Black Dagger 16 - Mondschwur
über die Schulter, so dass es auf einer Lampe hängen blieb.
»Warum ist Blut an deinen Händen?«, fragte Blay erneut.
»Das geht dich nichts an.«
»Was hast du getan?« Blay hatte das Gefühl, dass er es bereits wusste. »Was zum Teufel hast du getan?«
Als Qhuinn sich in die Dusche beugte, um das Wasser aufzudrehen, spannten sich über dem Bund der Lederhosen die Muskelstränge entlang seiner Wirbelsäule an.
Oh Gott! Das rote Blut klebte auch an anderen Stellen seines Körpers – was Blay dazu veranlasste, sich zu fragen, wie weit die Schlägerei gegangen war.
»Wie geht’s deinem Typen?«
Blay runzelte die Stirn. »Meinem Typen – ach, Saxton.« »Ja. ›Ach, Saxton‹.« Aus der verglasten Dusche stieg Dampf in die Höhe. »Wie geht es ihm?«
»Ich schätze, er hat sich inzwischen genährt.«
Qhuinns verschiedenfarbige Augen konzentrierten sich auf eine Stelle hinter Blays Kopf. »Ich hoffe, er fühlt sich jetzt besser.«
Als sie sich direkt ansahen, versetzte es Blay einen derartigen Stich, dass er sich über die Brust reiben musste. »Hast du ihn getötet?«
»Ihn? Wen denn?« Qhuinn stemmte die Hände in die Hüften, so dass sich seine Brustmuskeln und gepiercten Brustwarzen unter der Deckenbeleuchtung stark abzeichneten. »Ich kenne keinen ›ihn‹.«
»Hör auf, Mist zu reden. Saxton wird es wissen wollen.«
»Du willst ihn wohl beschützen, was?« In seinen Worten lag keine Feindseligkeit, sondern eine für ihn gar nicht
typische Resignation. »Okay, fein. Nein, ich habe niemanden getötet. Ich habe nur diesem schwulenfeindlichen Arschloch einen Denkzettel verpasst, der ihn die Zigarren vergessen lassen wird, von denen er ohnehin Kehlkopfkrebs bekommen würde. Ich lasse nicht zu, dass Mitglieder meiner Familie respektlos behandelt werden.« Qhuinn wandte sich ab. »Und – verdammt nochmal, ich mag es nicht, wenn du dich aufregst, ob du’s nun glaubst oder nicht. Was, wenn Saxton halbtot dort liegen geblieben wäre, bis die Sonne aufging? Oder wenn irgendwelche Menschen ihn gefunden hätten? Das hättest du nie verwunden. Dieses Hühnchen musste ich einfach rupfen.«
Gott, das war wieder mal typisch für Qhuinn! Das Falsche aus dem richtigen Grund zu tun …
»Ich liebe dich«, flüsterte Blay so leise, dass das Rauschen der Brause die Worte übertönte.
»So, ich muss jetzt duschen«, meinte Qhuinn. »Ich will das eklige Zeug endlich abwaschen. Und dann brauche ich etwas Schlaf.«
»Okay. Soll ich dir etwas zu essen bringen?«
»Nein danke, nicht nötig.«
Blay schickte sich an, zu gehen, und warf noch einmal einen Blick über die Schulter. Qhuinn schlüpfte gerade aus seinen Lederhosen, und sein nackter Hintern bot einen spektakulären Anblick.
Mit immer noch verrenktem Hals fand Blay den Weg aus dem Bad, rammte dann aber den Schreibtisch und musste die Lampe auffangen, damit sie nicht auf den Boden fiel. Als er das Ding wieder hinstellte, zog er Qhuinns T-Shirt vom Lampenschirm und hielt es sich wie eine jämmerliche Schwuchtel an die Nase, um den Duft seines Freundes einzuatmen.
Er schloss die Augen und drückte den Stoff, der zuvor
Qhuinns Brust berührt hatte, an seine Brust. Gleichzeitig lauschte er auf das Plätschern des Wassers aus dem Badezimmer.
Er war sich nicht sicher, wie lange er so dagestanden hatte: seinem Ziel so nahe und doch so fern. Was ihn wieder in Gang brachte, war die Angst, bei seiner Gefühlsduselei ertappt zu werden. Vorsichtig hängte er das T-Shirt wieder über den Lampenschirm und zwang sich, zur Tür zu gehen.
Auf halbem Weg dorthin sah er es.
Auf dem Bett.
Die weiße Schärpe lag verknäuelt zwischen den Laken.
Als sein Blick nach oben wanderte, entdeckte er auf den beiden Kissen, die eng nebeneinander lagen, zwei Kopfabdrücke. Offensichtlich hatte die Auserwählte Layla vergessen, ihre Gewänder zusammenzubinden, als sie ging. Was nur geschehen sein konnte, wenn sie zuvor nackt gewesen war.
Blay fasste erneut an sein Herz. Eine plötzliche Enge vermittelte ihm das Gefühl, sich unter Wasser zu befinden … mit der Oberfläche des Ozeans weit, weit über sich.
In der Dusche wurde das Wasser abgestellt und ein Handtuch verwendet.
Blay ging schnell am gut genutzten Bett vorbei und zur Tür hinaus.
Er war sich gar nicht bewusst, dass er soeben eine Entscheidung getroffen hatte, aber seine Füße schienen ein Ziel zu haben. Das war offensichtlich. Sie trugen ihn den Flur hinab und blieben zwei Türen von seinem Zimmer entfernt stehen.
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