Blaulicht
bringt einen Teller mit Fleisch, Zwiebeln, Petersilie und Gemüse, einen weiteren mit hauchdünnem, duftendem Fladenbrot.
»Greif zu!«
Aber Mattusch mag nicht zugreifen, will eigentlich nur wissen, ob Kalz sich in eine falsche Fährte verbissen hat.
»Der Manni? Da mach dir mal keine Sorgen. Der hat’s drauf! Wirklich.« Und noch bevor Mattusch seine Bedenken vorbringen kann, ob es hier um den richtigen Kalz geht, singt Milan » Marl-bo-ro und ’ne Prise Salz, wir alle lieben unseren Manni Kaltz! Kennst nicht die Atemlos von Matthias Schuster? Der hat in den Achtzigern bei Geisterfahrer gespielt und ’ne Soloplatte rausgebracht. War damals Kult. Gibt’s jetzt übrigens als Re-Release auf CD, falls dich die Scheibe interessiert. Drum nennen wir den Kalz immer Manni. Bloß unter uns natürlich. Wie heißt denn der gleich wieder richtig?«
Kann Mattusch auf Anhieb gar nicht sagen, da der Name »Matthias Schuster« seine Gedanken auf Abwege bringt – war das nicht der von der Bild ? Von wem redet dieser Typ da bloß?
Milan häuft einen Fleisch-Gemüse-Turm auf ein Stück Fladenbrot.
»Ist ja auch egal. Nee, der Manni, ähm, der Dings hat schon den richtigen Riecher. Kommt halt ein bisschen spießig rüber. Der sollte mal zu den Tschechen rüberfahren. Ein bisschen für Ordnung sorgen da drüben.«
Als Mattusch erwähnt, dass Kalz sich justament in diesem Augenblick auf dem Weg nach Pilsen befindet, droht Milan an seiner eben in den Mund geführten Portion zu ersticken.
»Ist nicht wahr! Der Manni fährt nach Pilsen? Zur Ivana vom Drogeninspektorat?«
Der Rest seiner Worte geht in schrillem Kichern unter.
»Was ist denn mit der Ivana?«
So schnell kriegt Milan sich nicht ein.
»Passt schon, Mann. Ist nicht so wichtig«, keucht er schließlich, wie von einem Asthmaanfall geschüttelt. »Ich glaub, die ist einfach bloß ’ne Spur zu blond für den Manni.«
*
Die telefonische Odyssee von Helmut Mattusch beginnt damit, dass der Anrufbeantworter der psychotherapeutischen Praxis Halbritter eine Woche Urlaub meldet und für dringende Fälle auf eine Mobilnummer verweist.
»Na schön«, knurrt Mattusch, obwohl er allein in seinem Büro sitzt, »die wird schon nicht auf einer Finca in Mallorca sitzen.« Oder ob sie kurz entschlossen eine Reise nach Hammerfest gebucht hat, um dieser mörderischen Hitze zu entgehen? Er wählt die Mobilnummer.
»Der gewünschte Teilnehmer ist nicht erreichbar. Versuchen Sie es später noch einmal.« Hm, Urlaub im Funkloch also. Vielleicht kann man ja neuerdings, wenn man seine Ruhe haben will, gezielt Urlaub an Orten buchen, die garantiert keinen Netzempfang haben? Mattusch beschließt, kurz nach Zoe zu sehen, um sie von der geplanten Teamerweiterung durch Frau Dr. Halbritter in Kenntnis zu setzen. Und wer weiß, ob sie nicht schon wieder Neuigkeiten auf Lager hat, motiviert und findig, wie sie ist.
»Na, Zoe? Alles im grünen Bereich?«
Die packt gerade diverse Papiere in ihre Tasche und wirkt wie kurz vor dem Aufbruch.
»Wie man’s nimmt. Dem Gerlach müsste man einige Fragen stellen. Aber ich hab eben im Klinikum angerufen, und die sagen, er ist noch nicht auf dem Damm. Mit ein bisschen Glück vielleicht morgen.«
Beiden liegt eine Bemerkung über Kalz auf den Lippen, und keiner spricht sie aus.
»Na gut. Der Gerlach läuft uns nicht weg. Was gibt’s sonst noch?«
»Ich hab diese ehemalige Schülerin vom Haßler-Gymnasium kontaktiert, die damals den Gerlach angezeigt hat. Heike Harms. Bei der schau ich jetzt gleich vorbei. Ich will wissen, was damals wirklich war. Und außerdem …«, sie zögert, »hab ich mir überlegt, ob ich den Typen von der Bild anrufe. Den, von dem der Artikel stammt. Wenn es derselbe ist, der damals schon die Schüler ausgehorcht hat, dann hat er vielleicht was auf Lager. Was meinen Sie?«
Mattusch rät ab. »Der hat garantiert alles, was er auf Lager hat, in seinem Blatt verbraten. Außerdem ist der mit Vorsicht zu genießen.«
»Wenn mir der Typ mal begegnet, werde ich ihn auf eine falsche Griechenmafiafährte setzen und ihn außerdem mit Ouzo abfüllen, Chef. Aber jetzt muss ich wirklich los.«
Mattusch denkt an den Kalz. Es könnte so einfach sein, das Miteinander ein wenig geschmeidiger zu gestalten. Aber manche Kollegen, wie eben Kalz, haben überhaupt kein Gefühl für so was.
»Nur eins noch, Zoe. Unser Team bekommt Verstärkung in Sachen Kovács. Frau Dr. Halbritter, eine Psychologin und
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