Black CATS - Parrish, L: Black CATS
der letzte sein. In dieser Vorstellung von ihrem Leben fand auch die Liebe ihren Platz, selbst wenn Wyatt das in seinem nicht sah. Vielleicht passte irgendwann sogar eine Ehe dort hinein.
Aber Kinder? Oh nein. Niemals. Nicht nach Zach.
Schon komisch. Gestern Abend hatte sie erfahren, dass Dean Taggert sich mit seiner Freundin, Stacey Rhodes, verlobt hatte. Anscheinend war Stacey schwanger. Diese Neuigkeit hatte Lily erstaunt, schließlich erinnerte sie sich noch gut daran, was die junge Frau vom Kinderkriegen gehalten hatte. Der ehemalige Sheriff hatte schlimme Dinge miterlebt, darunter auch einen Amoklauf auf einem Collegecampus. Zu Dean, der bereits einen kleinen Sohn hatte, hatte Stacey einmal gesagt, dass sie sich nicht vorstellen könne, jemals Kinder zu haben. Und nun war sie verlobt und freute sich auf ihr Baby.
Lily konnte förmlich hören, wie eine moralische Stimme ihr zuflüsterte: »Siehst du, und darum soll man niemals nie sagen.«
»Nie«, wiederholte sie im Brustton der Überzeugung. Was andere Pärchen taten, konnte sie nicht beeinflussen. Nach allem, was sie während der letzten Jahre erlebt hatte, würde sie niemals freiwillig ein weiteres Menschenkind in diese Welt setzen. Also: Nein. Vielleicht unterschieden sich Wyatts Vorstellungen von seiner Zukunft gar nicht so grundlegend von den ihren.
Sie verbrachte einen ruhigen Morgen mit Jackie, holte nach, was sie in den letzten Monaten versäumt hatte, und ließ sich von Jackies Kindern und ihrem Mann erzählen. Sie schienen beide den Tag nicht recht beginnen lassen zu wollen, als würde es einfacher werden, sich mit der Ermittlung auseinanderzusetzen, wenn sie es noch ein Stündchen aufschoben. Doch schließlich konnten sie sich nicht länger drücken. Lily erbat sich eine halbe Stunde, um zu duschen, und versprach, sich zu beeilen, damit sie mit der Arbeit loslegen konnten.
Sie nahm eine heiße Dusche, benutzte nicht das Gästebad, sondern Wyatts Badezimmer, wusch sich mit seinem Shampoo, seinem Duschgel. Sie trocknete sich sogar mit dem Handtuch ab, das er benutzt hatte. Es roch immer noch nach ihm, und sie wollte diesen Geruch in der Nase behalten.
Danach zog sie sich rasch an, schlüpfte in eine bequeme kurze Hose und ein T-Shirt, um Jackies Geduld nicht überzustrapazieren. Sie wollten zusammen die Hintergrundinformationen durchgehen, die Jackie über Roger Underwood zusammengestellt hatte. Bevor Lily ins Gästezimmer ging, um ihre Haarbürste zu holen, warf sie noch einen Blick auf die Uhr im Bad. Wyatt war inzwischen bestimmt schon in Williamsburg eingetroffen, möglicherweise stand er bereits in der Praxis, wo Underwood seine freundliche Doktorenmaske zur Schau getragen hatte, unter der sich eine abartige Teufelsvisage verbarg. Irgendwie hatte er es geschafft, fast fünfzig Jahre lang sein wahres Ich geheim zu halten, hatte die Öffentlichkeit und seine Patienten getäuscht, sogar seine Familie.
Nun, vielleicht nicht die ganze Familie. Sie konnten etwas gewusst haben. Wyatt schien sogar ziemlich sicher zu sein, dass Underwoods Frau und seine Schwester irgendeine Vermutung hegten, da sie beide vorgegeben hatten, die Stimme auf der Aufnahme nicht zu kennen.
Vielleicht lag es an Lilys Beruf, dass sie nicht verstehen konnte, warum manche Menschen logen, um jemanden zu schützen, der so grässliche Dinge getan hatte. Sie hatte ihre Schwester geliebt. Aber hätte sie Laura gedeckt, wenn sie sich solch grausamer Verbrechen schuldig gemacht hätte?
»Nie und nimmer«, flüsterte sie, als sie durch den Flur zum anderen Schlafzimmer ging, in dem das unberührte, frisch bezogene Bett stand.
Aber Roger Underwoods Verwandte hatten das getan. Was sagte das über sie aus?
»Dass sie mindestens genauso verdorben sind wie er«, sagte sie zu ihrem Spiegelbild, während sie die Bürste aus ihrer Waschtasche nahm und sich damit durchs Haar fuhr. Die dunklen Strähnen waren bereits fast lang genug, um sie zu einem kurzen Pferdeschwanz zusammenzubinden. Doch jetzt strich sie die Haare einfach hinters Ohr, ohne sich um die Narben zu scheren, die ihr früher so peinlich gewesen waren. Sie fielen ihr inzwischen kaum noch auf. Wahrscheinlich war ihre Heilung innerlich schon so weit fortgeschritten, dass sie die äußerlichen Narben gar nicht mehr sah.
Immer zwei Stufen auf einmal nehmend, lief sie barfuß die Treppe hinunter und sah Jackie in Wyatts Esszimmer sitzen. Jackie hob nicht einmal den Blick, sondern schob eine Aktenmappe über den großen,
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