Black Dagger 16 - Mondschwur
Asphalt und Sirenengeheul aus der Ferne.
Ein Gefühl der Machtlosigkeit überkam sie. Verdammt! Egal, wohin sie ging: hierher oder auf die andere Seite der Stadt, in diesen lächerlichen Park oder raus in die Pampa … Sie hatte keine Möglichkeit, den Feind zu sich zu rufen. Und es verblieb ihnen nur noch wenig Zeit.
»Zum Teufel nochmal«, murmelte Qhuinn. »Wo steigt denn nun diese verfluchte Party?«
Ja, offensichtlich war sie nicht die Einzige, die es nach einem Kampf gelüstete …
Plötzlich spürte Xhex ein Kribbeln, das ihren ganzen Körper durchfuhr. Ein nachklingendes Echo, das sie zunächst nicht interpretieren konnte. Sie blickte sich im Team um: Blay und Qhuinn vermieden es tunlichst, einander anzusehen. John und Tohr gingen nervös auf und ab. Zsadist tippte gerade eine Nachricht an die Zentrale, dass sie ihr Ziel erreicht hatten.
Dieses Ziehen …
Und dann dämmerte es ihr: Sie spürte ihr Blut im Körper eines anderen.
Lash.
Lash war nicht weit weg.
Blind drehte sie auf dem Absatz, lief los … und verfiel in einen Galopp. Sie hörte, wie jemand ihren Namen rief, aber es gab kein Halten mehr – nicht einmal, um Erklärungen abzugeben.
Jetzt konnte sie nichts mehr aufhalten.
34
Auf der Anderen Seite lag Payne in einer ziemlich unnatürlichen Position auf dem harten Marmor. Die Qual übermannte sie – doch nur oberhalb ihrer Taille. Sie fühlte keinerlei Schmerz in den Beinen oder Füßen, nur ein entferntes Kribbeln, das sie an Funken über feuchten Holzspänen denken ließ. Der Blinde König war mit ernster Miene über ihren zerbrochenen Körper gebeugt – und die Jungfrau der Schrift war ebenfalls aufgetaucht, in ihrer schwarzen Robe und dem gedämpften Licht, das sie kreisförmig umgab.
Es war kein Schock, dass ihre Mutter gekommen war, um sie wie von Zauberhand zu heilen. Genau wie bei dieser Tür, die sie aus einem Trümmerhaufen hatte wiederauferstehen lassen, so wollte ihre liebste Mutter den Schaden beheben, alles reparieren und wieder perfekt machen.
»Ich … weigere mich«, sprach Payne durch ihre zusammengebissenen Zähne. »Ich stimme dem nicht zu.«
Wrath schielte über seine Schulter zur Jungfrau der Schrift und sah dann wieder zu ihr hinunter. »Ähm … hör zu Payne, das ist nicht logisch. Du kannst deine Beine nicht spüren … dein Rückgrat ist möglicherweise gebrochen. Weshalb lässt du dir nicht helfen?«
»Ich bin nicht irgendein lebloses Objekt, das sie nach ihrem Gutdünken manipulieren kann … nur um ihren Launen zu genügen …«
»Payne, sei vernünftig …«
»Ich bin …«
»Du wirst sterben …«
»Dann soll meine Mutter zusehen, wie ich vergehe!«, zischte sie – und stöhnte dann sofort auf. Während ihres Wutanfalls kam und ging ihr Bewusstsein, und ihr Blick trübte sich und wurde wieder klar. An Wraths schockiertem Gesichtsausdruck konnte sie ermessen, ob sie ohnmächtig geworden war.
»Warte, sie ist …« Der König stützte sich auf einer Hand ab, um sich besser in seiner gebeugten Stellung halten zu können. »Deine … Mutter?«
Payne war es egal, dass er es wusste. Sie war nie stolz darauf gewesen, das eigen Fleisch und Blut der Gründerin ihres Volkes zu sein – sie hatte sogar versucht, sich bei jeder Gelegenheit davon zu distanzieren. Doch wen kümmerte das jetzt? Wenn sie »göttliches« Eingreifen verweigerte, würde sie von hier aus hinter den Schleier treten. Die Schmerzen, die sie fühlte, ließen keinen Zweifel daran aufkommen.
Wrath drehte sich zur Jungfrau der Schrift um. »Ist das die Wahrheit?«
Es kam keine Zustimmung, aber sie dementierte es auch nicht. Und es gab keine Strafe dafür, dass er es gewagt hatte, sie mit einer Frage zu beleidigen.
Der König blickte wieder zu Payne. »Um Himmels willen! «
Payne sog schwer die Luft ein. »Verlass uns, König. Geh zurück in deine Welt und führe dein Volk. Dazu brauchst du weder die Hilfe dieser Seite noch Hilfe von ihr. Du bist ein edler Vampir und ein hervorragender Krieger …«
»Ich werde dich nicht sterben lassen«, fauchte er.
»Du hast keine Wahl, oder doch?«
»Und ob ich die habe, verdammt nochmal!« Wrath sprang auf die Beine und blickte auf sie hinunter. »Lass sie dich heilen! Du hast wohl den gottverdammten Verstand verloren! Du kannst nicht einfach so sterben …«
»Das kann ich … todsicher.« Payne schloss die Augen und eine Welle der Erschöpfung überkam sie.
»Tut etwas!« Der König brüllte nun eindeutig die Jungfrau der Schrift
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