Black Monday
Metern Höhe in das Arabische Meer gestürzt ist. Wir wiederholen, es gab keine Explosionen. Die Behörden sind schockiert über den Absturz von vier Maschinen an einem Tag. Bisher geht man nicht von terroristischen Anschlägen aus. Aber die meisten großen Fluggesellschaften haben alle Flüge abgesagt, bis ihre Maschinen auf Bomben und Sabotage überprüft sind.«
Hassan steht wankend auf. Der Kontrollraum kommt ihm plötzlich vor wie ein stickiges Gefängnis.
Ich hätte diese verdammte Geschichte nicht senden sollen. Ich habe die Leute unterstützt, die das getan haben.
Sein Herz rast. Er reißt sich von den Monitoren los und geht in den Flur, es drängt ihn ans Tageslicht, ans Meer, er braucht etwas Wirkliches. Er eilt zu den Fenstern des Nachrichtenraums mit Blick auf den Hafen, aber offenbar sind ihm alle anderen zuvorgekommen.
Was starren die alle so nach unten?
Von panischer Angst gepackt, fängt Hassan an zu beten. Nicht noch ein Flugzeug.
Eine der Kameraassistentinnen weint.
Er will da nicht hinsehen. Doch er kann nicht widerstehen. Auf den ersten Blick wirkt alles wie immer. Unten verläuft die Küstenstraße, ein feines Band aus Teer, das sich stolz an modernen Gebäuden, die die Küste säumen, entlangwindet. Für einen Moment verfliegen seine Befürchtungen.
Doch dann wird ihm klar, dass er sich geirrt hat.
Eine der Sekretärinnen zittert. »Da draußen. Sehen Sie? Da ganz hinten … der Rauch. Es war eben noch in der Luft. Es ist einfach runtergefallen …«
»Die Motoren sollen den Dienst versagen«, hat der Imam gesagt.
Vollkommen perplex fragt sich Hassan, wie sie das koordiniert haben. In diesen Flugzeugen saßen Hunderte von Menschen. Erst letzte Woche saß er selbst in einem Flugzeug.
Im Nachrichtenraum spielen die Telefone verrückt, aber die Mitarbeiter können sich nicht von den Fenstern losreißen.
Jemand bemerkt: »Es ist genau so, wie der Imam gesagt hat …«
Und jemand anders: »Nein, er hat von viel mehr gesprochen. Er hat gesagt, es gehe um Länder, nicht nur um ein paar Flugzeuge.«
Hassan spürt, wie ihn das blanke Entsetzen packt. Er hat gesagt, es geht um Regierungen. Er hat von Armeen geredet. Er hat gesagt, der Zusammenbruch wird innerhalb weniger Tage beginnen.
Das ist der Lauf der Dinge – eine Ära löst die nächste ab, aber die Menschen – zumindest die meisten – sind sich dessen normalerweise nicht bewusst.
»Es muss eine logische Erklärung dafür geben«, versucht Hassan seine Mitarbeiter zu beruhigen. Aber gleichzeitig denkt er, dass es möglicherweise keine logische Erklärung gibt. Vielleicht ist Gott eine logische Erklärung. Vielleicht bricht ja eine finstere Zeit an, wie im Koran angekündigt, und heute ist so ein Tag, wie in der Bibel beschrieben.
Als ihn nur wenige Minuten später der nächste Anruf erreicht, hat er das Gefühl, am Rande eines Herzinfarkts zu stehen.
»Hier spricht Ihr alter Freund«, flüstert ihm die vertraute Stimme ins Ohr. »Haben Sie die kleine Geschichte weitergegeben? Haben Sie Ihre Freunde in Übersee über die Höhle informiert?«
3. KAPITEL
30. Oktober. Zwei Tage nach dem Ausbruch.
Bis zum Abend vor Halloween, 63 Stunden nach den fünf Flugzeugabstürzen, sind keine weiteren Katastrophen eingetreten. Es gilt zwar weiterhin höchste Terror-Alarmstufe, aber in Washington hat man aufgeatmet. Der Flugverkehr ist wieder freigegeben worden. Zusätzliche Sicherheitskräfte sind in Bereitschaft. Der Imam in Pakistan, vermuten Geheimdienstexperten, hat die Gefahr, wie für Terroristen typisch, maßlos übertrieben.
Im Vorgarten seines Hauses im Nordwesten von Washington, D.C. grillt ein neununddreißigjähriger Epidemiologe namens Dr. Gregory Gerard für seine Nachbarn Würstchen und Hamburger mit Zwiebeln.
Er will sich ein bisschen erholen nach zwei Tagen nervenzerreißender Anspannung im Pentagon, wo in Erwartung der auf Al-Dschasira vorhergesagten Terrorwelle Kriegsszenarien durchgespielt und Abwehrmaßnahmen auf mögliche bakteriologische Angriffe geplant worden sind: die Organisation medizinischer Hilfe, Evakuierung von Hotels und Büros, Sicherstellung von Labors zur Erkennung von Anthraxerregern, Bereitstellung von Krankenhausbetten.
Jetzt wünscht sich Gerard nur noch, seine beiden besten Freunde würden endlich aufhören, über die abgestürzten Jets zu diskutieren. Die Argumente sind stichhaltig. Aber seine Freunde machen den Kindern Angst, die am Grill auf ein Würstchen warten.
»Hör zu«, sagt Les
Weitere Kostenlose Bücher