraus. Der Polizist sprang auf. Ich bat den Professor, mich kurz zu entschuldigen und eilte durch den Gang auf sie zu. Der Polizist musterte mich finster, doch als er sah, dass die Ärzte sich auch an mich wandten, entschloss er sich, seinen Widerstand aufzugeben. Das erste Mal in all diesen Tagen sah ich sie lächeln.
    »Gute Nachrichten«, sagte der Chefarzt, »die Patientin ist aus dem Koma erwacht und wir können jetzt eine Prognose wagen.«
    »Sie wird also überleben?« Meine Angst war mit Händen zu greifen.
    Das Lächeln verstärkte sich. »Nicht nur das, sie wird fast wieder so sein wie zuvor. Die kritische Phase ist überstanden.«
    |237| »Fast wie zuvor?«
    »Die Rehabilitation wird lange dauern. Sie braucht viel Geduld.«
    »Kann ich sie sehen?«
    »Wenn Sie ein Stündchen warten können, gerne.« Der Assistenzarzt klopfte mir auf die Schulter.
    »Und jetzt, wenn Sie erlauben   …«, der Chefarzt wandte sich zum Gehen. Der Polizist grunzte etwas, es klang wie ein Dankeschön. Dann schloss sich die Tür.
    Jasmine hatte es geschafft! In diesem Augenblick hätte ich die ganze Welt umarmen können, selbst den uniformierten Rambo, der diesen Glücksmoment mit mir teilte. Er nahm das Handy heraus, um Bericht zu erstatten.
    »Verständigen Sie Vicequestore Pertusiello?«
    Er antwortete nicht, bedachte mich lediglich mit einem genervten Blick. Er hatte die Nase voll.
    »Wenn Sie ihn anrufen, dann sagen Sie ihm doch, dass ich die Frau in etwa einer Stunde besuchen werde.«
    Wieder keine richtige Antwort, zumindest konnte ich seine Laute nicht verstehen. Er streifte den Ärmel seiner Uniformjacke etwas zurück, um einen Blick auf die Uhr zu werfen.
    Ich drehte mich zu Hessen um, der dieses Mal auf seinem Stuhl sitzen geblieben war. Er beobachtete mich, als ich glückstrahlend zu ihm zurückging.
    »Alles gut verlaufen, so scheint es.« In seiner Stimme lag ein Ton, den ich nicht einordnen konnte. War es Bedauern? Ich war nicht sicher.
    »Sie ist über den Berg.«
    »Oh, das freut mich für sie.« Ob sich das »sie« auf Jasmine bezog? Oder galt es mir?
    Ich setzte mich zu ihm und suchte vergeblich seinen Blick. Er hatte den Hut aus der Hand gelegt und starrte gegen die weiße Krankenhauswand. Was mochte in ihm |238| vorgehen? Liefen in seinem Kopf die gleichen bizarren Gedankenspiele ab wie bei mir?
    »Als ich hier ankam, wollte ich nichts als Rache. Und jetzt weiß ich nicht, was ich mit ihr anfangen soll.«
    Ich bemühte mich, seinen Gedankengängen zu folgen, obwohl die Worte der Ärzte noch in meinen Ohren nachhallten und meine Gefühle so gar nichts mehr mit Professor Hessen zu tun hatten.
    »Ich denke, ich werde den Scheck nicht zerreißen.« Ich zeigte auf die Tür zur Intensivstation. »Das Geld wird ihr helfen, sich ein neues Leben aufzubauen.«
    »Das freut mich für sie.« Dieses Mal war das »sie« nicht doppeldeutig. »Ich bin hierhergekommen, weil ich mich rächen wollte. Rache für den Tod meines Vaters, den diese Frau zu verantworten hat. Und zwar stellvertretend an ihrem Sohn, indem ich dafür sorge, dass er der bitteren Wahrheit über seine Mutter ins Gesicht sehen muss.«
    »Über unsere Mutter«, korrigierte ich ihn.
    »Ja, über unsere Mutter.« Er starrte auf seine Hände, die erneut begonnen hatten, den Hut zu kneten.
    Bleierne Müdigkeit zog mich wie ein Strudel in eine unendliche Tiefe, aus der es kein Entrinnen mehr gab. Der Gedanke an seinen nahen Tod war unerträglich. Würden wir noch Gelegenheit haben, uns auszusprechen, bei einer Pfeife und einer Flasche Lagavulin Erinnerungen auszutauschen? Denn auch wenn der Krieg einen tiefen Graben zwischen uns gezogen hatte, hatten Kurt Hessen und ich doch etwas gemeinsam: die Mutter.
    Sein Vater war Hauptmann der deutschen Wehrmacht und meiner ein kommunistischer Arbeiter, der unter dem Namen Biscia in der Gruppe von Comandante Olindo Grandi im Widerstand gekämpft hatte. Aber beide wurden wir von ein und derselben Frau geboren. Sie hieß Annamaria Clotilde Canepa, eine Frau mit rabenschwarzen |239| Haaren und ebensolchen Augen, eine Frau, der ihre Schönheit kein Glück gebracht, sondern für immer die Lebensfreude geraubt hatte.
    Das war das Erbe, das mir mein

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