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Black Jesus

Black Jesus

Titel: Black Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Felice
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gefährlich«, zetert sie noch immer. »Du weißt, dass er auf Schmerzmitteln ist. Und außerdem wette ich, dass wir dreißig Dollar dafür bekämen, wenn wir ein Preisschild draufpappen würden. Mindestens dreißig! Es ist eine Antiquität, vielleicht sogar …«
    »Ma!«
    »Ja, Schatz?«
    »Es ist unverkäuflich.«
    Während er das sagt, fährt ein Mietwagen, einer dieser benzinsparenden Hybriden, auf den Parkplatz, zwei gut aussehende Männer steigen aus und nähern sich den Ständen.
    Joe verfolgt sie mit den Augen und sagt: »Schau dir nur mal diese zwei Homos an.«
    »Von mir aus können sie auch gottverdammte Dschihadis sein«, flüstert Debbie. »Hauptsache, sie kaufen was.« Joe hält die Klappe.
    »Können wir Ihnen helfen?«, zwitschert sie mit ihrer sonnigsten Stimme.
    Der Größere antwortet in britischem Akzent, der in Gay Paris so verbreitet ist wie der Weiße Tiger. »Wir sahen das Schild, dass es hier einen Flohmarkt gibt.«
    »In der Tat. Und ich kann den Herrschaften versichern, dass es hier etwas für jedermann gibt.«
    »Ja«, flüstert Joe. »Ich glaub, ich hab ein Stück trockener Scheiße in einer der Kisten gesehen.« Lionel, die Hände auf seinem Beil, kichert vor sich hin.
    »Das ist ja toll«, sagt der Größere in Lederhosen, der nach einem Globus greift und der Kugel einen Dreh gibt. »In London nennen wir das ›car boot sale‹.«
    »Das ist ein Globus«, sagt Debbie.
    »Nein, dies hier.« Er macht eine weit ausholende Armbewegung. »Wenn Leute ihren Krempel verkaufen.«
    »Wie süß«, sagt Debbie lächelnd. »Aber wie Sie sehen, haben wir weitaus mehr als nur Boots im Angebot. Wir sagen hier gewöhnlich ›garage sale‹. Oder ›yard sale‹. Aber wir dachten, dass ›Flohmarkt‹ etwas weltläufiger klingen würde.«
    »Etwas stilvoller«, murmelt Joe.
    »So ist es«, sagt Black Jesus.
    Die Engländer schauen auf den seltsamen Kauz im Schaukelstuhl, seine dunkle Sonnenbrille, das bekiffte Grinsen in seinem Gesicht, die Jogginghose, die offenen Militärstiefel und seinen Daumen, der über die Klinge des Beils fährt.
    »Klingt sehr plausibel«, sagt der Größere und stellt den Globus wieder ab.
    »Ich glaube, wir sollten uns wieder auf den Weg machen, Roger«, sagt der andere.

Gloria
    GLORIA
    Wenn die Landkarte ihrer Heimat als »Malen nach Zahlen« angelegt worden wäre, hätte sie das zerquetschte Quadrat, das Missouri darstellt, nur zur Hälfte in einem stumpfen metallischen Grau bemalt, weil sie mittendrin genervt den Pinsel weggeschmissen und sich längst die Bettdecke über den Kopf gezogen hätte.
    Seit gestern regnet es ununterbrochen, und sie hat sich in der Raststätte einer Tankstelle verkrochen, wo sie nun in einer verblassten roten Sitzecke hockt, den Rucksack auf dem Schoß, das Gesicht gegen die Fensterscheibe gepresst. Draußen versucht ein Mann, den Sprit mit seiner Kreditkarte zu zahlen, hat aber keinen Erfolg. Er nimmt die Karte heraus, starrt sie an, versucht es erneut, hat aber wieder kein Glück. Er tritt gegen die Zapfsäule. Er spuckt. Er flucht und steigt wieder in seinen Truck und fährt in den Regen hinaus. Seltsam, aber jenseits der Scheibe scheint alles in einer fast schon provokanten Lautlosigkeit abzulaufen – das Hupen eines Autos, das Geräusch eines vorbeifahrenden Trucks, der Wind, sogar der strömende Regen. Hier drinnen kratzen Messer auf Tellern, klirren Gläser – und manchmal unterhalten sich die Leute in einer Sprache, die ihr fremd geworden ist, auch wenn es die Einzige ist, die sie kennt. Die große Uhr am Eingang sagt, dass es 6 Uhr 49 ist, und sie hört das Ticken, während ihr gebrochenes Herz einer eigenen Zeitrechnung folgt. Sie muss an den Tag denken, als sie im vierten Schuljahr war und ihre Mutter vor der Schule in ihrem kleinen rostigen Auto wartete und mit ihr nicht nach Hause fuhr, sondern auf den Highway, und den ganzen Bundesstaat Maine durchquerte, bevor sie zu der Musik aus dem Radio, dem Summen der Räder und dem Knattern des Motors endlich einschlief – und alles nur, um vor ihrem gewalt tätigen Vater zu fliehen. Einige Dinge ändern sich nie.
    Am nächsten Morgen wachte sie auf dem Beifahrersitz auf, während ihre Mutter noch schlief. Ihr ausgewaschenes Madonna-T-Shirt, das sie ohne BH trug, schien die ersten Sonnenstrahlen einfangen zu wollen. Ihre Zähne knirschten zu einem Traum, den ihre Tochter erst in zehn Jahren verstehen würde. Vorsichtig öffnete das Mädchen die Tür und ging auf den Parkplatz hinaus, auf

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