Black Dagger 16 - Mondschwur
brannten, sondern solche, die ohne Flamme leuchteten.
Ein Kamin. Ein … riesiger Schreibtisch und ein Thron.
Sie hatte ihren Körper nicht selbst hierhergebracht, dazu hätte sie nicht die Kraft gehabt. Und Wrath konnte ihre körperliche Erscheinung nicht von dort hierhergebracht haben. Also gab es nur eine Erklärung: Sie war von ihrer Mutter hergeschickt worden.
Es gab kein Zurück mehr. Ihr Wunsch war erfüllt worden. Von nun an war sie frei.
Ein seltsamer Friede überkam sie, einer, der weder das Leichentuch des Todes war … noch die Einsicht, dass der Kampf vorüber war. In der Tat, ob sie nun lebte oder starb, aber das, was sie in den vergangenen Jahren ausgemacht hatte, war vorüber.
Wraths Gesicht kam in ihr Blickfeld, das lange schwarze Haar fiel ihm von den Schultern nach vorne. In diesem Moment drückte sich ein hellhaariger Hund unter dem Arm des Königs durch. Das freundliche Gesicht des Hundes hieß sie wie einen unerwarteten, aber sehr geschätzten Gast willkommen.
»Ich werde Doc Jane holen«, meinte Wrath und strich über die Seite des Hundes.
»Wen?«
»Meine Leibärztin. Bleib hier.«
»Als ob ich … irgendwo hingehen könnte.«
Payne hörte das Rasseln eines Halsbandes, und dann verließ der König mit der Hand am Geschirr, das ihn mit dem schönen Hund verband, den Raum. Die Pfoten des Tiers erzeugten klickende Laute, als es vom Teppich auf den Hartholzboden trat.
Er war wirklich blind. Und auf dieser Seite benötigte er Hilfe, um zurechtzukommen.
Eine Tür schloss sich, und sie dachte über nichts mehr anderes nach, als über ihre Schmerzen. Sie trieb dahin, schwerelos durch den Schmerz in ihr – und doch, trotz des schrecklichen Unbehagens, schwebte sie hoch auf einer seltsamen Wolke des Friedens.
Aus keinem erkennbaren Grund bemerkte sie, dass die Luft hier gut roch.
Nach Zitrone. Und Bienenwachs.
Einfach herrlich.
Ihr Schicksal war es, dass sie vor langer Zeit auf dieser Seite gewesen war, und so wie die Dinge hier aussahen, war sie damals in einer anderen Welt gewesen. Doch sie erinnerte sich, wie sehr sie es gemocht hatte. Alles war unvorhersehbar und deshalb spannend gewesen.
Einige Zeit später öffnete sich die Tür, und sie hörte erneut das Rasseln des Hundehalsbandes und nahm Wraths starken Duft wahr. Und da war jemand bei ihnen … jemand, der sich in keine Kategorie einordnen ließ, die Payne kannte. Doch da war definitiv noch ein anderes Wesen im Raum.
Payne zwang sich, die Augen zu öffnen … und sie schreckte beinahe zurück.
Es war nicht Wrath, der über ihr stand, sondern eine
Frau … zumindest sah die Gestalt wie eine Frau aus. Das Gesicht hatte feminine Züge – nur waren sie und ihr Haar durchscheinend und geisterhaft. Als sich ihre Blicke trafen, wechselte der Ausdruck der Frau von besorgt zu schockiert. Plötzlich musste sie sich an Wraths Arm abstützen.
»Oh mein Gott …« Ihre Stimme war rau.
»Ist es so offensichtlich, Doc?«, meinte der König.
Als die Frau nach einer Antwort rang, war das nicht die Art von Reaktion, die man gerne bei einem Arzt auslöste. Eigentlich hatte Payne gedacht, dass sie sich im Klaren darüber war, wie schwer sie verletzt war. Doch es konnte gut sein, dass sie ihren aktuellen Zustand nicht richtig eingeschätzt hatte.
»Fürwahr, bin ich …«
»Vishous.«
Der Name ließ ihr Herz gefrieren.
Sie hatte ihn seit über zwei Jahrhunderten nicht mehr gehört.
»Weshalb sprecht Ihr von einem Toten?«, flüsterte sie. Das geisterhafte Gesicht der Ärztin nahm konkrete Formen an, und ihre waldgrünen Augen zeigten ihre große Verwirrung. Ihre Haut war leichenblass, wie bei jemandem, der seine Gefühle verbarg. »Einem Toten?«
»Mein Zwilling … ist schon lange hinter den Schleier getreten.«
Die Ärztin schüttelte den Kopf und zog die Brauen tief über ihre intelligenten Augen. »Vishous lebt. Ich bin mit ihm verbunden. Er lebt, und es geht ihm gut hier.«
»Nein … das kann nicht sein.« Payne wünschte, sie könnte den nun festen Arm der Ärztin greifen. »Ihr lügt – er ist tot. Er ist schon sehr lange …«
»Nein! Er ist sehr lebendig.«
Payne konnte das nicht verstehen. Ihr war gesagt worden,
dass er tot sei, verschollen in der gnädigen Welt hinter dem Schleier …
Von ihrer Mutter. Natürlich.
Hatte sie das Weib wirklich darum betrogen, ihren Bruder kennenzulernen?
Wie konnte sie nur so grausam sein?
Plötzlich fletschte Payne die Zähne und knurrte tief in ihrer Kehle und das Feuer des Zorns
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