Blaine McCracken 6: Der Tag Delphi
sagte der FBI-Boß ohne das geringste Zögern; er sah nicht einmal von dem Bericht auf. »Da wir nicht wissen, ob und welche der fünfzehn mittlerweile ausgeschieden sind, müssen wir natürlich alle festnehmen.«
»Da müssen wir in ziemlich vielen Bundesstaaten aktiv werden«, warnte der Präsident. »Ich habe mindestens zehn gezählt.«
»Wir sind darauf vorbereitet, Sir.«
»Wann kann die Aktion beginnen?«
»Wir müssen ziemlich viele Männer postieren und uns überdies noch mit der Schwierigkeit befassen, eine narrensichere Kommunikation zu errichten. Sagen wir, morgen, Donnerstag, zwischen Mitternacht und Tagesanbruch. Es würde die Sache beträchtlich vereinfachen, wenn wir die Repräsentanten alle zu Hause erwischen könnten. Natürlich gibt es noch einige Faktoren, mit denen wir uns vorher befassen müssen …«
»Machen Sie sich an die Arbeit.«
»Sollen wir die örtlichen Behörden informieren und einbeziehen?«
Der Präsident schüttelte den Kopf. »Die Leute auf Carlisles Liste haben die örtlichen Behörden wahrscheinlich in der Tasche. Auf keinen Fall. Sonst noch etwas?«
»Welche Anklage sollen wir gegen sie erheben?«
»Um Rhett Buttler zu zitieren: ›Ehrlich gesagt, mein lieber Ben, das schert mich einen Dreck.‹ Aber wie wäre es mit Landesverrat?«
Samuelson nickte; die Antwort hatte ihn zufriedengestellt.
»Kommen wir damit auch durch?« fragte Angela Taft.
»Ich glaube schon«, erwiderte Samuelson, »solange wir uns genau an die Vorschriften halten.«
»Was ist mit Dodd?«
»Er hält sich zur Zeit auf Olympus auf«, erwiderte Samuelson und bezog sich damit auf die Raumstation, die Dodd gemeinsam mit der NASA finanziert und konstruiert hatte.
»Ein gutes Timing.«
»Irgendwann muß er wieder runterkommen«, sagte Charlie Byrne.
»Und dann, Ben«, sagte der Präsident zum FBI-Direktor, »möchte ich, daß Sie dem Arschloch einen Strick um die Eier festziehen und ihn daran zum Weißen Haus schleifen.«
Dreißigstes Kapitel
Clive Barnstable, ein Angehöriger des Südafrikanischen Innenministeriums, erwartete McCracken im internationalen Terminal des Flughafens Jan Smuts und führte ihn von der Schlange, die sich vor der Paß- und Zollkontrolle gebildet hatte, zu einem Diplomateneingang.
»Ich wünschte, meine Instruktionen hätten es mir ermöglicht, Verstärkung anzufordern«, beschwerte er sich.
»Das waren meine Instruktionen«, erwiderte Blaine. »Ich will nicht mehr Aufmerksamkeit als absolut notwendig auf meine Ankunft lenken.«
Barnstable, ein gertenschlanker Mann, der einen beigefarbenen, von Schweißflecken verunstalteten Leinenanzug trug, wischte sich mit einem Taschentuch die Stirn ab. »Wie Sie wünschen.«
Die Linienmaschine aus Washington war am Donnerstag kurz vor Anbruch der Morgendämmerung gelandet. Der Flug hatte siebzehn Stunden gedauert, und gemeinsam mit der Zeitverschiebung von fünf Stunden hatte McCracken im Prinzip einen kompletten Tag verloren, der ihm nun eventuell fehlen würde. Sein Gesuch, von einem Experten über Travis Dreyer und die AWB abgeholt und assistiert zu werden, war über die entsprechenden Kanäle weitergeleitet worden, wenngleich man dabei alles vermieden hatte, was zu einem Stirnrunzeln der falschen Stellen führen würde.
»Draußen wartet ein Wagen«, sagte Barnstable.
»Wir nehmen ein Taxi.«
»Der Wagen steht im Halteverbot.«
»Dann muß er Diplomaten-Nummernschilder haben.«
Barnstables Schultern sackten hinab, als er McCrackens Gedanken nachvollzog. »Sie haben natürlich recht«, lautete seine Antwort.
»Was ist mit den Informationen, die ich angefordert habe?« fragte Blaine Barnstable, als sie sich dem Abfertigungsschalter im Diplomatenbereich näherten.
Barnstables dürres Gestell hüpfte auf und ab. »Die warten an einem sicheren Ort auf Sie.« Sein Tonfall wurde barsch. »Hoffentlich ist die Sache wirklich so wichtig. Man legt sich nicht einfach so mit Whiteland an.«
»Whiteland?«
»Das ist der Name, den Dreyer dem Privatstaat im östlichen Transvaal gegeben hat, den die AWB gebildet hat.«
»Wissen Sie was? Suchen wir uns ein Taxi, und Sie können mich unterwegs ins Licht setzen.«
Der Präsident nahm die Nachrichten, die Samuelson ihm um sechs Uhr am Donnerstagmorgen brachte, eher frustriert als wütend hin. Er hatte die Nacht über erneut kein Auge zugemacht und auf die Bestätigung gewartet, daß die gleichzeitige Festnahme der bekannten Mitglieder Delphis erfolgreich abgeschlossen worden war. Als
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