Bittersüße Nacht - McLeod, S: Bittersüße Nacht - The Bitter Seed of Magic
stellte sich zwischen uns. »Ma’am, wir haben einen Glamour-Zauber bei dem Opfer entdeckt; es ist also sehr gut möglich, dass sie nicht menschlich ist …«
»Das weiß ich, Sergeant, und deshalb habe ich bereits einen Hexenzirkel damit beauftragt, die Zauber zu entfernen, ohne sie zu beschädigen. Immerhin sind sie Beweismaterial und müssen untersucht werden. Falls – und ich betone das Wort ›falls‹ – das Opfer nach der ordnungsgemäßen Entfernung der Zauber als ›nicht-menschlich‹ eingestuft wird, werde ich natürlich sofort die zuständigen Personen innerhalb der Fae-Gemeinde kontaktieren.«
»Die Hexen können frühestens in zwei Stunden hier sein, Ma’am, und die Zauber waren fließendem Wasser ausgesetzt«, bemerkte Hugh in neutralem Tonfall. Auf die Tatsache, dass seine Chefin gerade indirekt eingestanden hatte, ihm tatsächlich wichtige Informationen über diesen Fall vorenthalten zu haben, ging er mit keinem Wort ein. »Es besteht ein begründetes Risiko, dass sich die Zauber aufgelöst haben werden, wenn die Hexen endlich eintreffen. Ms Taylor dagegen kann sie sofort entfernen.«
»Sergeant, Ihre Einwände sind zur Kenntnis genommen, aber ich möchte mich in diesem Fall streng an die gesetzliche Vorgehensweise halten. Bitte sorgen Sie dafür, dass Ms Taylor sich vom Tatort entfernt.«
Wütend darüber, wie sie Hugh behandelte und wie beiläufig sie die Tote abtat, und fest entschlossen, ihre Ausweichmanöver nicht länger zu dulden, was immer auch der Grund dafür sein mochte – und einfach deshalb, weil ich die Zicke nicht ausstehen konnte –, trat ich hinter Hughs breitem Rücken hervor und trat dicht vor sie, so dicht, dass ich ihr teures blumiges Parfüm riechen konnte und mir der dicke Saphir, den sie an einer Kette unter ihrer hellblauen Bluse trug, selbst ohne dass ich hinschaute , wie eine Festreklame ins Auge stach. Was für einen Zauber hatte sie da bloß drin, Teufel noch mal? Sicher etwas gegen Vampire. Ihre Phobie hätte bei unserer ersten Begegnung beinahe dazu geführt, dass mich einer der Blutsauger anknabbert. Aber das wollte sie ja, die Hexenzicke.
Ich hielt meinen Firmenausweis hoch. »Inspector Crane, ich weiß, wir sind nicht immer einer Meinung« – die Untertreibung des Jahres – »aber wie Sie wissen, bin ich bei Spellcrackers.com beschäftigt, und Scotland Yard hat uns schon des Öfteren konsultiert. Sie selbst haben uns bereits mehrmals engagiert« – nun gut, natürlich nicht mich, aber Finn, meinen Boss, ihren Ex, der jetzt … tja, schwer zu beschreiben. Wenn es nicht so altmodisch klänge, würde ich sagen, der mir den Hof machte. Und wenn dieser Fruchtbarkeitsfluch nicht wie ein Damoklesschwert über mir hängen würde, hätte ich ihn ja vielleicht sogar erhört, denn er ist ungeheuer sexy … Genug abgeschweift. »Wenn Sie also sagen, dass Sie sich in diesem Fall an die ›gesetzliche Vorgehensweise‹ halten wollen, so hätten Sie umso mehr Grund, mich hinzuzuziehen.«
»Ms Taylor« – sie holte tief Luft, um nicht zu explodieren – »bis ich die Genehmigung dazu erhalten würde, Sie zu engagieren, hätten die Hexen ihre Arbeit hier längst erledigt.«
Das war eine noch lahmere Ausrede als das mit der »gesetzlichen Vorgehensweise«. Ich wedelte mit meiner ID-Card und leierte unseren Standardsatz herunter: »Spellcrackers.com – Wir knacken jeden Zauber! – und zwar mit Garantie. Wenn Sie nicht zufrieden mit dem Ergebnis sind, müssen Sie auch nicht bezahlen.«
Mir persönlich war es ziemlich egal, ob ich nun Geld von ihr bekam oder nicht; ich hatte heute sowieso frei, und das Entfernen der Zauber kostete mich nicht mehr als ein paar Minuten meines freien Tages. Nein, es ging nicht ums Geld, es ging um den Fluch. Wenn der Tod dieses Mädchens irgendwas damit zu tun hatte, dann wollte, nein musste ich das wissen. Und davon würde ich mich diesmal nicht von ihr abhalten lassen.
»Sie wissen sehr wohl, dass wir eine Erfolgsgarantie versprechen«, fuhr ich energisch fort, »gar nicht zu reden davon, dass meine Dienste um ein Wesentliches billiger sind als ein ganzer Zirkel erfahrener Hexen – und dagegen kann Ihre Budgetabteilung ja wohl nichts haben«, sagte ich zuckersüß.
»Es wäre zu gefährlich«, entgegnete sie mit schmalen Lippen. »Es könnte eine Falle sein.«
Ich lachte. Das war wohl das Blödsinnigste, was sie bisher gesagt hatte. »Ach bitte, Sie wollen mir doch nicht weismachen, dass Sie sich um mich sorgen, Inspector Crane?«
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