Blaine McCracken 6: Der Tag Delphi
sowohl als Handelsgut für die Zukunft wie auch als Druckmittel.«
»Ich verstehe.«
»Der Großteil der Waffen muß noch in den Vereinigten Staaten sein, und wir müssen herausbekommen, wo sie versteckt werden. Ansonsten könnte Delphi sie bei einem späteren Versuch einsetzen.«
»Überlaß das Sal Belamo und mir, Blainey.«
»Übrigens mit dem Segen des Präsidenten.« McCracken hielt inne. »Es ist schon komisch, Indianer«, fuhr er dann fort, »jetzt arbeiten wir mit der Billigung von innen, so tief aus dem Inneren, wie man nur hineinkommen kann, mit allen Hilfsmitteln, die die Nation uns zur Verfügung stellen kann, und trotzdem sind wir allein.«
»Das muß nicht unbedingt von Nachteil sein, Blainey.«
»Und wieso nicht?«
»›Innen‹ ist ein Geisteszustand, kein Daseinszustand. Schon zu unseren Anfängen im Höllenfeuer haben wir immer außerhalb des Systems gearbeitet, aber nur, um besser erreichen zu können, was das System braucht. Ich habe Traggeo bis in die Sandburg Eins verfolgt. Aber als ich sah, daß er Teil eines viel größeren Ganzen war, wurde mit klar, daß er nur ein Köder war, den die Geister ausgelegt hatten, um mich dorthin zu locken.« Wareagle hielt inne und musterte McCracken bedächtig. »Zu dir und zu dem, womit wir es jetzt zu tun haben. Was wir retten müssen.«
»Sie, nicht wahr? Diejenigen, die uns denunziert und ausgestoßen haben, die nicht einmal unsere Existenz zur Kenntnis nehmen wollten. Wir haben uns durchgesetzt, obwohl sie alles darangesetzt haben, es zu verhindern.«
»Wer sind dann die wahren Außenseiter? Wir sehen uns als Teil eines Landes und einer Welt, die man manchmal vor sich selbst und ihren eigenen Exzessen retten muß. Die Machthaber sind für diese Exzesse verantwortlich oder lassen sie zumindest zu. Sie steuern und führen eine Wesenheit, über der sie stehen – wenn nicht sogar außerhalb von ihr –, und beobachten lediglich, wie sie sich entwickelt. Aber sie sehen nicht, was diese Entwicklung im Inneren bewirkt.«
»Und wir doch.«
»Jetzt verstehst du.«
»Ich glaube schon. Und demnächst werden die Geister versuchen, auch mir etwas ins Ohr zu flüstern.«
Wareagle ließ eins seiner seltenen Lächeln aufblitzen. »Vielleicht haben sie schon damit angefangen, und du mußt ihnen nur zuhören.«
Johnny hatte das Büro kaum verlassen, als auch schon Kristen Kurcell hereinplatze, sehr zum Unbehagen des FBI-Agenten, der auf sie aufpassen sollte. Sie warf dem Mann im grauen Anzug die Tür vor der Nase zu.
»Sie wollten sich wohl auf französisch verabschieden, was, McCracken?«
»Lassen Sie mich tun, was ich am besten kann, Kris.«
»Und was wird aus mir?«
»Sie bleiben am Leben.«
»Das genügt mir nicht«, sagte sie entschlossen.
»Hören Sie, Kris …«
»Erzählen Sie mir doch keinen Quatsch, McCracken. Falls Sie es vergessen haben sollten, ich stecke in dieser Sache drin. Ich habe alles aufgegeben, um herauszufinden, warum mein Bruder sterben mußte.« Sie zögerte, doch ihre Augen verloren kein Quentchen ihres Feuers. »Wissen Sie, Samantha Jordan hat mich geliebt …«
»Das habe ich schon mitbekommen.«
»… und ich habe sie getötet.«
»Das tut mir leid.«
»Mir nicht. Sie gehörte der Verschwörung an, die meinen Bruder getötet hat, und war voller Lug und Trug. Sogar, als sie mich verführen wollte, was sie mehr als nur einmal versucht hat, war die Täuschung vorhanden. Ich hätte kündigen können, habe es aber nicht getan, weil ich sie in erster Linie für meine Freundin hielt. Noch eine Lüge.«
»Vielleicht auch nicht. Sie haben eingestanden, daß sie Sie schon viel früher hätte töten können, es aber nicht getan hat.«
»Was nur in ihrem eigenen Interesse lag.«
»Handelt nicht jeder nach seinem eigenen Interesse?«
Ihr Blick wurde plötzlich unsicher. »Sie nicht.«
»Ich bin anders.«
»Ich weiß«, sagte Kristen.
Sie trat schnell einen Schritt vor, zog Blaines Kopf hinab und küßte ihn mit all der Leidenschaft, die sich in ihr aufgestaut hatte. Blaine spürte jeden Fetzen ihrer Gefühle und ihrer Furcht. Er schlang die Arme um sie und erwiderte den Kuß instinktiv. Der Augenblick zog sich dahin, bis sie die Hände auf seine Brust legte und ihn gegen die Wand zurückstieß.
»Nimm mich mit nach Südafrika«, sagte sie, nachdem sie sich schließlich von ihm gelöst hatte. Ihr Blick forderte die Antwort, die sie hören wollte.
Er hob die Hände und ergriff ihre Schultern. »Sei einfach hier, wenn
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