Bittersueße Sehnsucht
ab und lief einfach los. „Mila…warte…ich…bitte!“, verhallte Ryans Stimme in meinen Ohren. Doch gekränkt, wie ich war, stolperte ich einfach vorwärts. Ich konnte und wollte ihm nicht mehr unter die Augen treten.
Der Kies knirschte unter meinen Schuhen, doch durch meinen Tränenschleier verschwamm meine Umgebung zu braunen und grünen Farbklecksen. Plötzlich verloren meine Füße den Halt, auf dem unebenen Untergrund. Ich stürzte, fiel seitwärts über einen Felsbrocken und schaffte es gerade noch, mich an einer Wurzel festzuhalten.
Keuchend klammerte ich mich fest, während sich in meinem Knöchel ein pochender Schmerz ausbreitete. Ich hing über einem steilen Abgrund und versuchte verzweifelt, nach oben zu gelangen. Doch langsam ließ die Kraft in meine Armen nach. Ich wollte gerade panisch um Hilfe schreien, als über mir zwei Gesichter erschienen. Im ersten Moment, war ich mir nicht sicher, ob ich einen Schock erlitten hatte und mir mein Gehirn nur einen Streich spielte, doch dann sah ich, wie Kirsten sich zu mir hinunterlehnte und nach meinem Arm griff. Ich fühlte ihre warme Hand auf meiner Haut und wusste, es war real. Anscheinend waren mir die beiden gefolgt.
Sie wandte den Kopf zu Ryan um. „Schnell! Hol Hilfe! Ich kann sie nicht mehr lange halten!“, schrie sie ihm zu und sein Gesicht verschwand. Ich grub meine andere Hand tief in die kalte, feuchte Erde und versuchte verzweifelt, darin Halt zu finden.
„Kirsten…bitte, versuch mich hochzuziehen…ich…rutsche immer mehr ab!“, presste ich schnaubend hervor und wagte es kaum, an meinen Füßen vorbei, hinunterzusehen. Die Muskeln meiner Arme brannten wie Feuer und meine Fingerspitzen fühlten sich taub an.
Sie musterte mich einen Moment lang stumm. Dann spürte ich, wie sich der Griff um meinen Arm langsam lockerte.
Panisch blickte ich nach oben. „Kirsten…bitte!“ Ich war der Meinung, dass sie keine Kraft mehr hatte, mich zu halten. Doch dann sah ich das kurze Lächeln, das um ihre Mundwinkel zuckte und sofort wieder verschwand, während ihre Augen ganz dunkel wurden. Ich bekam Panik und schüttelte angsterfüllt den Kopf. „Nein…bitte…tu das nicht!“ Wieder trat ein diabolisches Lächeln in ihr Gesicht. Und dann - ließ sie los.
Mit einem Schrei, der von den Felswänden widerhallte, rutschte ich nach unten, während über mir Kirstens gespielt hysterische Stimme ertönte. „Ich konnte sie nicht mehr halten…oh Gott!“
Das war das Letzte, was ich vernahm, bevor sich alles um mich herum drehte und ich einen dumpfen Schlag auf meinem Kopf verspürte. Mit einem Pfeifen entwich Luft aus meinen Lungen. Mir wurde schwarz vor Augen und ich begrüßte fast dankbar, die Dunkelheit, die sich über mich legte und mir die höllischen Schmerzen nahm, die durch meinen Körper pulsierten.
***
Meine Lider waren so schwer, ich schaffte es einfach nicht, sie zu öffnen. Was um mich herum geschah, schien so weit weg. Da waren Schritte, ein stetiges Piepsen und murmelnde Stimmen, die ich allerdings nicht verstand. Der Nebel, der sich über meinen Verstand gelegt hatte, ließ kaum etwas zu mir durchsickern. Angestrengt atmete ich aus und gab es auf, meine Augen öffnen zu wollen. Ich ließ mich zurücksinken in die dunkle Stille, in der es so viel angenehmer war. Dort empfand ich wenigstens keine Schmerzen oder Furcht.
Doch vor meinem inneren Auge lief ständig derselbe Film ab. Wie eine Schallplatte, die in der Endlosschleife hängt. Immer wieder tauchte Kirstens Gesicht vor mir auf. Ihre böse funkelnden Augen, die mich voller Hass durchbohrten und im gleichen Moment das diabolische Lachen, welches sich an meinem sicher scheinendem Tod erfreute. Dann raste unaufhaltsam der Boden auf mich zu.
Ich sog scharf Luft ein und öffnete ruckartig meine Augen. Mit einem Schrei fuhr ich aus den Kissen hoch. Sofort begann es neben mir schrill zu Piepsen. Schweißperlen traten aus jeder meiner Poren, als die Tür aufflog und jemand mit besorgtem Gesicht auf mich zugestürmt kam. „Frau Schwarz…ganz ruhig. Sie sind im Krankenhaus. Es wird alles wieder gut!“ Eine Hand packte mit festem Griff meinen Arm und drückte mich zurück in die Kissen. Ein stechender Schmerz bohrte sich in meine Armbeuge und wenige Sekunden später wurden meine Glieder schwer wie Blei. Ich versuchte noch meine Hand auszustrecken, doch mein Körper gehorchte mir nicht mehr. Langsam senkten sich meine Lider und eine erzwungene Ruhe breitete sich stetig in meinem
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