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Bleakhouse

Bleakhouse

Titel: Bleakhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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Meiner Seel, ich habe Hunger.«
    Jobling sieht auch ganz danach aus und scheint unten in den Gemüsegärten von Deptford ein wenig herabgekommen zu sein.
    »Ja, ja. Wirf mir eine halbe Krone herunter, wenn du eine übrig hast. Ich muß unbedingt etwas essen.«
    »Willst du mit mir essen kommen?« fragt Mr. Guppy, wirft das Geldstück hinunter, und Mr. Jobling fängt es geschickt auf.
    »Wie lang muß ich da noch warten?« fragt Jobling.
    »Höchstens eine halbe Stunde. Ich warte hier nur, bis der Feind weggeht.« Guppy winkt mit dem Kopf nach dem Zimmer daneben.
    »Was für ein Feind?«
    »Ein Neuer. Will sich hier einschreiben lassen. Willst du warten?«
    »Kann man unterdessen was zu lesen haben?« fragt Mr. Jobling.
    Smallweed schlägt das Advokatenverzeichnis vor, aber Mr. Jobling erklärt mit größtem Ernst, daß er das nicht aushalten würde.
    »Du kannst auch die Zeitung haben«, meint Mr. Guppy. »Er soll sie dir herunterbringen. Es ist nämlich besser, wenn man dich hier nicht sieht. Lies sie auf der Treppe. Es ist ein ruhiger Platz.«
    Jobling nickt eingeweiht. Der findige Smallweed bringt ihm die Zeitung und wirft noch ein Mal vom Treppenabsatz aus einen forschenden Blick auf ihn, ob er sich nicht am Ende vor der Zeit davonmachen werde.
    Endlich entfernt sich der Feind, und Small holt Mr. Jobling herauf.
    »Nun, wie geht's dir?« fragt Mr. Guppy und schüttelt ihm die Hand.
    »So, so. Und dir?«
    Da Mr. Guppy erwidert: Nicht besonders, wagt Mr. Jobling die Frage: »Na, und wie geht's
ihr
«? Das weist Mr. Guppy als unziemlich zurück und sagt: »Jobling, es gibt Saiten im menschlichen Herzen...«
    Jobling bittet um Verzeihung.
    »Jedes Thema, nur das nicht«, sagt Mr. Guppy, in seinem Grame wühlend.
    »Es gibt Saiten, Jobling...«
    Mr. Jobling bittet abermals um Verzeihung.
    Während dieses kurzen Zwiegesprächs hat der rührige Smallweed, der mit von der Partie ist, in Kanzleischrift auf einen Zettel geschrieben: »Kommen gleich zurück.« Diese Nachricht für jeden, den es angehen mag, heftet er an den Briefkasten. Dann setzt er seinen Hut in demselben Neigungswinkel auf wie Mr. Guppy und meldet seinem Gönner, daß sie sich jetzt »drücken könnten«.
    Alle drei begeben sich in ein Speisehaus in der Nähe, das von den Gästen »das Hundsfutter« genannt wird und wo eine Kellnerin, ein strammes Mädchen von vierzig Jahren, einen gewissen Eindruck auf den empfänglichen Smallweed gemacht hat, wie die Sage geht.
    Er ist nämlich ein niederträchtiger Wetterhahn, dem Jahre nichts gelten. In seiner Frühreife repräsentiert er Jahrhunderte eulenhafter Klugheit. Wenn er jemals in einer Wiege gelegen hat, muß er bereits damals einen Taillenrock angehabt haben.
    Ein uraltes Auge hat Smallweed; er trinkt und raucht in einer merkwürdig affenhaften Weise, sein Hals steckt tief in seinem Kragen, und er läßt sich prinzipiell nie leimen. Er durchschaut immer alles, was es auch sei. Kurz, die Jurisprudenz hat ihn von Kindesbeinen an so gehegt und gepflegt, daß er eine Art fossiler Kobold geworden ist, dessen irdisches Dasein man in den Gerichtskanzleien dadurch erklärt, daß sein Vater der Herr Pappdeckel und seine Mutter das einzige weibliche Mitglied der Familie Fließpapier gewesen sei und daß man ihm seinen ersten Rock aus einem blauen Aktenbeutel geschnitten habe.
    Ungerührt von dem verführerischen Anblick im Fenster, wo künstlich weiß gemachter Blumenkohl und Geflügel, Körbe mit grünen Schoten und kühle saftige Gurken und Keulen, fertig für den Bratspieß, ausgestellt sind, tritt Mr. Smallweed in das Speisehaus. Sie kennen ihn und fürchten ihn dort. Er hat seine Lieblingsbox, bestellt alle Zeitungen und ist grob gegen kahlköpfige Patriarchen, wenn sie sie länger als zehn Minuten lesen. Es ist vergeblich, ihn mit einem zu dünnen Brote täuschen zu wollen oder ihm mit einem Aufschnitt zu kommen, der nicht von allerbester Sorte ist. Was die Sauce betrifft, ist er unerbittlich wie Stein.
    In Erkenntnis seiner geradezu magischen Gewalt und sich seine gefürchtete Erfahrung zunutze machend, zieht ihn Mr. Guppy in der Wahl der Speisen für heute zu Rate, wirft ihm einen fragenden Blick zu, während die Kellnerin die Speisekarte herunterleiert, und erkundigt sich: »Was ißt du, Hühnchen?«
    Das Hühnchen wählt in seiner unendlichen Schlauheit Kalbsbraten und Schinken und französische Bohnen. »Die Fülle gefälligst nicht vergessen, Polly«, setzt er mit einem koboldartigen Zwinkern seines

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