Black Dagger 15 - Vampirseele
Er würde jedoch keine finden. Darius wusste genau, auf welch hartem Boden der Junge stand, und war sich sehr wohl bewusst, dass jede Art von Sanftmut nur weitere Schande bedeuten würde.
» Warum?«, fragte er heiser.
» Wir begeben uns sogleich zu den Klippen, um die vermisste Frau zu finden«, sagte Darius mit ruhiger Stimme. » Darum.«
Der Blick des Jungen bohrte sich in Darius’ Augen. Dann legte er die Hand auf seine Brust und verbeugte sich. » Ich werde mich bemühen, Euch nicht zur Last zu fallen, sondern eine Hilfe zu sein.«
Es war hart, wenn man unerwünscht war. Und nach einem solchen Affront fiel es noch schwerer, den Kopf hoch zu tragen.
» Wie lautet dein Name?«, fragte Darius.
» Tohrment. Ich bin Tohrment, Sohn des …« Er räusperte sich. » Ich bin Tohrment.«
Darius stellte sich neben den jungen Mann und legte ihm die Hand auf die Schulter.
» Komm mit mir.«
Der Junge folgte ihm zielstrebig … hinaus aus dem Kreis der Bruderschaft … hinaus aus dem Allerheiligsten … hinaus aus der Höhle … hinein in die Nacht.
Die Veränderung in Darius’ Innerem vollzog sich irgendwann zwischen dem ersten Schritt vorwärts und dem Moment, als sie sich gemeinsam dematerialisierten.
Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er das Gefühl, eine eigene Familie zu besitzen … auch wenn der Junge nicht von seinem eigenen Blut war, so hatte er doch seine Fürsorge übernommen.
Demgemäß würde er den Jungen von nun an beschützen, wenn nötig auch mit seinem eigenen Leben. So lautete der Kodex der Bruderschaft, der allerdings nur gegenüber anderen Brüdern galt. Tohrment zählte noch nicht zu ihnen. Aufgrund seiner Herkunft war er aber ein Anwärter, weshalb er Zutritt zum Allerheiligsten hatte, aber nichts weiter. Wenn es ihm nicht gelang, sich zu beweisen, würde er für immer von der Bruderschaft ausgeschlossen sein.
Fürwahr, der Junge konnte trotz all der Bestimmungen des Kodex auf dem Feld niedergestreckt und dem Tod überlassen werden.
Aber Darius würde das nicht zulassen.
Er hatte sich schon immer einen Sohn gewünscht.
9
DREISSIG KILOMETER AUSSERHALB VON CHARLESTON,
SOUTH CAROLINA
» Ach du Scheiße … Das sind ja Bäume wie aus dem Bilderbuch!«
Ja, das waren sie tatsächlich. Als der Satellitenübertragungswagen von Paranormal Phenomenons die Route SC 124 verließ, trat Gregg Winn auf die Bremse und beugte sich über das Lenkrad nach vorne.
Absolut … perfekt.
Die Auffahrt zum Herrenhaus war auf beiden Seiten von riesigen alten Eichen gesäumt, deren gewaltige Äste mit langen Bärten aus Louisianamoos behangen waren, die in der sanften Brise hin- und herschwangen. Am anderen Ende der prächtigen Allee, etwa achthundert Meter entfernt, stand das mit Säulen geschmückte Anwesen wie eine Südstaatenschönheit, deren Gesicht die Mittagssonne in hellgelbes Licht tauchte.
Die Moderatorin von PP, Holly Fleet, lehnte sich auf dem Rücksitz nach vorne. » Bist du sicher, dass wir hier richtig sind?«
» Es ist ein B&B, nicht wahr?« Gregg trat aufs Gas. » Also öffentlich zugänglich.«
» Du hast viermal dort angerufen.«
» Sie haben nicht Nein gesagt.«
» Sie haben aber auch nicht zurückgerufen.«
» Und wenn schon.« Das musste einfach klappen! Die PP -Sondersendungen im Hauptabendprogramm waren gerade dabei, in die nächsthöhere Werbestufe des Senders aufzusteigen. Natürlich waren sie noch nicht so erfolgreich wie Popstars, aber dafür hatten sie die neueste Folge von Der Magier mit der Maske zahlenmäßig ausgestochen, und wenn es so weiterging, würde die Kasse bald noch lauter klingeln.
Die lange Auffahrt zum Haus war wie ein Weg, der nicht nur immer weiter in das Grundstück hineinführte, sondern die Besucher auch in die Vergangenheit zurückversetzte. Himmelherrgott! Als Gregg sich auf dem Gelände umsah, erwartete er beinahe, Bürgerkriegssoldaten und Vivien Leigh in Kleidern aus der Zeit des Sezessionskriegs auf dem gepflegten Rasen unter den Bäumen herumspazieren zu sehen.
Von dem Kiesweg aus gelangten Besucher direkt zum Vordereingang, und Gregg parkte den Übertragungswagen etwas seitlich, falls ein anderes Auto vorbeiwollte.
» Ihr beiden bleibt hier. Ich gehe rein.«
Als er aus dem Wagen stieg, zog er eine schwarze Windjacke über sein Ed Hardy-Shirt und rollte die Ärmel ganz hinunter, um seine goldene Rolex zu verbergen. Der Übertragungswagen mit dem PP -Logo, einem Vergrößerungsglas über einem schwarzen, schattenhaften Gespenst, war schon
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