Blackcollar
dieses Risiko einzugehen. Außerdem wird es ab heute zwölf Uhr mittags einen Zwei-Stunden-Sicherheitszyklus im Buchladen geben. Achten Sie darauf!«
»Geht klar.«
»Gut.« Der General ergriff über den Tisch hinweg Caines Hand. »Wenn Sie heute Abend kommen, bin ich vielleicht nicht hier, deshalb verabschiede ich mich schon jetzt. Sie sind sehr wertvoll für uns, Allen, und wir möchten natürlich, dass Sie vorsichtig und auf Ihren Schutz bedacht sind. Gleichzeitig handelt es sich jedoch wahrscheinlich um den wichtigsten Auftrag der letzten zwanzig Jahre, und es ist keine Übertreibung, wenn ich feststelle, dass die Chancen, die Erde zu befreien, von Ihnen abhängen. Wir werden vielleicht nie wieder in der Lage sein, jemanden für eine solche geheime Erkundung auf einen anderen Planeten zu befördern, und Sie wissen, dass es unmöglich ist, mit Gewalt an die Informationen heranzukommen. Enttäuschen Sie uns nicht.«
Caine sah dem General in die Augen, während er ihm die Hand schüttelte. Kratochwils braune Augen waren klar, wach und dank des Idunins relativ jung.
Aber in ihnen lag noch etwas, das keine Jugenddroge beeinflussen konnte. Zweiundneunzig Lebensjahre, davon dreizehn in einem aussichtslosen Krieg und weitere neunundzwanzig unter feindlicher Herrschaft hatten diese Augen alt gemacht, und Caine fühlte sich plötzlich wieder wie ein Kind. Die selbstsichere Erklärung, die er abgeben wollte, verflüchtigte sich.
»Ich werde mein Bestes tun, Sir«, murmelte er stattdessen.
Es war fünf vor sechs, als sich Caine durch die übliche Menge von heimwärts strebenden Arbeitern drängte und sich wieder dem Buchladen näherte. Die Victory-Day-Feiern waren vorbei, und auf den Straßen kurvten wieder Automat-Taxis und dazwischen gelegentlich ein privater Wagen herum; dadurch blieb ihm reichlich Zeit, in das Geschäft zu schlüpfen, sich seine restlichen Papiere zu holen und wieder in der Menge unterzutauchen.
Er war beinahe am Ziel angelangt und drängte sich gerade zum Rand des Gehsteigs durch, um die Straße zu überqueren, als ihn etwas in der Auslage erstarren ließ. Bei einem Zweistundenzyklus wäre die Auslage seit seinem Vormittagsbesuch dreimal verändert worden. Der Heinlein musste um neunzig Grad rotiert haben, und am Dickens musste eine CD-Box lehnen. Aber die Box war nicht vorhanden, und die Auslage befand sich im Vierzehn-Uhr-Zustand. Jemand hat es vergessen, war sein erster, hoffnungsvoller Gedanke, doch er dachte ihn nicht einmal zu Ende. Er wusste, dass es nur eine einzige Erklärung gab.
In dem Buchladen hatte in den letzten vier Stunden eine Razzia stattgefunden.
Diese Möglichkeit hatte natürlich immer bestanden, aber es hatte sich nie in seiner unmittelbaren Nähe abgespielt, und der Schock betäubte ihn. Weil die bewusste Kontrolle durch sein Gehirn aussetzte, trat seine Ausbildung an ihre Stelle, sodass er ohne zu zögern am Buchladen vorbeiging. Als sein Gehirn wieder zu funktionieren begann, befand er sich zwei Häuserblocks weiter und in Sicherheit.
In Sicherheit. Aber wie lange? Wenn die Regierung den Buchladen überwacht hatte, dann wusste sie, dass Caine innerhalb der letzten zwei Wochen viermal hier gewesen war. Auch wenn sie dieser Tatsache noch keine Bedeutung beimaßen, würden sie über kurz oder lang alles über ihn herausfinden. Bestimmt war mindestens einer der vier Leiter des Widerstands anwesend gewesen, als die Sicherheitskräfte eintrafen, und wurde jetzt unter Anwendung von Verifin oder Neurotrace einem Verhör unterzogen. Caine musste fliehen... aber wohin? Der Widerstand hatte zahlreiche Schlupflöcher angelegt, aber man konnte sich jetzt keinem anvertrauen. Kratochwil und die anderen hatten die beste verfügbare Psychor- Ausbildung erhalten, doch auch das nützte bei einem Neurotrace-Auswerter nur kurze Zeit.
Irgendwann würden sie zusammenbrechen... und dann würde die Regierung imstande sein, ihn überall auf der Erde aufzuspüren.
Es dauerte eine Sekunde, bis ihm das klar wurde; doch dabei erinnerte sich Caine an das dicke Päckchen in seiner inneren Jackentasche. Rienzis Ausweis, ein kleiner Geldbetrag... und ein Rundflugticket nach Plinry. Falls Kratochwil zu den Festgenommenen gehörte, hatte wahrscheinlich für den Widerstand in diesem Gebiet die letzte Stunde geschlagen - aber das galt nicht unbedingt für Caines Auftrag. Wenn er sich die Hilfe von General Lepkowski und dem Plinry-Untergrund sichern konnte, gab es noch eine geringe Möglichkeit, dass er es schaffen
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