Bizarre Beziehungen - V 1.0
umwaberte, als er auf den Steinstufen vor du Mauriers Haus stand -und ihm ging erst jetzt auf, wie groß und prachtvoll eingerichtet dieses Haus war -, war wie ein alter Freund, der ihn daheim in England willkommen hieß. Die geisterhaft leuchtenden Gaslaternen am Straßenrand und die erleuchteten Fenster blickten wie freundliche Augen. Die Pflastersteine unter den Stiefeln fühlten sich behaglich und vertraut an.
Er setzte sich die Militärmütze auf den Kopf und schlenderte zur nächsten Kreuzung. Zum erstenmal musterte er sein Äußeres, und es war völlig in Ordnung. Er trug sogar einen Zeremoniensäbel in einer Scheide am Gürtel sowie einen Geldbeutel um den Leib, gefüllt mit dem gegenwärtigen Zahlungsmittel. Trugen die Offiziere Ihrer Majestät im Jahr 1896 die gleiche Uniform wie im Jahre 1868? Clive lächelte beim Gedanken an einen Mann aus dem Jahr 1836, der im Jahr 1868 zum Appell anträte. Erschiene er wie eine Gestalt aus der Vergangenheit, würde er Neugier und Gelächter begegnen ... Aber das war im Vergleich zu den Problemen, denen er sich bisher ausgesetzt gesehen hatte, ein kleines Problem.
Von der Kreuzung führte eine Straße weg, die Clive vage vertraut war. Er war sicher, früher schon einmal hiergewesen zu sein, aber die Gebäude hatten sich offensichtlich verändert.
Natürlich! wurde ihm überrascht klar. Im Verlauf von achtundzwanzig Jahren waren die Georgianischen Gebäude abbruchreif geworden, und von Habsucht getriebene Spekulanten hatten sie gekauft, damit sie abgerissen und von den Geschmacklosigkeiten ersetzt würden, die neue und sich klüger dünkende Generationen als elegant betrachteten.
Clive schlenderte umher, und das Herz füllte sich mit quälenden Erinnerungen. Für einen Augenblick dachte er daran, Plantagenet Court aufzusuchen. In der Hoffnung, einen Blick auf Annabella Leighton zu erhaschen. Aber er wußte, daß sie nicht mehr dort war. Sein Nachkömmling Annie hatte ihm die Geschichte ihrer Familie erzählt, und er war sich bewußt, daß Annbella die Hoffnung auf seine Rückkehr aufgegeben hatte, weil er dem Kind, das er ihr hinterlassen hatte, seinen Namen nicht geben würde. Sie hatte sich längst in die Neue Welt aufgemacht. Nun, er könnte jetzt schon Großvater sein!
Er schlenderte weiter, erreichte den Eingang zu einer U-Bahn-Station und dachte kurz daran, einen Zug zu nehmen, der ihn zu einem größeren Bahnhof brächte. Aber er fürchtete sich davor, etwas derartiges zu tun. Es war zu sehr so, als beträte er erneut das Dungeon.
Er schauderte und schritt vorüber.
Er hatte angesichts der fremden Architektur des modernen London die Orientierung verloren, und als er auf dem Weg vor sich ein hellerleuchtetes Fenster erblickte und die Wirtshausgeräusche aus dem Innern vernahm, ging er zu der Gaststätte hinüber.
Wie spät war es? Es war bereits völlig dunkel gewesen, als er in du Mauriers Wohnung angekommen war, aber wenn man die Jahreszeit berücksichtigte -er war sich nicht einmal der Jahreszeit bewußt! -, mochte die Nacht irgendwann zwischen fünf Uhr nachmittags und acht Uhr abends einbrechen. Und wenn er die Zeit bei du Maurier und Madame Mesmer berücksichtigte, mochte es noch immer irgendwann zwischen einer frühen und angemessenen Stunde bis hin zur Zeit kurz vor der Morgendämmerung sein.
Sicherlich deuteten die ruhigen und völlig verlassenen Straßen, die er durchwandert hatte, darauf hin, daß es in der Tat sehr spät war.
Er stand vor einem erleuchteten Fenster und blickte hinein. Ihm fiel auf, daß sich während seiner Wanderung die Umgebung geändert hatte, und er befand sich jetzt in einem Viertel der Arbeiterklasse, nicht weit entfernt von den West India Docks.
Eine weitere Ironie! ging ihm auf. Denn er war an jenem frühen Morgen des Jahres 1868 von den West India Docks aus an Bord der Empress Philippa gegangen. Wo befanden sich jetzt der Kapitän und die Mannschaft des Schiffs? Wo die übrigen Passagiere, eingeschlossen den rätselhaften Mandarin, der sich als sein ehemaliger Bursche, Quartiermeister Sergeant Horace Hamilton Smy-the, entpuppt hatte, sowie das Trio Philo B. Goode und Amos und Lorena Ransome?
Er schwang die Tür des hellerleuchteten Gasthauses auf und stolperte fast bei der Lautstärke und der Intensität des Lichts, des Lärms und der Geräusche, die ihn überfielen. Er war ganz offensichtlich in eine Spelunke der unteren Klasse geraten und zögerte nun, weil er es eigentlich für das beste hielt, hastig den Rückzug
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