Black Cats 01. Was kostet der Tod
Funkgerät nicht mehr Vertrauen schenkte als einem Autohändler, schaltete sie es auf dem Weg in die Innenstadt ein. Der Lausprecher knackte, und dann war tatsächlich eine Stimme zu hören.
»Sheriff? Hören Sie mich? Over.«
Sie tastete nach dem Hörer, gespannt, was nun folgen würde. »Schießen Sie los, Connie. Over.«
»Können Sie beim Donut-Laden halten und ein rundes Dutzend mitbringen? Ich hatte keine Zeit. Over.«
Ein Donut-Notfall. Schnell Verstärkung anfordern. Mit einem Seufzer murmelte sie: »Verstanden«, und bog ab. Donuts für die Deputys. Wenn es nicht so schrecklich allen Klischees entspräche, wäre es fast lustig.
Aber als sie auf dem fast leeren Parkplatz vor dem Donut-Laden hielt und durchs Schaufenster blickte, verging ihr das Lachen. Im Verkaufsraum stand die Tochter des Besitzers und machte einen nervösen, ängstlichen Eindruck.
Um sie herum standen drei junge Burschen.
Stacey erkannte sie sofort. Einer war der König der Rowdys an der Highschool von Hope Valley, die anderen beiden seine Football-Kumpels. Über die zwei Handlanger machte Stacey sich keine Sorgen. In zehn Jahren würden sie verheiratet sein, Kinder haben, im Sägewerk arbeiten und sich am Wochenende besaufen, während sie ihre Bierbäuche kraulten und über die alten Zeiten schwatzten.
Aber ihr Anführer, Mike Flanagan, war ein mieser Rabauke. Rotzfrech und ohne jeden Respekt vor Autorität. Stacey hatte ihn schon mehrmals festgenommen. Er würde entweder im Gefängnis landen – oder beim Militär, wo er anderen rechtmäßig Leid zufügen durfte. Darin war er ganz groß.
Das alles wurde nicht dadurch besser, dass sein großer Bruder Mitch sich irgendwann gefangen, seine gewalttätige Vergangenheit hinter sich gelassen und die entgegengesetzte Richtung eingeschlagen hatte. Jetzt war er Staceys Stellvertreter und ihr bester Mann.
Warum mussten Brüder so eine Plage sein? Verdammt, sie wollte Mitch nicht anrufen und ihm sagen müssen, dass sie seinen kleinen Bruder verhaftet hatte. Mal wieder.
»Du wolltest ja, dass etwas passiert«, hielt sie sich selbst vor, als sie aus dem Auto stieg und ihren braunen, breitkrempigen Hut aufsetzte.
Ihre Stiefel knirschten auf dem kiesbedeckten Parkplatz, und ihre Fingerspitzen ruhten locker auf dem kurzen, stumpfen Schlagstock an ihrer Hüfte, während sie entschlossen, aber ohne Hast auf den Eingang zuschritt. Aufmerksam ließ sie den Blick über das kleine Gebäude schweifen. Durch die Schaufenster an der Frontseite konnte sie genau sehen, wer sich wo aufhielt. Ein Kunde saß am Tresen, hatte den Jugendlichen den Rücken zugekehrt und kriegte die ganze Angelegenheit nicht mit. Oder er war einfach ein verdammter Feigling. Sonst war niemand zu sehen. Als das Mädchen Stacey entdeckte, verriet die Erleichterung auf ihrem Gesicht den Ernst der Lage. Während sie die Tür aufstieß, beobachtete Stacey, wie die Störenfriede sich unwillig umdrehten. Dann sahen sie, wer hereingeplatzt war, und erbleichten.
»Ist es nicht ein bisschen früh, um Ärger zu machen, Jungs?«
»Hier gibt’s keinen Ärger, Sheriff. Ma’am.« Flanagan. Die arrogante kleine Rotzgöre legte doch tatsächlich grüßend einen Finger an die Schläfe. »Nur nette, wohlerzogene Jugendliche. Stimmt’s, Leute?«
Mikes Standardspruch, wann immer er etwas ausheckte. Seine beiden Freunde waren so klug, den Mund zu halten.
»Cara, alles in Ordnung?«
Das Mädchen schaute zu den Jungs und wieder zurück. Stacey konnte ihre Antwort vorhersehen – schließlich war die Highschool ein raues Pflaster, und sie musste damit rechnen, dass ihr alles heimgezahlt wurde. »Mir geht’s gut. Mein Vater ist kurz bei der Bank und kommt jeden Augenblick zurück.«
Hm. Stacey fragte sich, ob die drei den Mann hatten gehen sehen und beschlossen hatten, sich einen bösen Spaß zu erlauben. Mike würde sie das zutrauen.
»Sehen Sie?«, sagte er. »Keine Probleme. Wir wollten uns nur auf dem Weg zum Training etwas zu essen besorgen.«
Sie bemerkte ihre Kleidung und vermutete, dass sie wohl wirklich auf dem Weg zum Sportplatz waren. In ein paar Wochen begann die Schule, und der Coach quälte seine Spieler schon jetzt in der Hitze. Vielleicht konnten sie dabei etwas von ihrer Aggressivität ausschwitzen. Das war jedenfalls zu hoffen.
Sie zeigte auf seine beiden Freunde. »Raus mit euch! Ab jetzt holt ihr euer Frühstück lieber woanders. Oder noch besser, bleibt zu Hause und lasst euch von euren Muttis Brote schmieren.«
Mike
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