Black CATS - Parrish, L: Black CATS
vorstellst.«
»Mag sein. Aber alles, was du bist, jede Entscheidung, die du je getroffen hast, war ein Ergebnis dieses einen schrecklichen Ereignisses.« Ohne ihn anzuschauen, fügte sie hinzu: »Und du kannst mir nicht verbieten, um dich zu weinen. Wenn ich will, darf ich das.«
Unddafür,fürdiesenWillen,schlossersieumsofesterinsHerz,auchwennerihrMitleidwirklichnichtbrauchte.AberLily,zärtlichundliebevoll,wiesiewar,empfandeseinfachfürihn.
Sie winkelte die Knie an, rollte sich zusammen und vergrub sich in seinen Armen. Wyatt zog sie fest an sich und spürte, wie sie bebte, während sie ihre stummen Tränen vergoss. Sie benetzten seine Brust, und er strich ihr übers Haar, tröstete sie und versicherte ihr wieder und wieder, dass es ihm gut ging, und zwar schon sehr lange.
Schließlich schlief sie wieder ein, immer noch in seinen Armen. Lange hielt er sie so, doch er wusste, diesmal würde sie so bald nicht mehr aufwachen, denn sie war körperlich und emotional völlig ausgelaugt.
Eigentlich hatte er sie nicht so sehr überanstrengen wollen. Er hatte ihr lediglich die Wahrheit erzählen wollen, weil sie ein Recht darauf hatte. Und wahrscheinlich auch, weil er sie warnen wollte. Was auch immer er für Lily empfand – und sie für ihn – , das musste noch lange nicht heißen, dass er jetzt sein Leben für sie auf den Kopf stellen würde. Er war ein in sich gekehrter Einzelgänger, dessen alleiniges Interesse seiner Arbeit galt und der es gewöhnt war, jegliche Empfindungen, die ihn zu schwächen drohten, im Keim zu ersticken. Er mochte keine Ablenkungen, wollte keine Verpflichtungen.
Nur weil er sich in sie verliebt hatte, bedeutete das nicht, dass sich daran etwas ändern würde. Er würde mit dieser Liebe einfach genau das machen, was er mit all den anderen Gefühlen gemacht hatte, die er in seinem Leben überwunden hatte: Er würde sie sich eingestehen, ihr einen Moment lang erlauben, lichterloh zu brennen, und dann würde er sie unter Kontrolle bringen. Das hatte bisher immer funktioniert.
Doch als er Lilys schlafendes Gesicht betrachtete, begann er sich zu fragen, ob ihm das, was in der Vergangenheit geklappt hatte, wieder glücken würde. Und ob ihm diese Vorstellung wirklich gefiel.
Während er sich das Ganze durch den Kopf gehen ließ, hörte er zu seinem Erstaunen, wie das Klingeln seines Handys die Stille der Nacht durchbrach. Er hatte es in die Hosentasche gesteckt, und die Hose war irgendwo am anderen Ende des Zimmers auf dem Fußboden gelandet. Vorsichtig löste er sich von Lily, stand vom Bett auf und folgte dem Klingeln. Als er die Hose entdeckte, kramte er das Handy hervor und hob ab, ohne auf das Display zu schauen – es hatte bereits zum fünften Mal geklingelt. »Blackstone.«
»Agent Blackstone? Ich brauche Ihre Hilfe«, ertönte eine Männerstimme. Sie klang zittrig, nervös.
»Wer ist da?«
»Sie kennen mich nicht.«
»Woher haben Sie meine Nummer?«
»Das ist nicht weiter wichtig. Wichtig ist nur – ich glaube, dass jemand versucht, mich umzubringen, und Sie sind der Einzige, der mich beschützen kann. Ich muss Sie persönlich sprechen!«
Lily bewegte sich im Schlaf und murmelte irgendetwas vor sich hin.
»Warten Sie kurz.« Leise schlich Wyatt in den Flur, um Lily nicht zu wecken. Dann schloss er hinter sich die Tür und hob das Handy wieder ans Ohr. »Jetzt erzählen Sie mir erst mal, wer Sie eigentlich sind.«
»Ich habe Angst.«
»Ich kann Ihnen nicht weiterhelfen, wenn Sie mir nicht Ihren Namen nennen.«
Der Mann zögerte. »Sie verstehen das nicht. Niemand will mir helfen. Es wird niemanden kümmern, dass sie hinter mir her ist.«
Wyatt erstarrte, ohne genau zu wissen, warum. Hinter diesem Anruf konnte alles Mögliche stecken, von einem Telefonstreich bis zu jemandem, mit dem er mal an einem Fall gearbeitet hatte. Doch irgendetwas versetzte ihn augenblicklich in Alarmbereitschaft. Er spürte, dass sich etwas Großes anbahnte. Etwas Riesiges.
»Ich zähle bis fünf. So lange haben Sie Zeit, mir zu sagen, wer Sie sind. Wenn ich dann immer noch nicht weiß, wie Sie heißen und was genau Sie von mir wollen, lege ich auf.«
Der Mann schwieg einen Moment. Dann, als Wyatt innerlich bei vier angelangt war, nannte er schließlich seinen Namen. Vor Erschütterung hätte Wyatt beinahe das Telefon fallen gelassen.
»Mein Name ist Jesse Tyrone Boyd. Und ich glaube, dass eine Ihrer ehemaligen Angestellten, Agent Lily Fletcher, versuchen wird, mich umzubringen.«
16
Wyatt
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