Blamage
mit wirrem Haar, desorientiert und fahrig. Auch während der anschlieÃenden Tourneen war sie körperlich und stimmlich absolut daneben. Das waren Bilder und Storys, mit denen sich viel Geld verdienen lieà â »Divine« Brown kassierte damals von News of the World satte 160 000 Dollar für ein Exklusivinterview. Vergleichsweise harmlos wirkten dagegen die Fotos, die John Travolta 2011 beim Hawaiiurlaub in der Hängematte zeigten â oben ohne, sprich: ohne Toupet; oder die Bilder von Supermodel Gisele Bündchen, wie sie auf dem kalifornischen Pacific Coast Highway von Verkehrspolizisten angehalten wurde. Die Paparazzi knipsten gnadenlos, wie die Schönheit die Ordnungshüter vergeblich mit ihren Rehaugen anschmachtete, Gisele kassierte trotzdem ein »speeding ticket«. AuÃerordentlich beliebt sind bei der Klatschpresse oder den entsprechenden Online-Plattformen alle Geschichten und Bilder, die die Schönheit der Stars demaskieren und letztere somit als Menschen wie du und ich erscheinen lassen. Geschmackliche Entgleisungen im Outfit, missglückte Frisuren, unreine Haut, vor allem aber Gewichtsprobleme werden ausführlich und genüsslich illustriert oder diskutiert: Ob Mariah Careys oder Christina Aguileras Extrapfunde, ob Russell Crowes energische Ankündigung, jetzt aber wirklich abzuspecken â solche Storys holen die Stars vom Podest herunter und bedienen zudem die Lust an der Schadenfreude. Das wirkt einerseits als Regulativ gegen den vom Starkult geförderten Diät-Terror, dem auch die Promis selbst nicht entfliehen können. Andererseits, so der renommierte britische Mediziner Michael J. McMahon, wären aber auch »fette Stars eine Gefahr« â ein ebenso negatives, gesundheitsschädliches Vorbild. 68 Denn irgendwann könnten die Leute denken, es sei völlig normal und völlig in Ordnung, so auszusehen wie Beth Ditto oder Cindy aus Marzahn.
Britney, Charlie, DSK â Peinlichkeit als PR -Instrument
Darryn Lyons, der eine der gröÃten Paparazzi-Agenturen der Welt besitzt, ist unter anderem damit reich geworden, dass er Stars in möglichst peinlichen Situationen verewigte. Er ist aber auch überzeugt, dass die Prominenten ebenso von den Paparazzi profitieren. Letztere, so Lyons, »arbeiten nicht gegen die Prominenten«, es sei vielmehr eine Symbiose. Und Mitleid sei schon gar nicht angebracht: »Hat sich ein Star für das Spiel mit den Medien entschieden, muss er es permanent spielen.« Die scheinbar investigativ entdeckten und höchst sensationellen Peinlichkeiten der Promis sind in Wahrheit oftmals wohl kalkuliert und inszeniert, wie Lyons aus Erfahrung weiÃ: »Mal zeigen sie sich den Fotografen mit Ehering, mal ohne. Dann sieht man plötzlich, dass sie sich die Haut am Arm aufgeritzt haben â und hört von irgendwelchen Beziehungskrisen, Affären, Zusammenbrüchen. Denken Sie nur an Britney Spears: Sie hätte mit ihrem Album Blackout ganz gewiss nicht die US -Charts gestürmt, wäre sie nicht so ein Wrack gewesen. Zeitweise war es absolut angesagt, ein Wrack zu werden oder sich als ein solches zu präsentieren.« 69 Peinlichkeit als PR -Instrument.
Allerdings hatte man bei Britney Spears durchaus den Eindruck, dass die Blamage hier zwischenzeitlich auÃer Kontrolle geriet. Was man anfänglich als lächerlichen Ausrutscher amüsiert zur Kenntnis nahm, entwickelte sich im Jahr 2007 schrittweise zu einer bedrohlichen Lebenskrise. Britney hatte zunächst für Schlagzeilen gesorgt, als sie sich ihren Kopf kahl rasieren und am Nacken und rechten Unterarm tätowieren lieÃ. Im Februar jenen Jahres musste sich Frau Spears dann kurzzeitig in das auf Suchtkranke spezialisierte Reha-Zentrum »Promises« in Malibu begeben. Im Oktober 2007 verlor sie das alleinige Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder an Ex-Ehemann Kevin Federline (»Fed-Ex«), und wenige Wochen später wurde die Sängerin ins Cedars-Sinai Medical Center L. A. eingeliefert. Sie hatte sich zuvor mit ihren Kindern in ihrer Villa verbarrikadiert und war dort regelrecht belagert worden: Helikopter, Polizeiwagen, Feuerwehr- und Krankenwagen waren vor Ort. Das Besuchsrecht für die Kinder wurde Britney umgehend entzogen, und einige Tage später kam die Zwangseinweisung in das UCLA Medical Center, da sie eine »Gefahr für sich und andere« darstelle. Das war schon nicht mehr peinlich, sondern
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