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Blaulicht

Blaulicht

Titel: Blaulicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nacke
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Sandra Kovács gekommen? Dass die den Augenzeugen ausfindig gemacht haben, der den ganzen Tag von seinem Wohnzimmerfenster aus die Kaulbachstraße überwacht – o.k. Aber woher, zum Teufel, haben die das Foto von dem Mädchen?«
    Noch während Mattusch seine Befürchtungen darüber äußert, ob womöglich die Ausbildung von Ermittlern in die Hand von Boulevardreportern gelegt wird, sofern nicht ohnehin die Arbeit der Kriminalpolizei demnächst von der   Bild -Redaktion übernommen wird, befiehlt das Telefon auf seinem Schreibtisch mit blubbernden Lauten das Abheben des Hörers.
    »Dezernat K1, Mattusch. – Frau Kovács, was kann ich für Sie tun?«
    Interessant, findet Zoe, wie das Mienenspiel ihres Chefs mit seinem Tonfall kontrastiert.
    »Nein, Frau Kovács. Ganz bestimmt nicht. Von uns wurden keine personenbezogenen Daten an die Medien weitergegeben. – Bitte? – Auf gar keinen Fall. – Ja, natürlich. – Ja.« Und als er schließlich mit den Worten »selbstverständlich werden wir alles tun, was in unseren Kräften steht« das Gespräch beendet hat, betritt Kalz das Büro, um sich zu erkundigen, ob Sandra Kovács bereits vernehmungsfähig sei.
    »Die Spur führt eindeutig zur Pilsener Junkieszene. Höchste Zeit, ihr in dieser Hinsicht einmal auf den Zahn zu fühlen. Gibt es etwas Neues vom Klinikum?«
    Mattusch äußert den dringenden Verdacht, dass in Kalz’ morgendlicher Lektüre unmöglich die neuesten journalistischen Druckerzeugnisse inbegriffen gewesen sein konnten, worauf dieser die   FAZ   aus seiner Aktentasche zieht.
    »Großer Hintergrundbericht über die Giftmischer im Osten. Polen, Tschechien, Slowakei. Die tschechische Polizei hat bei einer Großrazzia ganz in der Nähe der Grenze, bei Rozvadov/Waidhaus, auf einem abgelegenen Gehöft einen Drogenring ausgehoben. Die rücken uns so nah, dass sie das Zeug mit dem Fahrrad über die Grenze bringen können. Unbewachte Feldwege zwischen Böhmen und Bayern gibt’s ja genug.«
    Bevor Kalz weiter ausholen kann, klingelt das Telefon ein weiteres Mal.
    »Herr Frauenknecht? – Ja, ich habe den Artikel gelesen. – Ja. – Nein! – Von uns haben die das nicht. Da müssen Sie sich an die   Bild-Zeitung   – Wir werden alles tun, um – sicher, sicher.«
    Helmut Mattusch legt den Hörer auf und wendet sich wieder an Kalz. Erstaunlicherweise schafft es sein Kreislauf, ihn unter der verschwitzten Röte seines Gesichts blass aussehen zu lassen.
    »Wenn ein Mensch auf einen anderen mit dem Messer losgeht, ist das angesichts dessen, dass so was jeden Tag ein paar tausend Mal auf der Welt geschieht, eine Bagatelle. Aber wenn die   Bild   daraus ein Drama strickt, das für die Leute hier die Ölpest im Atlantik und die Nahostkrise überschattet, dann ist das leider keine Bagatelle mehr. Deshalb werden Sie heute als erstes –«
    In diesem Augenblick kommt der dritte erwartete Anruf, und der scheint die Temperatur im Raum auf Saunaniveau zu steigern. Auf der Stirn des Dezernatsleiters perlt der Schweiß.
    »Natürlich haben Sie vollkommen recht, Herr Tobisch. Aber – bitte? – Schauen Sie, ich bin in ständigem Kontakt mit Dr. Weller von der toxikologischen Intensivstation, und bis gestern Abend galt die Kovács definitiv als nicht transportfähig, wir können sie also noch nicht nach Mainkofen überstellen. – Nein! – Aber Sie wissen doch ebenso gut wie ich, dass wir in Verbindung mit PepZero schon vier Todesfälle hatten. – Nein, die Spezialisten sitzen nun mal hier in Nürnberg im Nordklinikum! Die können Ihnen das jederzeit – natürlich halte ich Sie weiter auf dem Laufenden! – Ja.«
    Als Mattusch das Gespräch beendet, ist es noch nicht einmal halb neun, und er fühlt sich, als hätte er bereits einen kompletten Arbeitstag hinter sich, Überstunden inklusive.
    »Der Tobisch hat mir jetzt gerade noch gefehlt – ›ob jugendliche Gewalttäter neuerdings im Sanatorium verhätschelt werden‹. Wo waren wir stehengeblieben?«
    Genau das ist der Augenblick, in dem Zoe beschließt, die selbstauferlegte Respektstarre, das Muse-und-Maria-Ding aufzugeben und wieder zu dem zu werden, was sie ist: eine engagierte Ermittlerin, die eine Spur aufgenommen hat. Während Mattusch telefonierte, musste sie wieder an den Dr. Haberkorn denken, Psychologiedozent an der Polizeihochschule Fürstenfeldbruck. »Konzentrieren Sie sich auf das Motiv, wenn ein Fall beginnt, unübersichtlich zu werden, und vergessen Sie, wenn es darauf ankommt, alles, was ich Ihnen

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