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Blaues Gift - Almstädt, E: Blaues Gift

Titel: Blaues Gift - Almstädt, E: Blaues Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt , luebbe digital
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Unterhose?
    Der Tote mochte so Mitte 40 sein, leicht gebräunt und mit sich am Hinterkopf lichtendem blondem Haar. Er konnte noch nicht allzu lange im Wasser gelegen haben, denn seine Gesichtszüge waren noch gut zu erkennen. An den Händen und Füßen zeigte die Leiche die typischen Schrumpfungserscheinungen in weißgrauer Färbung.
    Die Kriminaltechniker neben ihr debattierten gerade, wer von ihnen in das kippelige Schlauchboot steigen durfte, um eventuell vorhandene Spuren an der Buhne zu sichern. Die drei Wanderer, die den Toten als Erste entdeckt hatten, waren inzwischen zu einer Befragung hoch zum Parkplatz geführt worden, wo ihre Aussagen in einem der Polizeibusse aufgenommen wurden.
    Horst-Egon Gabler, der Leiter der Mordkommission und Pias direkter Vorgesetzter, traf als einer der Letzten am Strand ein. Mit auf dem Rücken verschränkten Händen und gesenktem Blick, um nicht vom vorgegebenen Trampelpfad abzuweichen, schritt er auf den Fundort der Leiche zu. Es ist fast so, als ob wir alle immer wieder die gleiche Filmszene aufführen, dachte Pia bei seinem Anblick, nur die Szenenbilder wechseln.
    Inzwischen hatte auch der Gerichtsmediziner seine erste Untersuchung abgeschlossen. Er trat aus der Absperrung heraus und kam auf Pia Korittki und Horst-Egon Gabler zu. Dabei machte er ein für seine Verhältnisse recht zufriedenes Gesicht.
    Pia kannte Enno Kinneberg schon von früheren Fällen her. Man vergaß ihn nicht so schnell, wenn man ihn einmal in Aktion erlebt hatte. Außerdem hätte sie schwören mögen, dass er wieder in demselben Aufzug erschienen war wie damals in Grevendorf, als sie ihn zum ersten Mal gesehen hatte. Die schwarze Baskenmütze saß fest auf seinem fast kahlen Schädel, und seine spitze Nase zuckte, als er die Untersuchungsinstrumente wieder in seiner Arzttasche verstaute.
    »Noch nicht lange tot, wie es aussieht«, bemerkte er gleichmütig. »Bei den herrschenden Wasser- und Lufttemperaturen kühlt ein Körper schnell aus. Dadurch verlangsamt sich der Eintritt der Leichenstarre ... Sie wollen natürlich mal wieder eine genaue Todeszeitbestimmung, aber die unbekannte Verweildauer des Toten im Wasser erschwert die Interpretation der Totenflecken. Trotzdem denke ich, dass der Mann noch nicht viel länger als 72 Stunden tot ist. Eher 48 würde ich schätzen, aber das ist nur eine erste Vermutung.«
    »Ist die Todesursache Ertrinken?«,wollte Kriminalrat Gabler wissen. Er trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. Seine schicken Schuhe mit den dünnen Ledersohlen waren sicher nicht für Strandausflüge im Regen gemacht.
    »Das kann man erst bei der Sektion zweifelsfrei feststellen. Ich habe bei der äußeren Besichtigung der Leiche keinerlei Spuren von Gewaltanwendung feststellen können. Der Tote hatte keinen Schaumpilz vor dem Mund, wie er bei Ertrinkenden manchmal zu beobachten ist, auch keine punktförmigen Blutungen in der Bindehaut. Aber das Fehlen dieser Merkmale schließt einen Tod durch Ertrinken noch nicht sicher aus. Der Tote hat Schlamm- und Sandablagerungen in der Mundhöhle. Sie müssen das Ergebnis der inneren Leichenschau abwarten.«
    Horst-Egon Gabler wechselte einen bedeutsamen Blick mit einem Kollegen von der Wasserschutzpolizei, der sich in seinem Windschatten aufhielt. »Was kommt denn Ihrer Meinung nach sonst noch als Todesursache in Frage?«
    »Ein Herzinfarkt zum Beispiel. Oder wir haben es hier mit dem so genannten Badetod zu tun. Das ist ein Reflextod, der eintreten kann, wenn zum Beispiel kaltes Wasser in den Kehlkopf eindringt.«
    »Wann wissen wir Genaueres?«
    »Wenn ich heute noch ein Team zusammentrommeln kann, haben Sie zu den Spätnachrichten erste Ergebnisse vorliegen«, antwortete Kinneberg.
    Gabler nickte. Aus Erfahrung wusste er, dass es zwecklos war, Kinneberg zu irgendetwas zu drängen. Die Umstehenden beobachteten fasziniert, wie sich der Gerichtsmediziner der bestehenden Wetterverhältnisse zum Trotz mit großem Geschick einen Zigarillo anzündete. Der ausgeblasene Rauch wurde von den Windböen sofort davongetragen.
    »Mein einziges Laster«, bemerkte Kinneberg lakonisch, als er registrierte, dass man ihn beobachtete. »Bier, Schnaps und Frauen habe ich schon aufgegeben.« Er rauchte nur wenige Züge und drückte die Glut am Absatz seines Schuhs wieder aus. Den halb aufgerauchten Stummel verstaute er in der Schachtel. Eine Leiche, ein Zigarillo, dachte Pia, der das alles makaber und gleichzeitig vertraut vorkam. Aus den Augenwinkeln heraus sah sie,

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