Bittersueße Sehnsucht
konnte nicht in mein Zimmer, in dem ich mich vor ein paar Tagen noch mit Ryan zwischen den Laken meines Bettes gewälzt hatte. In dem Bett, in dem ich in seinen Armen geschlafen hatte. Ich lag einfach nur da und weinte, bis meine Augen schmerzten und mein Gesicht komplett verschwollen war. Ich weinte, bis ich keine Kraft mehr dazu hatte. Erschöpft lauschte ich meinem Herzschlag und fiel in einen unruhigen Dämmerschlaf.
Erkenntnisse
Neben meinem Kopf begann es zu brummen. Für einen kurzen Moment wusste ich nicht, wo ich war. Benommen versuchte ich, meine schmerzenden, verquollenen Lider zu öffnen. Das grelle Tageslicht schien erbarmungslos durchs Fenster und ich stöhnte. Wieder ertönte das summende Geräusch. Ich wandte den Kopf und blickte auf meinen Nachtisch, auf dem mein Handy langsam Richtung Abgrund rutschte. Mein Arm fühlte sich an, als hätte man ihn mit Blei gefüllt, als ich ihn anhob und nach meinem Telefon griff.
Als ich sah, wer versuchte, mich zu erreichen, schnürte es mir die Kehle zu und meine Augen begannen zu brennen. Ich versuchte vergeblich, den wachsenden Kloß in meinem Hals hinunterzuschlucken, und ließ meine Hand kraftlos sinken. Während ich die aufsteigenden Tränen unterdrückte, erfolgte ein weiteres, kurzes Brummen. Zischend sog ich Luft ein, und überlegte, ob ich die eingegangene Nachricht lesen, oder sofort löschen sollte. Aber vielleicht war sie auch von Laura, oder Jan, die sich vermutlich große Sorgen um mich machten.
Ich setzte mich halb auf und starrte auf das Handydisplay. Wem wollte ich etwas vormachen? Natürlich war die SMS von Ryan. Ich biss mir auf die Lippe, bis es schmerzte, als ich seine Worte las:
Was zum Teufel ist los?! Du verschwindest einfach, ohne etwas zu sagen und gehst nicht an dein Handy! Wir wollten morgen Vormittag wegfahren, weißt du das noch? Was bitte ist in dich gefahren?
Ich stieß ein verächtliches Schnauben aus. Die Frage war wohl eher, in wen war er gefahren?!
Die Erinnerungen an gestern Abend nahmen mir die Luft zum atmen. Stille Tränen liefen über meine Wangen und ich sank zurück ins Bett. Ich wickelte mich wieder in die Decke ein, die so vertraut und tröstend nach Paps roch. Ich fühlte mich, wie ein kleines Kind, schutzlos und nackt. Doch niemand war da, der mich in den Arm nahm, mir tröstende Worte zuflüsterte. Meinen Vater wollte und konnte ich nicht anrufen. Es würde ihn viel zu sehr aufregen, und außerdem konnte er mit meinem Kummer einfach nicht gut umgehen. In solchen Situationen wurde mir schmerzlich bewusst, wie sehr mir meine Mutter fehlte. Schluchzend zog ich die Decke noch fester über mich und schloss die Augen.
Es war das nicht enden wollende Läuten der Türglocke, das mich weckte. Verwirrt richtete ich mich auf. Draußen war es dunkel und ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Schnell griff ich nach meinem Smartphone und sah auf die Ziffern der Uhr. Es war zehn Uhr abends. Ich hatte den ganzen Tag verschlafen. Im nächsten Moment schrillte es schon wieder. Du meine Güte! Ich betete, dass es nicht Ryan war, der Sturm klingelte.
Zitternd griff ich nach meinem Handy und schob es in die Tasche des Bademantels, den ich mir übergeworfen hatte. Langsam schlich ich die Treppe hinunter, als das Läuten in Klopfen überging. „Mila! Du machst jetzt sofort auf, oder ich rufe deinen Vater an!“ Lauras aufgebrachte Stimme drang gedämpft in den Flur. Vor Erleichterung spürte ich einen Stich im Magen. Zwar würde ihr Besuch sicher auch nicht angenehm werden, aber zumindest musste ich Ryan nicht in die Augen sehen. Ich schlurfte zur Tür und öffnete.
Laura sah aus, als hätte sie ihre Drohung wirklich wahr gemacht. Ihre Miene war entschlossen und tadelnd und sie hielt ihr Handy fest umklammert. Doch anscheinend war mein Anblick mehr als erbarmungswürdig, denn sie schürzte die Lippen und zog die Brauen nach oben. „Oh Gott! Da komme ich aber keine Minute zu früh!“ Ohne abzuwarten trat sie an mir vorbei und baute sich vor mir auf. „Könnest du mir bitte mal erklären, was gestern los war? Hast du eine Ahnung, was wir uns für Sorgen gemacht haben. Ryan war total außer sich!“ Bei ihren Worten wurde mir übel und offenbar sah man mir das an, denn Laura kniff die Augen zusammen und stellte ihre Tasche ab. „Alles klar, dann weiß ich ja jetzt schon mal, um wen es geht!“, stellte sie nüchtern fest, griff mich am Arm und schob mich energisch in die Küche. „Setz dich, ich werde dir jetzt
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