Blackcollar
Rückendeckung hatten sie im Korridor des fünfzehnten Stockwerks zwei Männer zurückgelassen, doch diese waren genauso wenig auf sein Auftauchen gefasst, und zwei Wurfsterne machten ihm den Weg frei. Lathe rannte die gleiche Route zurück, die er heruntergekommen war, und hoffte, dass der Mann, der den Zugang zu der auf das Dach führenden Treppe bewachte, abgezogen worden war.
Er war noch da. Als Lathe in den Korridor einbog, schaute die Mündung eines Lasergewehrs hinter der nächsten Ecke hervor. Lathe schleuderte einen shuriken auf das eine sichtbare Auge des Wächters und steigerte sein Tempo, um die Tür zur Treppe zu erreichen, bevor der Gegner einen gezielten Schuss abfeuern konnte.
Er hatte nur teilweise Erfolg. Der shuriken ging vollkommen daneben und pfiff offenbar so schnell am Wächter vorbei, dass dieser nicht einmal Zeit hatte zurückzuweichen. Sein erster Schuss streifte Lathes linken Schenkel; der zweite ging über den Kopf hinweg, weil Lathe nach einem Hechtsprung mit anschließendem Überschlag wenige Meter vor der Tür zur Treppe aufkam. Ohne sich aufzurichten, warf er in rascher Folge weitere vier shuriken und zwang den Wächter dadurch, in Deckung zu gehen, sodass er die Tür erreichen und sie öffnen konnte. Der nächste Feuerstoß traf die Metallfläche, weil Lathe bereits die Treppe hinaufrannte.
Während der letzten Minuten hatte er sich nicht um den ununterbrochenen Strom von Befehlen und Kommentaren gekümmert, die Skyler durchgab, um dem Sicherheitsdienst zu erklären, warum der Bodenangriff der Blackcollars noch nicht begonnen hatte. Jetzt schaltete Lathe sein Mikrofon ein und unterbrach Skyler. »Bereitschaft eins, hier spricht Führer eins. Aktion abbrechen. Bereitschaft eins, ich wiederhole: abbrechen!«
»Bereitschaft eins verstanden«, bestätigte Skyler.
»Ausreisevisum erledigt. Haben Sie's?«
»Nein. Ziehen Sie sich zurück und zerstreuen Sie sich!«
»Verstanden. Beeilen Sie sich! Geier unterwegs.«
Das bedeutete, dass Skyler anfliegende Patrouillenboote entdeckt hatte. Lathe musste vom Dach verschwinden, bevor ihm der Fluchtweg abgeschnitten wurde.
Als er das Dach erreichte, steckte eine neue blauweiße Rakete in einer blasenwerfenden Pfütze, und ihr silbrig glänzendes Seil führte vom Dach zu Skylers Gebäude. Am Horizont entdeckte Lathe vier schlanke Patrouillenboote.
Der Klebstoff brauchte dreißig Sekunden, um fest zu werden, und während dieser Zeit stürmten vier Sicherheitsmänner aus der Tür und direkt in Lathes nunchaku. Die Rollen waren zur Abwechslung vertauscht, und Lathe befand sich in der relativ sicheren Defensive. Er hoffte nur, die restlichen Wachen, die sich zweifellos sammelten, würden erst so spät angreifen, dass er inzwischen Skylers Gebäude erreichen konnte.
»Fertig«, meldete Skyler; Lathe rannte los und schob unterwegs die Rolle an seinem linken Handgelenk zurecht. Als er die Brüstung erreichte, hakte er die Rolle in das Seil ein und stieß sich ab.
Der Wind beutelte ihn durch, während er das straff gespannte Seil hinunterglitt. Unter ihm fegten der Gefängnishof und die Mauer des Strip vorbei, und er erblickte kurz acht am Zaun geparkte Sicherheitswagen, deren Besatzungen wild auf ihn feuerten. Aber eigentlich herrschte bei der Dreißigsekundenfahrt nur das Bewusstsein des Schmerzes vor, als die Spannung den Flexarmor an seinem linken Arm erbarmungslos gegen seine verbrannte Schulter presste...
Es war beinahe ein Schock für ihn, als Skyler plötzlich mit ausgestreckten Armen vor ihm stand und seinen Schwung abfing. »Ist alles in Ordnung?«, fragte Skyler besorgt, während Lathe die Rolle abschnallte.
»Ich werde es überleben«, seufzte Lathe, während er seinen Gasfilter abnahm. »Das haben Sie gut gemacht; meine Haut ist Ihnen zu Dank verpflichtet. Vergessen Sie die Geräte bis auf den Horcher; alles andere kann ersetzt werden. Dieses Gebäude wird sehr bald vor Kollies wimmeln.«
»Geht in Ordnung. Nur noch eine Sekunde...«
Skyler griff nach dem Abzug des Raketenwerfers, betätigte ihn, und die letzte Rakete schoss durch die Luft. Lathe drehte sich um und sah zu, wie sie in die Lücke fiel, in der sich noch vor Kurzem das Avis-Tor befunden hatte. Drei Patrouillenwagen des Sicherheitsdienstes, die vom Strip zum Tor unterwegs waren, kurvten wild herum, um der Explosion auszuweichen. Einer von ihnen schaffte es nicht.
»Das sollte die Verfolgung etwas verzögern«, murmelte Skyler. »Haben Sie drin alles erledigt, was Sie
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