Bizarre Beziehungen - V 1.0
Betreibern - Chaffri oder Ren.«
»Dennoch«, hielt Clive entgegen, »sind die Geheimnisse des Lebens und des Todes Dinge, mit denen man nicht leichtfertig umspringen sollte. Sobald ein Folliot einmal gestorben ist und von mechanischen Apparaten wieder ins Leben zurückgerufen wird - ist er dann wirklich lebendig? Kann der göttliche Funke erneuert werden, sobald er abgetrennt wurde, oder besitzt der erneuerte Folliot lediglich den Anschein des Lebens? Ist er wieder ein Mensch, ein Abbild Gottes, oder ist er das, was die Einwohner von Haiti einen Untoten, einen Zombie, nennen?« Clive erschauderte.
Sidi Bombay hob die Schultern und hielt sie in einer seltsamen Geste oben. »Wer kann das sagen, Clive Folliot? So lange niemand dieses seltsame Phänomen erlebt, den Tod und die Wiedererweckung zum Leben - wie kann man's wissen? Und noch etwas: Das ist das große Paradoxon des Ordolit-Vorgangs: Sobald das Blut einmal gespendet wurde, kann es dazu benutzt werden, eine große Anzahl Ordolit-Leoparden zu versorgen.«
»Dann nehme ich an«, sagte Clive, »daß derselbe Folliot dazu genötigt werden kann, Leben und Blut immer und immer wieder zu spenden. Auf diese Weise könnten ganze Armeen von Ordolit-Leoparden geschaffen werden.«
»Vielleicht, Sör«, sagte Horace Smythe. »Vielleicht. Und dennoch, wenn der geopferte Folliot als Zombie und nicht als wirklicher Mensch wieder erschaffen wird - könnte dann sein Blut unbrauchbar geworden sein? Hm, Sidi Bombay?« Er wandte sich lächelnd an den Inder. »Ein weiteres Rätsel für dich, nicht wahr?«
Clive durchfuhr ein Schauder. Er hatte sie lange genug mit seiner Fragerei aufgehalten. Er kletterte in den Wagen, gefolgt von Sidi Bombay und Horace Hamilton Smythe. Sergeant Smythe schob die durchsichtige Tür zu. Die drei Männer saßen auf einer Polsterliege. Sie war fast identisch mit der Liege in dem anderen Wagen. Er fragte sich, ob sich unter dieser Liege gleichfalls ein Waffenversteck befand.
Geführt von der ruhigen Hand Sidi Bombays glitt der Wagen von der Plattform und schob sich zischend und sanft in einen schwarzen Tunnel. Lichtflecken huschten vorüber, klein wie Atome und leuchtend wie eine flak-kernde Kerze. Leuchtpaneele wischten so verwirrend rasch an ihnen vorüber, daß es unmöglich war zu entscheiden, ob es sich um strahlende Flecken handelte, die lediglich zentimeterweit entfernt waren, oder um Millionen von Kilometern von der Erde entfernte Sternennebel.
Der Wagen schaukelte von einer Seite zur anderen und hob und senkte sich ohne Warnung, und Clive drehte sich der Magen um. Er spähte durch die glasähnlichen Wände des Wagens und versuchte, die verschiedenen Formen im Tunnel zu unterscheiden. Von Zeit zu Zeit schien es so, als teilte sich die Spur, und Clive sah Wege, die in unergründliche Richtungen wegführten.
Tunnel, die ... wohin führten? Das Bewußtsein verknotete sich beim Versuch sich vorzustellen, welch wunderbare Städte oder Abgründe des Schreckens am Ende dieser Wege liegen mochten.
»Sind wir noch immer unterhalb Londons?« wollte Clive wissen.
»Nur noch kurze Zeit, Sör!« rief ihm Horace über die Schulter zu.
»Und dann, Sergeant Smythe?«
»Tun wir, was der Major tun wollte, Sör. Wir nehmen Kurs auf die Heimat der Gennine.«
Trotz Horace Smythes Worten fiel der Wagen jedoch weiterhin durch pechschwarze Tunnel, die regelmäßig von Lichtpunkten und -flecken erhellt wurden.
Als Clive einmal einen Blick hinunter in einen Seitentunnel erhaschte, sprang er vor Erstaunen auf. »Sergeant! Sidi Bombay! Ich könnte schwören, daß ich einen Eisenbahntunnel sah, voll mit Londoner Eisenbahnwaggons und gutgekleideten Reisenden!«
»Der Major hat recht«, verkündete Sidi Bombay lakonisch. »Es ist noch gar nicht lange her, da wurde die Londoner Untergrundbahn erbaut. Ich selbst hab mir meine Groschen und Pfennige im Schweiße meines Angesichts verdient, indem ich eine Haue bei diesem Unternehmen schwang«, fügte er lachend hinzu.
»Das Projekt hatte kaum begonnen, als ich die Metropole damals verließ.«
»Und es ist noch nicht beendet, Clive Folliot.«
»Trafen diese Arbeiter niemals auf dieses - dieses andere Netzwerk von Tunneln - irrtümlich?«
»Mehrmals.«
»Dann müssen alle Londoner von der Gesellschaft zur Förderung der Universellen Nachbarschaft Kenntnis besitzen - und von den Chaffri und den Ren!«
»Nicht im geringsten, Major. Wir sprachen zuvor von erbitterten Feinden, die dabei miteinander kooperieren, was sie
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