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Blade 02 - Nachtklinge

Blade 02 - Nachtklinge

Titel: Blade 02 - Nachtklinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Courtenay Grimwood
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Zuständen im Reich ebenso angewidert waren wie er selbst.
    Die Revolte des Cousins eines der Regenten wurde brutal niedergeschlagen und nicht vertrauenswürdige Mitglieder des kaiserlichen Heeres beseitigt. Die angehäuften Reichtümer in den Schatzkammern der Regenten wurden dem Reich wieder zugeführt und die Steuern gesenkt. Dieser Schachzug sicherte Johannes V. die Loyalität der Händler von Konstantinopel. Es war die erste Steuersenkung seit fünfzig Jahren.
    Der neue Kaiser beobachtete aufmerksam und lernte rasch dazu. Bald wusste er Freund und Feind zu unterscheiden und ließ sich nicht von Lügen blenden. Mit zweiundzwanzig Jahren tötete er den Sohn des Seldschukenkönigs in der Schlacht von Cinbi. Prinz Suleiman hatte in Begleitung von neununddreißig Rittern den Hellespont überquert. Die Schiffe hatten sie von genuesischen Händlern geliehen.
    Daraufhin erließ der Basileus den Befehl, alle genuesischen Familien, die sich in Konstantinopel niedergelassen hatten, zu ermorden, und rief zum Waffengang gegen den Vater Suleimans. Der Verlust von Land, Sohn und dem Großteil seines Heeres stürzte König Orthan in tiefe Verzweiflung, und er bat um Frieden.
    In den folgenden Jahren eroberte Johannes V. Provinzen zurück, die man für immer verloren geglaubt hatte. Freilich kam ihm dabei zugute, dass die Mamelucken die Seldschuken abgrundtief hassten, doch das behielten die weisen Historiker lieber für sich.
    Die Ritter des Hofes trugen Rüstungen, die seit tausend Jahren auf die gleiche Weise gefertigt wurden. Sie knieten auf dem kostbaren Mosaikboden und hielten den Blick gesenkt.
    »Andronikos …«
    Der Magier des Kaisers, ein hoch gewachsener, hagerer Mann, trat einen Schritt vor.
    In seinem einfachen Gewand wirkte er eindrucksvoller als alle Gouverneure, Prinzen und Höflinge in ihren mit Gold verzierten Tuniken. Viele Männer des Ostens behaupteten, Magier zu sein. Manche waren nichts weiter als Scharlatane, andere brachten ein wenig simple Magie zustande – ließen Flammen auflodern, lasen Gedanken und befreiten Häuser von lästigen Geistern. Eine Handvoll war imstande, in die nahe Zukunft zu blicken. Andronikos hingegen konnte die Zukunft sehen, kommende Ereignisse beurteilen und die Geschicke in die richtigen Bahnen lenken. In jener Nacht, als der Tod von Prinz Suleiman den Lauf der Geschichte änderte, war er an der rechten Seite des Kaisers in die Schlacht geritten.
    »Hoheit.« Andronikos verneigte sich tief. Es bereitete ihm sichtlich Mühe. Er war ebenfalls nicht mehr der Jüngste, und die zahlreichen Schlachten und Verletzungen machten sich schmerzhaft bemerkbar.
    »Was habt Ihr erfahren?«
    Der Magier berichtete von den derzeit in der Stadt kursierenden Gerüchten, von Mordfällen und Liebschaften, geheimen Plänen und offenen Plünderungen. Der Mithras-Kult gewann mehr und mehr Anhänger. Man hatte einen toten weißen Stier am Fluss gefunden. Ein Seldschukenprinz plante einen Anschlag. Es gab immer irgendeinen Seldschukenprinzen, der ihm nach dem Leben trachtete, und der Basileus dachte bei sich, dass der seldschukische Herrscher auf diese heimtückische Art wohl unliebsame Söhne aus dem Weg räumen wollte.
    »Und Venedig?«
    Andronikos legte bedächtig die Fingerspitzen aneinander.
    »Niemand kann unser Gespräch belauschen. Schutzzauber sind überflüssig.« Damit hatte der Kaiser natürlich recht. Die Geräuschkulisse aus Chorälen, raschelnden Gewändern und quietschenden Fächern, die keuchende Sklaven mittels Zugseilen über den Köpfen der Ehrengäste auf und ab bewegten, schirmte die beiden Männer zuverlässig vor ungebetenen Zuhörern ab.
    »Es gibt gute und schlechte Nachrichten …«
    Der Kaiser wartete. Derartige Kunstpausen, in denen seine Gesprächspartner ausloteten, ob er ihnen weiter zuhören wollte, waren durchaus üblich. Seine hohe Stellung bei Hofe enthob Andronikos eigentlich dieser Vorsichtsmaßnahme. Doch einmal hatte er unaufgefordert das Wort ergriffen und hatte dafür bezahlt. Der Kaiser hatte ihn ins Gefängnis werfen lassen, seine Ländereien beschlagnahmt, seinen ältesten Sohn ins kaiserliche Heer eingezogen und ihn bei einem Truppenvorstoß in Richtung Süden in den Tod geschickt.
    Während er sein Leben lang vorgab, ausschließlich Gottes Willen zu dienen, hatte der Kaiser in Wahrheit politische Gegner vernichtet, die Grenzen seines Imperiums gesichert, den Handel gefördert, sich vertrauenswürdige Verbündete geschaffen und dauerhafte Verträge

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