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Blaulicht

Blaulicht

Titel: Blaulicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nacke
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letzte bisschen Verstand vernebeln. Aber um sie zu fassen, brauchen wir Informationen. Geht das in Ihren Kopf noch rein?«
    Kalz hat nicht geschrien, so weit reicht seine Selbstbeherrschung, doch klingt seine Stimme, als ergieße sie sich wie Säure auf sein Gegenüber, und einige Sekunden lang hört man von niemandem im Raum einen Atemzug.
    Plötzlich packt Dr. Weller den Kalz am Oberarm, zieht ihn weg von Sandra Kovács, die von einem Zittern befallen wird, dann würgt sie, springt auf, setzt einige Schritte zum Waschbecken, das sie nicht mehr erreicht, stützt sich an die Wand und übergibt sich. Ist nicht viel, was ihr Magen noch von sich gibt, um so schlimmer die Krämpfe, unter denen sie sich krümmt.
    »Sie sind wohl völlig – «
    Weller bricht den Satz ab, sagt stattdessen: »Gehen Sie sofort raus und warten Sie in meinem Büro auf mich«, und aus den Augen unter seiner rotfleckig verfärbten Stirn blitzt eine Wut, die noch zu sehen ist, als er wenige Minuten später wieder mit Kalz und Zoe zusammentrifft. Er schließt die Bürotür, öffnet das gekippte Fenster ganz, lehnt sich an den Sims und zündet sich eine Zigarette an.
    Zoe schielt nach Kalz.
    »Ich dachte, die ist wieder hergestellt«, sagt der.
    Dr. Weller holt tief Luft.
    »Dachten Sie.«
    Nimmt noch einen Zug und schnippt die Asche aus dem Fenster.
    »Dann habe ich mich offenbar nicht deutlich genug ausgedrückt, als ich sagte: ihr physischer Zustand sei stabil, und Sie mögen sich ansonsten selbst ein Bild von ihr machen. Das war keine Einladung, hier im Krankenhaus eine Vernehmung zu inszenieren. Die junge Frau steht unter einem schweren Schock, und obwohl ich auf diesem Gebiet kein Experte bin, tippe ich auf ein länger zurückliegendes Trauma.«
    Kalz schnaubt verächtlich.
    »Ich tippe eher darauf, dass uns die Dame etwas vormacht. So was haben wir doch täglich – jemand verbockt irgendwas, und um wieder halbwegs aus der Sache rauszukommen, gibt er vor, in einem Ausnahmezustand gewesen zu sein, wo er ›nicht mehr wusste, was er tat‹ und ›nicht mehr Herr seiner selbst war‹, et cetera. Wir kennen doch die Formulierungen zur Genüge. Und die Kovács glaubt jetzt, uns das arme Opfer vorspielen zu müssen.«
    Dr. Weller nimmt den letzten Zug und drückt die Zigarette in einem Taschenaschenbecher aus. Dann setzt er sich an seinen Schreibtisch.
    »Sandra Kovács«, sagt er entschieden, »braucht dringend, und darüber bin ich mir mit allen Kollegen hier einig, eine psychotherapeutische Betreuung, die wir in dem Ausmaß gar nicht leisten können. Auch aufgrund des Status der Patientin sind uns in gewisser Weise die Hände gebunden. Wie Ihnen sicherlich bekannt ist, dringt die Staatsanwaltschaft darauf, Frau Kovács in die forensische Klinik Mainkofen zu verlegen – es hat also gar keinen Sinn, hier noch eine Therapie beginnen zu wollen. Sie liegt nur deswegen noch hier, weil ihr Zustand phasenweise mehr als bedenklich ist und weil wir über die Wirkung der ganz speziellen Kombination, die sie im Körper hatte und über längere Zeit konsumiert hat, leider noch zu wenig wissen. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte.«
    Auf der Rückfahrt zum Präsidium wird Zoe von dem Wunsch geplagt, ihrem Chef vom Besuch bei Sandra Kovács Folgendes mitzuteilen: »Das einzige, was Kalz ihr entlockt hat, war Kotze.«
    Einen ganz ähnlichen Wunsch verspürt auch Dr. Weller, doch noch ehe er ihn verwirklichen kann, nimmt er einen Fremden wahr, der eben an der geöffneten Bürotür vorübergeht. Weller eilt auf den Flur und holt ihn ein.
    »Stopp und keinen Schritt weiter! Wo wollen Sie hin?«
    Der hagere Mann zieht einen Presseausweis aus der Tasche.
    »Schuster,   Bild-Zeitung . Sind Sie der behandelnde Arzt von Sandra Kovács?«
    Weller starrt dem Reporter einige Sekunden lang ins lederhäutige Gesicht, in dem zwei nervös flackernde Augen von permanentem Kaffeeüberkonsum künden. Der beschließt, ein »ja« zu interpretieren, und fährt fort: »Wurde die Kovács vergewaltigt? Und wenn ja, wie oft?«
    Wellers Toben, als er den Mann hinauswirft, würde noch lange Zeit Gesprächsstoff im Klinikum bleiben.
     
    *
     
    »Wissen Sie, was der Weller zu mir gesagt hat?«
    Helmut Mattusch betrachtet sein Telefon, als sei es noch hitzegeladen von dem Gespräch, das er vor einer knappen Viertelstunde geführt hat, und schiebt es unwillkürlich näher an den Luftstrom des Tischventilators.
    »Er hat mich gefragt, ob denn manche meiner Beamten das Nordklinikum mit

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