Blaue Rosen
Petticoats und Rock`n`Roll
Delilah
stand am Schultor und wartete auf ihre beste Freundin Andrea. Sie
trug ihren neuen Petticoat und fühlte sich richtig gut. Es war
September 1954 und angenehm warm im sonnigen San Bernardino,
Kalifornien.
Delilah
hatte noch immer den Song im Kopf, der am Morgen im Radio gespielt
worden war, bevor sie sich auf den Schulweg gemacht hatte –
„Smile“ von Nat King Cole. Ein wundervoller Song. Lächle,
es macht doch keinen Sinn, zu weinen. Oh, wie wahr das war. Nein, sie
würde nicht länger trauern und sich wegen des Dummkopfes
Frank die Augen ausweinen. Ihre Mom hatte Recht, er war es nicht
wert. Wer sie so behandelte, hatte sie gar nicht verdient. Sie war
viel besser dran ohne Frank.
Von
den Jungs hatte sie ohnehin erst einmal genug. Sie wollte sich auf
die Schule konzentrieren, damit sie eines Tages studieren und
Lehrerin werden konnte. Ihre Eltern waren unglaublich stolz auf
Delilah, dass sie sich so hohe Ziele gesetzt hatte. Sie hatte aber
auch wirklich Glück mit ihnen, sie waren anders als die meisten
Eltern ihrer Freundinnen. Die erwarteten nur, dass ihre Töchter
ihren High School Abschluss machten und dann so bald wie möglich
einen geeigneten Ehemann fanden. Doch das würde Delilah niemals
reichen.
Nein, ein Mann stand ihr bei der Verwirklichung ihrer
Pläne nur im Weg.
Sie
summte vor sich hin und bewegte sich im Takt, nur ein wenig, so, dass
niemand es bemerken würde. Oh, wer war das? Ein Junge kam cool
und lässig auf sie zu spaziert. Von Weitem konnte man fast
denken, es sei Elvis.
Oh,
Delilah war ganz vernarrt in Elvis Presley, diesen neuen
Rock`n`Roll-Sänger. Sein erster Hit „That`s All Right“
war seit Wochen in der Hitparade. Sie hatte bereits sämtliche
Bilder aus Zeitschriften ausgeschnitten und an die Wand über
ihrem Schreibtisch geklebt. Ihr Dad hatte gefragt, wer das sei.
„Das
ist der neue Stern am Musikhimmel, Daddy“, hatte sie ihm
erklärt und ihm die Platte vorgespielt.
„Er sieht ein
bisschen aus wie ich, oder? Findest du nicht auch, dass da eine
gewisse Ähnlichkeit besteht?“, hatte er gefragt.
Delilah
hatte gelacht, ihrem Daddy einen Kuss auf die Wange gedrückt und
zugestimmt: „Ganz bestimmt, Daddy. Nur dass du noch besser
aussiehst.“
Er hatte gegrinst und ihr einen Dollar fürs
Kino gegeben, wofür er gleich einen weiteren Kuss einkassiert
hatte.
Er
muss neu sein, dachte Delilah jetzt. Sie hatte ihn vorher noch nie
gesehen, zumindest war er ihr nicht aufgefallen, und sie war sich
sicher, dass ihr jemand wie der aufgefallen wäre.
Er
lächelte sie mit einem strahlenden Lächeln an und ging an
ihr vorbei durch das Schultor. Sie bemühte sich, ihm nicht
hinterher zu sehen, das gehörte sich nicht für eine Dame.
Doch sie konnte sich nicht helfen, ihr Kopf bewegte sich gegen ihren
Willen und ihre Augen fielen ihr fast heraus. Wow, war das ein Kerl.
Ein richtig cooler Typ mit den wohl bezauberndsten Augen, die ein
Junge nur haben konnte. Er hatte sie nur einen Moment lang angesehen,
und doch hatte sie das blaueste Blau wahrgenommen, das sie je gesehen
hatte.
„ Wo
starrst du denn hin?“, hörte sie eine Stimme. Andrea.
Delilah drehte sich zu ihr um und strahlte glücklich. Sie
nahm die Hände ihrer besten Freundin in die ihren und hüpfte
ausgelassen auf und ab.
„Du scheinst dich aber auf den
ersten Schultag zu freuen“, stellte Andrea erstaunt fest.
Es
war der erste Tag nach den Sommerferien, den wunderschönen
langen Sommerferien, von denen Delilah sich noch ein paar Tage zuvor
nicht hatte verabschieden wollen.
„ Ich
werde mich von nun an auf jeden Schultag freuen, Andrea“, sagte
Delilah glücklich.
„Was ist denn los? Erzähl
schon!“
„Ich habe soeben den Mann meiner Träume
kennengelernt. Na ja, kennengelernt eigentlich noch nicht, aber das
wird sich bald ändern“, sagte sie zuversichtlich.
„Um
Himmels Willen, nun sag mir schon, wer es ist.“
„Das
weiß ich selbst noch nicht. Ich kenne seinen Namen nicht. Ich
weiß nur, dass er fantastisch ist.“
„Ist er
neu?“
„Er muss es sein, sonst wäre er mir schon
früher aufgefallen.“
„Ich kann es kaum erwarten,
deinen Traumprinzen kennenzulernen.“
„Traumprinz? Er
ist doch kein Märchenprinz! Er ist Elvis!“
Andrea sah
sie fragend an. „Wie meinst du das, er ist Elvis?“
„Na,
wie ich es sage. Er ist Elvis! Sooo cool. Und er hat die blauesten
Augen der Welt.“ Delilah drehte sich im Kreis.
„ Kann
es sein, dass du dich verliebt hast? In einen
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