Die Vampirjaegerin - Till the End of Time
Prolog
Als diese merkwürdig maskierten Menschen sie fanden, war sie gerade acht Jahre alt und saß neben dem geschundenen Körper ihrer toten Mutter. Den Leichnam ihres Vaters würde man später, in zwei Teile zerrissen und blutleer, im Keller finden.
Ihre ältere Schwester hatte sich auf den Dachboden geflüchtet und weinte dort bitterlich. Sie würde all diese Ereignisse, sowohl die vergangenen als auch die kommenden, nicht verarbeiten können und sich ein paar Jahre später lebensmüde und angsterfüllt von einer Brücke stürzen. Alles war besser als jenes Leben, das sie bis zu diesem Zeitpunkt hatte führen müssen und das sie lange Zeit mit Tod und Leid umgeben hatte. Merkwürdigerweise empfand sie den Tod plötzlich als Erleichterung. Allein dies ermöglichte es ihr, über die Brüstung zu klettern und sich schließlich fallen zu lassen.
Beide Schwestern sind damals von dem Angriff, der gleich nach Einbruch der Dunkelheit ausgeführt worden war, verschont geblieben. Sayura hatte gesehen, wie eines dieser Wesen, das augenscheinlich ein Mensch war, sich über ihre zappelnde Mutter beugte und seine Lippen wie zum Kuss auf ihren Hals legte. Diese schrie im selben Moment vor Schmerzen auf, um zunächst in der Umarmung des Mannes ihr Bewusstsein zu verlieren. Der Mann, der ihre Mutter im Arm hielt, schmatzte und saugte indes weiterhin an deren Hals, bis er ihren leblosen, schweren Körper schließlich einfach auf den Boden sinken ließ.
Er leckte sich genüsslich die blutverschmierten Lippen. Als wäre dieser Moment nicht ohnehin traumatisch und grotesk genug gewesen, nahm Sayura dann erstmals wahr, dass dieser Mann, der Mörder ihrer Mutter, verlängerte Eckzähne besaß. Zwischen den roten Lippen blitzten sie merkwürdig weiß hervor – das Erkennungsmerkmal von Vampiren schlechthin. Seine Eck- oder Reißzähne bedeuteten die Lebensverlängerung und Waffen eines Vampirs, wie Sayura später erfahren würde. Diese simplen Mordwerkzeuge waren es gewesen, die dieses Ungeheuer in den Hals ihrer Mutter geschlagen und die die Hauptschlagader zerfetzt hatten.
Als dann plötzlich auch noch maskierte Männer im Wohnzimmer standen, begann für die beiden Schwestern ein neues Leben. Einer dieser Männer hatte Sayura beschützend auf seinen Arm genommen und beruhigend auf sie eingeredet. „Du wirst die Chance auf Vergeltung bekommen, Kleine.“ Fremde Männer waren herbeigeeilt, um sie und ihre Schwester zu retten, jedoch waren sie zu spät, als dass sie das Leben derer Eltern hätten bewahren können.
Dass sie die meiste Zeit ihres Lebens allein verbringen würde, hatte der Retter nicht gesagt; auch nicht, dass sie besessen von dem Gedanken der Rache sein und selbst zur Mörderin werden würde. Ihr Leben würde fortan von dem Mysterium Vampir beherrscht sein – jenem Mysterium, das so viele Menschen mit Romantik, Dunkelheit und Unsterblichkeit verbanden und das dennoch immer ein faszinierendes Geheimnis bleiben würde. Diese Menschen wussten gar nicht, wie gut sie es hatten. Für sie würde es immer nur eine Fantasie sein. Für Sayura hingegen war es blutige Realität geworden.
Sayura war eine exzellente und leidenschaftliche Vampirjägerin, der die Einsamkeit nichts ausmachte. Sie empfand Genugtuung, konnte sie einen Vampir töten. Das, was man Leben nannte, war gestorben, als der Vampir ihre Mutter getötet hatte. Als sie starb, starb auch das menschliche Ich Sayuras.
– 1 –
Langsam erwachte Sayura aus einer tiefen Dunkelheit. Sie spürte, dass sie auf kaltem, nassem Untergrund lag. Ihre Augenlider waren schwer. Sie war so müde und fühlte sich der Welt scheinbar entrückt. Es fiel ihr schwer aufzuwachen, geschweige denn einen klaren Gedanken zu fassen.
Eine Stimme drang aus der Ferne unklar zu ihr: „Na los, mein Freund, bedien dich ruhig …, aber töte sie nicht, mache sie nur zu einem Vampir, wie wir es dir erklärt haben. Lass uns etwas von ihr übrig!“
Schlagartig riss Sayura nun die Augen auf.
Als sie sich mühsam aufgerichtet hatte, war ihr zumute, als hätte sie einen Kater. Ihr Schädel brummte. Sie sah sich benommen um. Vor ihren Augen flimmerten Sterne; dennoch wollte und musste sie die unfreundliche Umgebung, in der sie erwacht war, schnellstens vollständig erfassen. In der Dunkelheit konnte sie schemenhaft eine Person ausmachen, vermutlich einen Mann. Sie kniff die Augen zusammen, um besser erkennen zu können. Nach und nach nahm er Konturen an. Er saß, scheinbar lässig an die Wand
Weitere Kostenlose Bücher