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Macabros 014: Knochensaat

Macabros 014: Knochensaat

Titel: Macabros 014: Knochensaat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Shocker
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Die Dunkelheit brach schlagartig über sie herein.
    »Verdammt«, knurrte James Owen. Die Taschenlampe
funktionierte nicht mehr.
    Aber das machte nichts. Sie hatten vorgesorgt.
    Im Nu war die Fackel angezündet. Der blakende Schein tanzte
auf den Reliefwänden und den uralten Säulen, die massig und
grau wie Elefantenbeine aus dem holprigen, unebenen Boden ragten.
    »So geht es wieder.« Seine Stimme hallte dumpf durch den
unterirdischen Tempel. Die steinernen Götzen wirkten im
Wechselspiel zwischen Licht und Schatten, als wären sie
lebendig.
    Eine zweite Fackel wurde angebrannt.
    Zehn Schritte weiter vorn stand Owens Begleiter, ebenfalls eine
Fackel in der Hand.
    »Mir gefällt das nicht«, rief Ernest Tragon. Owen
sah, wie der Begleiter die Taschenlampe in seiner Hand heftig hin und
her schüttelte, als würde sie dadurch wieder zu brennen
anfangen.
    Es war unheimlich.
    Beide Lampen hatten zur gleichen Zeit ausgesetzt.
    Hing das mit dem Fluch zusammen, der angeblich über diesem
seltsamen Ort lag?
    Ein Vermögen war hier zu holen, wenn man den Erzählungen
der Seeleute glaubte, die James Owen auf seinen langen Reisen
kennengelernt hatte. Ein Goldschatz von unvorstellbaren
Ausmaßen sei hier in diesem Urwaldtempel zu finden, den sie mit
Mühe und Not gefunden hatten, vom Dschungel überwachsen und
aussehend wie ein grüner Hügel.
    Owen sah sich die ungeheuerlichen Fabelwesen und Götzen
genauer an. Er sah gewaltige Menschenmassen vor verschnörkelten
Tempeln stehen. Priester standen vor dampfenden Opferschalen. In
langen Reihen folgten die Opfer hintereinander, junge Männer und
Mädchen, die auf der freien, allen zugänglichen Plattform
hingeschlachtet wurden.
    Die Reliefs an den Wänden und Säulen waren frisch und
fehlerlos, nichts fehlte. Es sah aus, als wären sie erst gestern
fertiggestellt worden.
    Owen strich lautlos wie ein Schatten zwischen den Säulen
umher. Die Zeugnisse eines längst erloschenen Volkes
faszinierten ihn.
    Hier in diesem unterirdischen Tempel, in dem der Staub der
Jahrhunderte lag, den der Urwald überwuchert hatte, schien die
Vergangenheit auf seltsame Weise zu leben. Hier hatten Menschen
gelitten, hier waren sie gestorben, auf grausame Weise, hier hatten
sie geschrien und…
    »Jaaaamesss!«
    Der Schrei schlug wie eine Peitsche an sein Gehör. James Owen
löste sich aus dem momentanen Bann, der ihn gefangenhielt.
    »Ernest?« fragte er leise und begann zu laufen, als er
keine Antwort erhielt.
    Er kam um die Säulen herum und lief an jene Stelle, wo Ernest
Tragon eben noch gestanden hatte – und prallte zurück.
    Im Boden war ein großer, schwarzer Schacht. Eine
Falltür!
    Die Fackel in seiner Hand zitterte, und der Widerschein des
offenen Feuers tanzte auf den grauen Wänden.
    Er schluckte.
    Narrte ihn ein Spuk, spielten seine überreizten Nerven ihm
einen Streich – oder war es Wirklichkeit, daß die Figuren
auf der Reliefwand sich bewegten, daß die Gesichter sich
verzogen und die Augen der schrecklichen, menschenmordenden Priester
zu glühen anfingen, als würden sich in ihnen alle Feuer der
Hölle entfachen?
    James Owen stöhnte leise. Sein graues, verstaubtes Gesicht
zuckte.
    Er ging in die Hocke, riß sich mit Gewalt los von den
unheimlichen Bildern und starrte in die Tiefe des Schachts, in dem
Ernest Tragon verschwunden war.
    Kein Laut mehr von da unten…
    Wie tief ging es abwärts? Hatte Tragon das Loch im Boden
nicht bemerkt, war gestürzt und hatte sich das Genick
gebrochen?
    Owen richtete die Fackel nach unten.
    Er mußte die Augen schließen.
    Es glänzte, als wäre dort unten ein Berg von Gold,
der…
    Gold!
    Sie hatten den Schatz gefunden!
    Er riß die Augen auf, aber dann sah er, wie dieses Gold sich
bewegte.
    Bräunhäutige grazile Menschen mit Goldhelmen und
goldenen Rüstungen wimmelten da unten wie ein Ameisenheer
herum.
    Auf einem goldenen Altar lag Ernest Tragon. Der Begleiter war
nackt. Die Goldgekleideten hatten ihm die Kleider vom Körper
gerissen. Ernest Tragon lebte. Seine weitaufgerissenen Augen waren
auf den nach unten starrenden Owen gerichtet.
    Aber kein Laut kam über die Lippen des Mannes, der in die
Hände der Geheimnisvollen gefallen war. Tragon war vor Schreck
gelähmt.
    Eine grauenhafte Vision spielte sich vor den Augen des Betrachters
ab. Es ging alles rasend schnell.
    Ein Messer blitzte auf.
    Es war ein Messer aus purem Gold, und mit einem einzigen Schnitt
öffnete der Priester den Brustkorb des Gefangenen.
    Wie Gedankenfetzen folgten die

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