Black CATS - Parrish, L: Black CATS
Blackstone mochte ja vielleicht ein berühmter, gefürchteter FBI -Agent sein – in Jesses Augen war er ein verdammtes Weichei.
Der Bulle hatte sich geweigert, sich mit ihm zu treffen. Selbst jetzt, kurz vor Sonnenaufgang, konnte Jesse es immer noch kaum fassen. Es war ein perfekter Plan gewesen, ohne jede Lücke, und es hatte trotzdem nicht geklappt. Jesse hatte Blackstone angerufen und gesagt, dass er Beweise dafür habe, dass Lily Fletcher am Leben sei und ihn umbringen wolle – und dass er Wyatt sehen müsse, sofort. An der Stelle hätte der Agent sagen sollen: »Bin schon unterwegs!« Er hätte neugierig sein sollen und besorgt, hätte sich fragen sollen, woher Jesse wusste, dass die blonde Hexe überlebt hatte, und warum Jesse glaubte, dass sie hinter ihm her war.
Aber der Wichser wollte nicht.
Naja,erhattenichtrundwegabgelehnt.Erhattelediglichgesagt,dasseraufkeinenFallamselbenAbendnochpersönlichzuihmkommenkönne.Blackstonehatteihmangeboten,einenanderenAgentenzuschicken,derJesseabholenkönnte.Hattewissenwollen,woJessewar,undihmversichert,dasserfürseinenSchutzsorgenwürde.Abererhatteohnezuzögernbeschlossen,dasserkeinesfallsvordemnächstenMorgenzuihmfahrenwürde.
»Bist wahrscheinlich zu sehr damit beschäftigt, die lügnerische Hure zu vögeln, die sich bei dir versteckt«, brummte Jesse verärgert und starrte aus dem Fenster des düsteren Hauses, in dem er sich seinerseits versteckte.
Bei Blackstone drüben war es ziemlich ruhig, auch wenn eine der dunklen Limousinen vor der Haustür parkte. Letzte Nacht hatte sie noch nicht da gestanden, also musste sie irgendwann aufgetaucht sein, als Jesse geschlafen hatte. Gut möglich, dass die ganze Meute jetzt im Haus hockte und sich daran machte, Jesses Anruf bei Blackstone nachzuverfolgen, um dann ihre geballten Rachegelüste an ihm auszulassen.
»Vielleicht bist du ja doch nicht so schlau, wie du glaubst, wie?«, murmelte er mit einem Blick auf sein Handy, während er an den Anrufer von gestern Abend dachte. Sein sogenannter Wohltäter hatte ihm die ganze Sache eingeflüstert, hatte ihm versprochen, dass er Blackstone mit dem richtigen Köder aus dem Haus locken könnte. Wenn der Agent erst von der Bildfläche verschwunden wäre und sich vergeblich auf die Suche nach Jesse begeben hätte – der sich natürlich nicht hätte blicken lassen – , wäre Lily Fletcher allein im Haus gewesen. Ein leichtes Ziel. Jesse hätte sich um sie kümmern und wieder weg sein können, bevor ihr Liebster überhaupt spitzgekriegt hätte, dass er hereingelegt worden war.
Dann wäre es vorbei gewesen mit der Lily Fletcher, die sich an ihm rächen wollte. Vorbei mit der Lily, die gegen ihn aussagen konnte, nachdem der Mann, der ihm sein Alibi verschafft hatte, nun unter der Erde lag.
Pustekuchen. Die ganze Idee war ein totaler Reinfall gewesen.
Und jetzt, was sollte er jetzt tun? Einfach hier in dem Haus bleiben und darauf warten, dass ein Immobilienmakler aufkreuzte, merkte, dass jemand hier seine Zelte aufgeschlagen hatte, und die Polizei rief? Oder sollte er von hier verschwinden, zu seiner Ma zurückkehren und sie anflehen, dass sie ihn aufnahm – nur um darauf zu warten, dass Fletchers Kugeln ihn in den Rücken trafen wie den armen Will Miller?
»Auf keinen Fall«, sagte er laut und wünschte, er könnte seinen geheimnisvollen Wohltäter, der ihm aus dem Gefängnis geholfen hatte, irgendwie zurückrufen. Jetzt war er ganz auf sich selbst gestellt.
Na gut, dann würde er die Sache eben allein durchziehen – schließlich war er auch nicht völlig verblödet. Offen gestanden kam ihm bei nüchterner Betrachtung dieser ganze Plan mit dem Köder für Blackstone, damit Jesse ins Haus gehen konnte, ziemlich übertrieben vor. Auch wenn er es vollauf genossen hätte, der Frau den Hals umzudrehen, wollte er doch hauptsächlich verhindern, dass sie ihn umlegte.
DafürgabeseinetodsichereMethode.WennFletcherMillerermordethatte,dannsuchtediePolizeiwahrscheinlichnachihr.UndwennsieihreneigenenTodvorgetäuschtundsichverstecktgehaltenhatteundsoweiter,dannwürdedas FBI sieebenfallsaufspürenwollen.Jessekonntebeidesnurrechtsein.Ihmwaresegal,wergenausiefestnahmundhinterGittersteckte,solangesienurnichtmehrfreiherumliefundihmaufdenFersenwar.
Er dachte einen Augenblick darüber nach, wer von beiden sie wohl länger wegsperren würde, und entschied sich schließlich für ihre eigenen ehemaligen Kollegen. Denn nicht nur Lily verdiente es, verhaftet zu werden, sondern auch dieser Blackstone.
Weitere Kostenlose Bücher