Black Jack: Bei Anruf Mord!
benutzt. Ich war seine Vorzeigefrau, ein Star, mit dem er auf Partys angeben konnte.“
„Er war also stolz auf Sie. Was ist denn daran falsch?“
„Er war nicht stolz auf mich.“ Das Licht flackerte hektisch. „Hinter meinem Rücken hat er herumgevögelt.“
Unvermittelt blieb Kelly stehen. Allerdings nicht wegen Enriques Worte – sein Liebesleben war ihr ziemlich gleichgültig. Sie stand vor einem offenen Grab. Daneben lag ein Erdhaufen, in dem eine Schaufel steckte.
„Oh Gott.“ Ihr Magen drehte sich um. In der Grube sah sie den Teil eines Trenchcoats und die Spitze eines Schuhs. Eine Aktentasche. Übelkeit stieg in ihr hoch, und einen Moment lang fürchtete sie, sich übergeben zu müssen.
„Was ist los, Miss Marple?“ Enrique stellte die Laterne auf einem Baumstumpf ab. „Haben Sie noch nie eine Leiche gesehen?“
Sie drehte sich um. „Und was ist mit Ihnen, Enrique? Wie viele haben Sie denn schon gesehen? Wie viele Menschen haben Sie kaltblütig umgebracht?“
„Sie sind sehr vorlaut, Kelly.“
„Macht Ihnen das überhaupt nichts aus? Denken Sie nicht manchmal darüber nach? Oder haben nachts Albträume?“
„Seien Sie still, und steigen Sie in das Grab.“
Kelly holte tief Luft. Er wollte sie bei lebendigem Leibe eingraben. Er wollte, dass sie sich auf eine Leiche legte, um Erde auf sie zu schaufeln. Der Gedanke ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Sie würde es nicht tun. Er würde sie erst töten müssen.
Das Geräusch eines näher kommenden Wagens unterbrach die Stille. Sie sah, wie Enrique sich anspannte und erleichtert reagierte, als das Motorenbrummen sich entfernte.
„Ich sagte, steigen Sie in das Grab“, wiederholte Enrique. „Oder würden Sie es bevorzugen, dass ich Ihnen eine Kugel in den Kopf jage?“
Kellys Mund war trocken, aber sie redete weiter. „Haben Sie Steve gesagt, dass Sie ihn töten würden?“ höhnte sie. „Haben Sie dem Mann, den Sie liebten, in die Augen geschaut, als Sie ihm das Messer in die Brust rammten?“
„Halts Maul.“
Er wurde allmählich nervös. Fühlte er sich womöglich schuldig, weil er seinen Liebhaber getötet hatte? Hatte sie mit ihrer Vermutung ins Schwarze getroffen?
Da sie wusste, dass sie nichts zu verlieren hatte, provozierte sie ihn weiter. „Haben Sie sich jemals gefragt, was Steve in diesem letzten Moment durch den Kopf gegangen ist? Die Furcht, die er gespürt haben muss? Das Gefühl, verraten worden zu sein?“
Im Schein der Laterne sah sie, wie sich sein Gesicht schmerzhaft verzog. Sie stieß noch einmal zu. „Haben Sie gesehen, wie er gestorben ist, Enrique?“
„Halts Maul. Halts Maul. Halts Maul.“ Mit dem Gewehr in der Hand hielt er sich die Ohren zu.
In dem Bruchteil der Sekunde, die er brauchte, um zu erkennen, dass er einen Fehler gemacht hatte, riss Kelly die Schaufel aus dem Erdhaufen und schleuderte sie mit brutaler Gewalt gegen Enriques Kopf.
Die schwere Klinge traf ihn an der rechten Schläfe. Blut schoss aus der Wunde und lief über sein Gesicht und seine Jacke.
Er stand reglos da, halb benommen und halb überrascht, als hätte er nicht damit gerechnet, dass sie so etwas tun könnte. Er hielt das Gewehr noch immer in der Hand. Es schien ihn ungeheuer anzustrengen, es wieder auf sie zu richten.
Oh Gott. Sie hatte nicht fest genug zugeschlagen.
Aus seinem Mund sprudelten Wörter, die sie nicht verstehen konnte. Und ohne Vorankündigung knickten ihm die Beine weg wie einer Marionette, deren Fäden man abgeschnitten hatte. Das Gewehr glitt aus seiner Hand, aber Kelly wagte nicht, es aufzuheben. Noch nicht.
Als er ein paar Sekunden lang bewegungslos liegen blieb, entfernte sie sich langsam von ihm und ging um das Grab herum.
Aus der Ferne kam das Geräusch eines anderen Wagens näher und wurde lauter. Gleißendes Scheinwerferlicht stach durch die Äste der Bäume. Schutzsuchend lief Kelly davon, weil sie befürchtete, dass Ward zurückgekommen war.
„Kelly!“
Nick kam auf sie zugelaufen. Er war in Begleitung eines anderen Mannes, der ihm dicht auf den Fersen blieb. Hinter ihnen bremste ein Streifenwagen.
Mit einem erstickten Schrei lief Kelly in Nicks Arme.
44. KAPITEL
D er Ballsaal des Bellevue-Hotels erstrahlte im Licht von Hunderten von Glühbirnen, und tausendfach wurde es reflektiert von den Juwelen der Damen dieser illustren Gesellschaft, die für dieses besondere Ereignis zusammengekommen war.
Das festliche Dinner war beendet, ebenso die Zeremonie der Verleihung des Benjamin
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